Umwelt - Stadt gibt jährlich bis zu 25 000 Euro für Ratten-Bekämpfung aus / Experte zur Müll- und Lebensmittelentsorgung

Oft ein hausgemachtes Problem

Von 
Alexandra Hoffmann
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Schwupps – mit Anlauf springt die Ratte in den Kanaldeckel und bleibt mit ihrem dicken Hinterteil stecken. Immer öfter werden die Plagegeister gesichtet. © Nix

Lampertheim. Ratten!? Vielen Menschen graust es schon bei dem Gedanken. Noch schlimmer: Gerade in der warmen Jahreszeit tauchen die Tiere tatsächlich etwas häufiger im öffentlichen Leben auf: zum Beispiel am Altrhein, im Stadtpark, auf der Straße oder – besonders unangenehm – im heimischen Vorgarten.

Rund 150 Kilometer beträgt die Entfernung nach Stuttgart. Auf die gleiche Länge bringt es auch der öffentliche Hauptkanal in Lampertheim und den Stadtteilen. Um der Ratten Herr zu werden, die hier in diesem weitläufigen Refugium leben, legen professionelle Schädlingsbekämpfer zweimal im Jahr Giftköder aus. Laut Christian Pfeiffer, Pressesprecher der Stadt, wird dazu ein geruchsneutrales, nicht wasserlösliches Pulver in etwa jedem dritten Kanalschacht platziert.

Wegen des enormen Umfangs des Lampertheimer Kanalnetzes dauern die Maßnahmen in der Regel mehrere Wochen. Während dieser Zeit kann der Straßenverkehr im Stadtgebiet sowie in den Stadtteilen zeitweise beeinträchtigt werden, da die Arbeiter die Kanaldeckel öffnen müssen. Jedes Jahr gibt die Stadt für die Rattenbekämpfung zwischen 20 000 und 25 000 Euro aus. „Wo Platz ist und ein Nahrungsangebot – da sind auch Ratten“, sagt Horst Kilian, Geschäftsführer der Lampertheimer Firma BPS Schädlingsbekämpfung. Er findet das „ganz normal. Aber das will natürlich niemand hören“. Denn in erster Linie werden die wenig possierlichen Nager immer noch mit allgemeiner Unsauberkeit, Dreck und Müll in Verbindung gebracht. Dabei stimmt das, nach Angaben des Fachmanns, so nicht ganz. „Letzten Endes sind auch Ratten nicht als Schädlinge geboren, sondern oft einfach nur am falschen Platz.“

„Die Kanalratte“ gibt es nicht

Wenn sie nichts anderes fänden, fräßen sie zwar zur Not auch Fäkalien. „Lieber mögen aber auch die Ratten im Kanal die Speisereste, die Menschen über die Toiletten entsorgen“, so Kilian. Letztlich ein im wahrsten Sinne hausgemachtes Problem. Der Fachmann weist darauf hin, dass es „Kanalratten“ eigentlich gar nicht gebe. In der Regel handele es sich bei den hier vorkommenden Exemplaren um die sogenannte Wanderratte, die oberirdisch „wesentlich entspannter“ lebe, sofern das Nahrungsangebot stimmt.

Es gebe Städte, da merke man als Schädlingsbekämpfer sofort, dass Ferienzeit ist, berichtet Kilian. „Dann halten sich mehr Jugendliche in den Parks auf, die Essen und Müll ins Gebüsch werfen.“ In Worms habe dieses Verhalten vor einigen Jahren schon einmal zu einem stärkeren Rattenaufkommen geführt.

Obwohl seine Firma damit Geld verdient, empfiehlt Kilian, statt Ratten zu töten, lieber die Ursachen für ihr unerwünschtes Erscheinen herauszufinden und diese dann abzustellen. Das gelte nicht nur für die Entsorgung von Lebensmitteln, sondern beispielsweise auch für die (Zwischen-)Lagerung von Müll. „Die gelben Säcke sind nach wie vor ein sehr guter Arbeitgeber für uns“, hat er festgestellt.

Problematisch sei außerdem, wenn Müll nicht in die dafür vorgesehenen Tonnen oder Container wandere, sondern daneben abgestellt würde. „Der Geruch lockt Ratten an.“ Das könne übrigens auch passieren, wenn man einen Komposthaufen im Garten angelegt hat.

Kanalbruch kann Schuld sein

Die meisten Fälle, in denen Ratten in der Nähe von Wohnhäusern gesichtet wurden, hingen aber mit defekten Leitungsrohren zusammen. Deshalb empfiehlt der Experte, immer als erstes zu überprüfen, ob ein Kanalbruch vorliegt. Im Zweifelsfall müsse man eine Kanalbaufirma zurate ziehen. Kilian stellt klar: „Sie können so viel bekämpfen wie Sie wollen. Wenn Sie die Ursachen nicht beheben, kommen die Ratten immer wieder. Da hilft nur: Nahrung wegnehmen und Schlupflöcher schließen.“

Bis zu drei Anrufe die Woche



Woran lässt sich feststellen, dass die Rattenbekämpfung etwas bringt? Werden die toten Tiere in der Kanalisation gezählt?

Christian Pfeiffer: Nein. Zweimal im Jahr wird eine Bekämpfung durchgeführt, einmal im Frühjahr, einmal im Spätjahr. Die Erfolgskontrolle der Frühjahrsmaßnahme findet vor der Maßnahme im Spätjahr statt, die der Spätjahresmaßnahme vor der im darauffolgenden Frühjahr. Bei den Kontrollen wird festgestellt, ob die Köder angefressen sind. Die Ratten verlassen nach Aufnahme des Giftes die Kanäle und verenden in den Grünanlagen. Wenn die Köder ausgelegt werden, werden auch vermehrt Rattensichtungen in Grünanlagen gemeldet.

Ist das „Rattenproblem“ in Lampertheim ein gleichbleibendes oder verhält es sich von Jahr zu Jahr unterschiedlich?

Pfeiffer: Punktuell gibt es natürlich Schwankungen, die aber kaum erwähnenswert sind. Allgemein handelt es sich um ein gleichbleibendes Problem.

Wie oft melden sich Bürger bei der Stadt, weil sie eine Ratte gesichtet haben?

Pfeiffer: Das Problem ist oft saisonal bedingt. Wenn es wärmer ist, gehen in der Woche zwei bis drei Anrufe beim Ordnungsamt ein. Außerdem gibt es vermehrt Rattensichtungen, wenn gelbe Säcke zur Abholung im öffentlichen Raum stehen. In den kalten Monaten halten sich Meldungen in Grenzen. Wenn Bürger eine Ratte sehen, können sie sich an Herrn Müller bei der Stadtverwaltung wenden (Telefon: 06206/93 52 83, E-Mail: rolf.mueller@lampertheim.de). lex

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