Innenstadt

Oase statt Leerstand

Stephanie Süß setzt mit ihrem Deko-Geschäft im früheren Schillercafé ein Zeichen gegen das Ladensterben in der Innenstadt

Von 
Stephen Wolf
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Ambiente gibt es auch in der gläsernsten Hütte: Stephanie Süß aus Hüttenfeld richtet im ehemaligen Schillercafé ihr Geschäft ein. © Berno Nix

Lampertheim. Noch sind nicht alle Kartons ausgepackt, auf manchen Regalbrettern herrscht Leere. Aber zwischen Kissen, Tagesdecken und Design-Lampen wird eine Ordnung sichtbar, die einen Vorgeschmack auf die nahe Zukunft gibt. Wenn Stephanie Süß ihr Geschäft Live & Style am 6. Mai am Schillerplatz eröffnet, dürfte der Aha-Effekt bei Kunden und Besuchern groß sein. Von außen betrachtet ist das frühere Café am Lampertheimer Schillerplatz keine Augenweide. Dass der Glasbau dennoch Qualitäten hat, zeigt sich schon Tage vor der Eröffnung.

„Es ist geräumig und wirkt recht offen“, sagt die 54 Jahre alte Geschäftsfrau, die bisher in Hüttenfeld ihre Dekorations- und Einrichtungsartikel an den Mann – oder besser an die Frau – gebracht hat. „Mein Sortiment spricht eher weibliche Kunden an“, sagt Süß selbstbewusst.

So oder so, dass der ungeliebte Bau im Zentrum der Stadt nun von einer findigen Geschäftsfrau genutzt wird, kommt bei der Kommunalverwaltung gut an. „Es gibt hier eine große Identifikation mit Lampertheim. Das ist zu spüren“, sagt Dirk Dewald vom Stadtmarketing. Es sei eine gute Sache, wenn in Lampertheim verwurzelte Händler ein Zeichen der Zuversicht setzen. Tatsächlich wirkt die Präsentation der Deko-Artikel von Süß geradezu erfrischend in einem Umfeld, in dem etliche Geschäfte leer stehen. Seit Jahren diskutieren die Verantwortlichen darüber, wie sich das langsame Sterben der Innenstadt verhindern lassen könnte.

Auch für den Glasbau auf dem Schillerplatz hatten Politik und Stadtverwaltung jahrelang nach einem sinnvollen Nutzungskonzept gesucht. Zwar gab es auch gute Zeiten, so hatte das zum Testzentrum umgewidmete Schillercafé auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie eine wichtige Funktion in der Stadt. Doch die Zeiten sind vorbei. Mit dem Geschäft von Stephanie Süß gibt es nun womöglich eine gute Lösung für den leerstehenden Bau, der direkt neben einem Ein-Euro-Shop liegt.

Abriss wäre teuer

Allerdings kann man aktuell nur von einer Übergangslösung sprechen. So hatte das Stadtparlament im Februar mehrheitlich dafür gestimmt, das Geschäft zunächst für eine begrenzte Zeit gewähren zu lassen. Bereits im vergangenen Sommer hatte Stephanie Süß ihr Konzept dem zuständigen Projektteam bei der Stadt vorgestellt. Das kam zwar gut an, aber bis zum Beschluss, „das Schillercafé vorerst weiter zu erhalten und das vorgeschlagene Konzept mit dem Einzelhändler umzusetzen“, war es ein steiniger Weg.

So wurden etwa im Haupt- und Finanzausschuss noch einmal sämtliche Optionen durchgespielt. Dabei zeigte sich unter anderem, dass ein Abriss der ungeliebten Immobilie plus Neugestaltung der Fläche etwa 400 000 Euro kosten würde, wie Stadtverordnetenvorsteher Franz Korb (CDU) damals zu bedenken gab. Geld, das die Stadt aufgrund der ohnehin schwierigen Finanzlage ungern ausgeben würde.

Bürgermeister Gottfried Störmer (parteilos) hatte damals für den Einzug des Geschäfts geworben, da die Kommune dadurch mit einem geringen Aufwand zu rechnen habe. „Wenn es nicht klappt, dann muss man wieder diskutieren, ob das Schillercafé zu halten ist.“ Zwar wollte die Stadt zunächst vorübergehend auf Mieteinnahmen verzichten. Aber das habe sich geändert, betont Süß. „Ich zahle Miete, wenn auch angemessen an den Energieverbrauch, der gerade im Winter hoch ist.“ Zudem ist vereinbart, dass die Einzelhändlerin manche Mängel selbst richtet.

Umso erfrischender ist es, dass sich Stephanie Süß und ihr Mann so viel Mühe mit der Innengestaltung des früheren Cafés gegeben haben. Armin Süß, der beruflich unter anderem als Taucher arbeitet und zudem für die CDU im Ortsbeirat Hüttenfeld sitzt, hat in den vergangenen Wochen tatkräftig zugepackt. Obwohl Glasfassaden dominieren, ist es etwa mit Hilfe von Rollos aus Bast gelungen, ein ansprechendes Ambiente zu schaffen. Damit hat das Ehepaar aus der Not eine Tugend gemacht. Lüftung und Klimaanlage funktionieren nicht mehr und werden von der Stadt nicht instandgesetzt. „Wir wissen noch nicht, wie sich das in einem heißen Sommer entwickelt“, räumt Armin Süß ein.

Strategiekonzept

Holzmöbel und Warentische sind so angeordnet, dass es einerseits Platz für Erkundungstouren der Kundschaft gibt, gleichzeitig die beinahe klinische Sterilität vergangener Tage in Vergessenheit gerät. Dass die Resonanz auf den Laden in Lampertheims Zentrum positiv sein wird, davon geht das Paar fest aus. Nicht unerheblich ist es für sie außerdem, dass täglich zahlreiche Menschen den Platz passieren. Ob ein solches Geschäft langfristig auch andere Händler motiviert, über einen Laden in der Stadt nachzudenken, oder ob es womöglich noch andere Ideen für die Innenstadt gibt, als am Konzept einer Einkaufsmeile festzuhalten, ist indes noch nicht geklärt.

Die Stadt erstellt in Zusammenarbeit mit der imakomm Akademie aus Aalen das „Strategiekonzept Einzelhandel zur Stärkung der Innenstadt“. Dazu gab es eine Online-Befragung. Das Strategiekonzept soll angeblich Ende Juli vorgestellt werden, Erkenntnisse aus der Online-Umfrage werden im Mai veröffentlicht, heißt es vom Stadtmarketing.

Redaktion

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