Lampertheim. Am 1. Juni können 25.400 Wahlberechtigte in Lampertheim entscheiden, wer die Stadt in den kommenden sechs Jahren führt. Mit dem 49 Jahre alten Marco Steffan tritt auch ein Kandidat an, der bewusst auf die Bindung an eine Partei verzichtet hat.
Herr Steffan, als Quereinsteiger ohne Parteibuch treten sie bei der Lampertheimer Bürgermeisterwahl gegen den Ersten Stadtrat Marius Schmidt (SPD) und den CDU-Fraktionschef im Stadtparlament, Alexander Scholl, an. Wo sehen Sie sich im Vorteil?
Marco Steffan: Ich liebe meine Heimatstadt und ich habe viele gute Ideen für Lampertheim. Die möchte ich gemeinsam mit den Menschen umsetzen. Hinzu kommt, dass ich der Unzufriedenheit mit dem etablierten Politikbetrieb als parteiloser Kandidat entgegenwirken möchte. Es gab in Lampertheim immer wieder parteilose Rathauschefs, die einen guten Job gemacht haben. Als ich 2019 erstmals bei der Bürgermeisterwahl in der Stadt kandidierte, erhielt ich ein respektables Ergebnis. Daran möchte ich anknüpfen.
Warum haben Sie damals nicht mit der Politik weitergemacht?
Steffan: Politisch hätte ich in der Zwischenzeit nur im Stadtparlament mitwirken können, wobei Stadtverordnete in Lampertheim fast ausnahmslos einer Partei angehören. Ich wollte nie einer Partei beitreten und bin immer noch froh darüber, unabhängig zu sein. Ich sehe mich eher als Vermittler zwischen Verwaltung und Bürger. Wir sollten die Menschen stärker an der Gestaltung der Stadt beteiligen. Aber ich habe auch keine Berührungsängste, wenn es um Vorschläge aus unterschiedlichen politischen Lagern geht. Ist eine Idee für die Stadt gut, sollte sie umgesetzt werden.
Sie sind Makler und Diplom-Jurist. Welche Verwaltungserfahrung haben Sie?
Steffan: Ich war Mitte der 1990er Jahre als Zivildienstleistender über ein Jahr im Bauamt der Stadt Lampertheim tätig und erhielt Einblicke in weitere Ämter. Damals war ich mit dem früheren Bürgermeister Gisbert Dieter bei Besprechungen zur interkommunalen Zusammenarbeit und bei der BASF dabei. Auch habe ich als Rechtsreferendar einige Monate im Rechtsamt der Stadt gearbeitet und pflege bis heute enge Kontakte in die Verwaltung.
Welche Schwerpunkte würde ein Bürgermeister Steffan setzen?
Steffan: Ich will zunächst die Verwaltung wieder einen und ihr Wertschätzung entgegenbringen. Es muss klar sein, dass die Verwaltung für die Bürger da ist. Darüber hinaus setze ich auf interkommunale Zusammenarbeit. Durch meine Stiftung Athletes for Charity stehe ich mit mehreren Bürgermeistern aus der Region in Kontakt und tausche mich mit ihnen auch über Politik aus. Daher weiß ich, dass sich durch Kooperation Geld sparen lässt, etwa im Bereich der Bauhöfe. Auch will ich stärker auf Bürgerbeteiligung setzen. Lampertheim bietet den Menschen hier aktuell zu wenig an. Das sorgt für Verdruss. Das gilt übrigens auch, wenn es um das Defizit im Haushalt geht.
Was schlagen Sie konkret vor?
Steffan: Lampertheim muss sparen, das steht fest. Daher wäre es gut, eine Prioritätenliste zu erstellen. Stellt die Stadt fest, dass bestimmte freiwillige Leistungen nicht so hoch im Kurs stehen, würde das manche Entscheidungen erleichtern. Die Leute können den Stellenwert der freiwilligen Leistungen selbst festlegen.
Nehmen wir an, freiwillige Leistungen wie die Vereinsförderung oder der Betrieb der Stadtbücherei werden eingestellt, weil sich die Mehrheit dagegen aussprechen würde. Wie gehen Sie dann mit Menschen um, denen solche Leistungen ganz besonders wichtig sind?
Steffan: Politisch ordne ich mich in der Mitte ein. Wenn man sich meine Vita anschaut, stellt man fest, dass ich sozial eingestellt bin. Als Unternehmer weiß ich aber auch, dass man Prioritäten setzen muss. Dabei kann man leider nicht alle Bürger abholen. Es wäre erstrebenswert, ja. Die Erfahrung zeigt, dass manchmal harte Entscheidungen nötig sind.
Wie schätzen Sie die Situation am Altrhein ein? Wäre es sinnvoll, dass die Stadt das Gewässer vom Bund übernimmt und vor der Entschlammung bewahrt? Laut Studie lägen die Kosten zwischen 13 und 14 Millionen Euro, der Bund würde maximal 50 Prozent übernehmen. Die Unterhaltung des Altrheins würde die Stadt jährlich zudem ungefähr 300 000 Euro kosten.
Steffan: Wenn man nur auf die Zahlen schaut, ist das Unterfangen bei der aktuell desolaten Haushaltslage schlicht nicht finanzierbar. Wenn man sich aber vergegenwärtigt, dass eine Verschlammung entsteht, wenn ein Gewässer nicht so fließt, wie es könnte, müssen wir uns der Ursache des Problems stärker annehmen und überlegen, ob wir da kostengünstiger ansetzen können.
Kandidat und Makler
- Der 49 Jahre alte Diplom-Jurist trat bereits bei der Bürgermeisterwahl 2019 an. In der Stichwahl erhielt er über 44 Prozent der Stimmen.
- Marco Steffan arbeitet als Makler und lebt mit seiner Lebensgefährtin zusammen. 2018 hat er seine Initiative Athletes for Charity zur Stiftung umgewandelt. wol
Das wäre kein Thema, bei dem die Bevölkerung mitreden kann? Schließlich ist das Gewässer für den Wassersport bedeutsam.
Steffan: Darüber könnte man natürlich abstimmen lassen. Aber wenn die Kassen leer sind, ist ein solches Projekt schlicht nicht zu finanzieren. Das ändert nichts daran, dass mir der Wassersport in Lampertheim überaus wichtig ist und ich die sportlichen Erfolge auf dem Gebiet fulminant finde.
Was schlagen Sie mit Blick auf den Leerstand in der Innenstadt vor?
Steffan: Da könnte das Stadtmarketing effektiver eingesetzt werden. Aber es geht auch um die Einstellung. Ich tätige meine Einkäufe, soweit es geht, in Lampertheim. Das ist selbstverständlich, da nur mit dieser Einstellung örtliche Geschäfte existieren können. So würde ich es auch als Bürgermeister halten. Ich werbe außerdem für einen weiteren Lebensmittelmarkt in der Innenstadt. Insgesamt wäre es gut, mehr attraktive Geschäfte anzusiedeln und die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu erhöhen. Wir haben beispielsweise zahlreiche Chöre, die zu gewissen Anlässen auftreten könnten. Es ist gut, dass die Musiker-Initiative Lampertheim immer wieder in der Stadt aufspielt. Mit unseren Vereinen, Musikern und Künstlern können wir aber noch mehr bieten, was Lust auf einen Besuch in der Innenstadt macht.
Lampertheim benötigt dringend bezahlbaren Wohnraum. Was schlagen Sie vor?
Steffan: Es ist höchste Zeit, dass wir das Gleisdreieck bebauen. Allerdings frage ich mich, weshalb wir uns seit Jahren vor allem auf dieses Gebiet konzentrieren. Am Ende müssten wir weitere Baugebiete entwickeln, ausreichend Flächen dafür gibt es in der Stadt beispielsweise Am Sportfeld.
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