Brauchtum

Mundart in Lampertheim: "Dess schafft nid emol die Faijaweaa" begeistert

Das Lampertheimer Mundarttheater kehrt nach fünf Jahren mit Humor und Lokalkolorit zurück.

Von 
Rosi Israel
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Die Premiere des Stückes „Dess schafft nid emol die Faijaweaa“: Stefan Weis (l.), Christoph Oberfeld wird rasiert, Lehrmädchen Katrin Justen. © Rosi israel

Lampertheim. Es ist ein großes Ereignis für die Mundartakteure des Heimat-, Kultur- und Museumsvereins (HKMV). Nach fünfjähriger Pause starten sie wieder die Theaterabende in „Muddasprooch“. Drei Aufführungen hintereinander gibt es im Museumshof zu erleben. Es ist Donnerstag und ein sehr warmer Sommerabend, es wird die Premiere des Stückes „Dess schafft nid emol die Faijaweaa“ gefeiert. Die zahlreichen Dialekt-Fans freuen sich auf das Bühnenwerk, das aus der Feder von Heinrich Karb stammt. Laut der Ankündigung der Regisseure Stefan Weis und Wolfgang Kessler beinhaltet es viel Lokalkolorit und Humor. Und die Gäste werden nicht enttäuscht, die Akteure bereiten ihnen vergnügliche Stunden. Die Aktiven lieben ihren Dialekt, das Lamberde Platt klingt wie Musik in ihren Ohren. Obendrein pflegen und präsentieren sie die „Muddasprooch“ als wertvolles Kulturgut.

Bevor die Mundartspezialisten die Bühne für den Einakter erobern, gibt es Soloauftritte mit Gedichten und Versen, mal lustig und mal nachdenklich. So abwechslungsreich war das Programm schon früher gestaltet und so wird es fortgeführt. Der Erste Vorsitzende des HKMV, Stefan Herz, ist voller Freude: „Wir feiern die Rückkehr der Mundartabende und wir sind bestrebt, dass weitere folgen werden.“

Besucherinnen hatten vorsorglich Fächer mitgebracht

Da die warme Luft im Hof steht, witzelt er: „Eigentlich haben wir alle Fenster aufgemacht und die Heizung abgedreht.“ Besucherinnen hatten vorsorglich Fächer mitgebracht, um damit einen Luftzug zu erzeugen und später die angreifenden Schnaken fernzuhalten.

Herz begrüßt die zahlreichen prominenten Premierengäste wie Bürgermeister Gottfried Störmer mit Ehefrau Sabine, den zukünftigen Verwaltungschef Alexander Scholl mit Ehefrau Katrin, Spargelkönigin Nadine III. und Christian Rauch, der leitende katholische Pfarrer der Pfarrei Alfred Delp Südliches Ried. Zudem dankt Herz allen Beteiligten auf, vor und hinter der Bühne, insbesondere Wolfgang Keßler, dem Gesamtleiter der Theatergruppe und dem Regisseur Stefan Weis sowie den Mitgliedern der Volksbühne für das Ausgeben von Getränken.

Nadine III. lobt die professionellen Mitwirkenden. Hinter den Aufführungen der Mundartakrobaten stecke reichlich Arbeit und Fleiß. Die Zeit ohne Mundartstücke des HKMV sei wie „Worscht“ ohne Senf, scherzt der „Oahsaga“ Rainer Müller.

Geschichten, Gesang und viel Gelächter

Die routinierte Mundart-Freundin Erika Krämer-Tomczak bringt gleich zwei Geschichten, „Lamberde“ und „De Frankforter Dokda“ von Heinrich Karb. „Lamberde“ ist eine Hommage an ihre Heimatstadt, einem liebenswerten Ort. Wie das Naturschutzgebiet Biedensand, die Domkirche, dem beliebten Gericht Kardofflbrie und dem Königsgemüse Spargel. „Heinz Clever Eichenauer singt seit der Corona-Zeit auch“, verrät Rainer Müller - und die Mundart-Fans wissen schon, was kommt.

Heinz Clever Eichenauer begeistert mit seinem Lied „Mein schönes Lampertheim“ und erzeugt damit Gänsehaut. © Rosi Israel

Der Kerwe-Redner begeistert mit seinem Lied „Mein schönes Lampertheim“ und erzeugt damit Gänsehaut. Außerdem bedauert er das Wirtshaus- und Kneipensterben. „Noch vor Jahren gab es über 100 Lokale in Lampertheim“, weiß Clever. „An jeder Ecke für Arme und für Reiche, das war Lamberde Kneipenkultur. Jetzt, zwischen Barber-Shops und Friseure, wenn du frisches Bier trinken willst, kannste verdurste“, so Clever.

Das erste Mal tritt Irini Huthmann auf. Sie gibt die Story von Leber- und Blutworscht des Autors Walter Beck zum Besten. Über das Schlachtfest im Mannemer Hof, das traditionell mit dem Festmahl Metzelsupp und Wellfleisch verbunden ist, berichtet Peter Bischof. „Bischof ist ein begnadeter Schauspieler und Komödiant“, stellt Müller heraus.

Peter Bischof © Rosi Israel

Nach der Pause geht es in dem Volksstück rund. Das spielt um die Jahrhundertwende im Herzen von Lampertheim und ein Poster, das neben der Bühne angebracht ist, zeigt die Innenstadt, wie sie vor 150 Jahren ausgesehen hat. In der Mitte befindet sich der Friedensbrunnen. Der Handlungsort der Komödie ist eine Rasierstube, die dem „Frieseameschda“ Michael Becker (Stefan Weis) gehört und in der auch der pfiffige „Gsell“ Andres (Simon Kärcher), die „Friseahelfan“ Martha (Ronja Kärcher) und das „Leamädsche“ Erna (Katrin Justen) arbeiten. Dort macht, einbezogen der Kundschaft, reichlich lokaler Klatsch und Tratsch die Runde. Vor allem der „Pandmeschda“ Emil (Rainer Anthes) schürt als „Kunne“ das Gerede. Die „Meschdagaddin“ Luis Becker (Marion Justen) beteiligt sich lebhaft an der Unterhaltung.

Dubiose Pflegemittel für Schmalzlocken werden ausprobiert

Ein Damensalon, der sich zum Verschönerungsinstitut zu entwickeln scheint, schließt sich an. Jedenfalls wird über eine neue Maschine im Friseurhandwerk spekuliert und dubiose Pflegemittel für Schmalzlocken ausprobiert. Der „Faijaweahaubdmoann“ Georg Bauer (Patrick Rupp) verlässt gestylt und zufrieden den Salon. Ob seine „Fraa“ Emma Bauer (Angelika Keßler) mit ihrer Lockenpracht auch glücklich ist, bleibt vorerst ein Geheimnis, denn die Pointe wird hier nicht verraten, schließlich gibt es noch die dritte und damit letzte Vorstellung.

Die Darsteller. © Rosi Israel

Preisgegeben wird aber, dass der „Kunne“ Zacharias von einer Frau, nämlich von Claudia Jörgensen gespielt wird. „Sie ist ein Neuzugang in Lampertheim und im HKMV“, erklärt Stefan Herz. „De Nochba“ Philipp (Christoph Oberfeld) erhält eine Rasur und am Schluss der Aufführung holt er die Museumseigene Drehorgel auf die Bühne. Gemeinsam singen die Akteure das Lampertheimer Spargellied.

Für die Darsteller gab es großen Applaus. © Rosi Israel

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