Menschen in Lampertheim sind nach Mord in Sorge

Nach dem Mord an einer 36-Jährigen im Lampertheimer Wald sucht die Polizei weiter nach Spuren im Unterholz. Ein Täter ist noch nicht gefasst. Die Menschen im nahe gelegenen Stadtteil Neuschloß haben Angst

Von 
Susanne Wassmuth-Gumbel
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Nach dem Mord im Wald bei Neuschloß durchkämmen Beamte der Hessischen Bereitschaftspolizei am Donnerstagnachmittag das Unterholz. © Berno Nix

Lampertheim. Die Spätsommersonne lockt an diesem Donnerstagnachmittag ins Freie. Noch einmal die wärmenden Strahlen genießen, frische Luft schnuppern, den leichten Wind auf der Haut spüren. Das geht gut im Lampertheimer Stadtwald. Auf den Wegen rund um Neuschloß sind in der Regel viele Spaziergänger, Gassigeher oder Radfahrer unterwegs. Das Freizeitgelände Heidetränke mit Grillhütte, Bolzwiese, Spielplatz und Waldlehrpfad lädt zum Verweilen ein. Es ist ein idyllischer Flecken Erde.

Doch seit Montag ist diese Idylle weg, wie es Ortsvorsteherin Carola Biehal im Gespräch mit dieser Redaktion formuliert. Dass am helllichten Vormittag eine 36-jährige Frau mit mehreren Messerstichen getötet wurde, hat die Menschen in Lampertheim aus dieser Beschaulichkeit herausgerissen. „Wir sind alle schockiert, bestürzt, sprachlos“, sagt Biehal und berichtet, dass für die Neuschlösser der nahe gelegene Wald zum Alltag dazugehört. „Da ist immer viel Betrieb, viele sind dort unterwegs – auch mit dem Fahrrad“, berichtet sie.

An diesem Donnerstagnachmittag ist es ausgesprochen ruhig. An der Grillhütte selbst ist kein Mensch, die Schaukeln am Spielplatz schwingen sanft vor sich hin. Entfernt sind vereinzelte Radfahrer zu sehen. In den Bäumen zwitschern die Vögel, Blätter rauschen. Dass der Eindruck trügt, ist daran zu erkennen, dass unweit der Hütte fünf Mannschaftswagen der Polizei parken. Doch auch hier ist es ruhig. Die etwa 30 Beamtinnen und Beamten sitzen darin und stehen davor, machen Pause, während die Führung offenbar das weitere Vorgehen bespricht. Dann setzt sich die Einheit der Hessischen Bereitschaftspolizei, die aus Mainz-Kastel angerückt und seit etwa halb zehn morgens vor Ort ist, in Bewegung.

Lampertheim, Grillhütte "Heidetraenke", Nach dem Mord im Wald: Was sagen die Menschen in Neuschloss? Wie sieht es am Tatort aus? - Transporter der Polizei nahe des Tatorts 19.09.2024 / Foto: Berno Nix © Berno Nix

Jeder Beamte, jede Beamtin hat einen langen weißen Stab in der Hand. Am sogenannten Rennweg, der von Neuschloß durch den Wald nach Bürstadt führt, stellen sich die Polizisten in einer Reihe auf. Im Abstand von zwei Metern zueinander durchkämmen sie das Unterholz. Wonach sie suchen, dürfen sie nicht sagen. Allein die Staatsanwaltschaft informiert über den Stand der Ermittlungen. Dass sie schon an anderer Stelle den Wald abgesucht haben, ist aber deutlich zu erkennen. Entlang des Weges, der vom Rennweg zur Heidetränke führt, ist das Gestrüpp niedergetrampelt, umgeknickt. Leise und unaufgeregt verrichten die Beamten ihren Dienst. Ihr Anblick verursacht ein mulmiges Gefühl.

Dieses mulmige Gefühl haben seit Montagabend, als sich die Nachricht von dem Mord verbreitete, viele in Neuschloß. „Ich gehe jetzt nicht mehr in den Wald“, sagt Katharina Susan, die am Ahornplatz unterwegs ist. Ihre siebenjährige Tochter darf nun nicht mehr alleine zum Spielen raus, berichtet sie. Und dass viel geredet würde, doch jeder erzähle was anderes. Sie findet einfach nur schlimm, was passiert ist.

Nicht so viel Angst hat eine 18-jährige Schülerin aus Lampertheim, die vom Alten Lorscher Weg aus den Wald ansteuert. Sie hat drei Hunde dabei und ist sicher: „Wenn mich jemand angreifen würde, würde meine Minnie mich verteidigen.“ Doch es sei schon ein komisches Gefühl, wenn ein solches Verbrechen in direkter Nähe passiert.

Eltern haben Sorge, ihre Kinder aus dem Haus zu lassen

Auch Diana Dempewolf lässt ihren neunjährigen Sohn derzeit nicht mehr alleine auf den beliebten Spielplatz am Alten Lorscher Weg. „Man hat Angst, die Kinder allein rauszulassen“, sagt sie und ergänzt, dass sie momentan auch nicht alleine im Wald joggen würde, wie sie es früher durchaus ab und zu getan habe. Auch sie ist erschrocken darüber, dass eine solche Tat nun quasi vor der eigenen Haustür begangen wurde. Oft genug höre man ja, dass Morde geschehen, aber in der Regel eben woanders und weit weg.

„Total geschockt“ ist auch Alinda Guberaj, die mit ihrem jüngeren Kind am Ahornplatz auf den Bus wartet. Ihre ältere 14 Jahre alte Tochter gehe jetzt auch nicht mehr allein raus. In der Schule werde viel erzählt und spekuliert, was passiert ist. Und selbst in der Neuschlösser Kindertagesstätte ist das Geschehene Thema, wie Erzieherin Irene Deperschmidt berichtet. Die Kinder würden nachfragen, ob denn die Tür zu und abgeschlossen sei, erzählt sie, während sie an der Bushaltestelle auf ihre Enkel wartet. Viele Kinder würden seit Dienstag wieder zum Bus begleitet und abgeholt, berichtet sie. „Jeder hat Angst.“

Diese Angst wird vermutlich erst weichen, wenn die Ermittler der Mordkommission erste Erkenntnisse oder noch besser Ermittlungserfolge vermelden können. Doch auch am Donnerstag kann Oberstaatsanwalt Joachim Hauschild keine Neuigkeiten verkünden. Es gebe noch keinen Tatverdächtigen, weiterhin werde „in alle Richtungen“ ermittelt, sagt der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Darmstadt auf Nachfrage. Keine Auskunft gibt er auf die Frage, ob inzwischen eine Tatwaffe gefunden wurde. Hinsichtlich der Nationalität der Frau teilt Hauschild mit, dass sie in Deutschland geboren und in Lampertheim gemeldet war, nicht in Neuschloß. Die Obduktion sei inzwischen durchgeführt und habe ergeben, dass die Stichverletzungen zum Tode geführt haben. 

Zeugen gesucht: Die Ermittler bitten die Bevölkerung um Hinweise unter Telefon 06151/969-53111 oder per E-Mail an hinweis1609.ppsh@polizei.hessen.de

Redaktion Susanne Wassmuth-Gumbel ist stellvertretende Teamleiterin des Südhessen Morgen.

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