Völkerverständigung

Litauisches Gymnasium in Lampertheim feiert - Botschafter kommt

In Lampertheim-Hüttenfeld wird der Nationalfeiertag Litauens nachträglich gefeiert. Auch der Botschafter des baltischen Landes kommt. Es gibt zudem Ideen für ein Kulturzentrum am Standort

Von 
Stephen Wolf
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Aktuell wird die Idee diskutiert, Schloß Rennhof oder einen Teil des Komplexes in ein „kulturelles litauisch-deutsches und europäisches Begegnungszentrum sowie in eine Tagungsstätte“ umzuwandeln. © Berno Nix

Hüttenfeld. Am heutigen Samstag findet am Litauischen Gymnasium eine Feier zum Nationalfeiertag des baltischen Landes statt. Welchen Stellenwert die Institution hat, die seit Jahrzehnten in Hüttenfeld besteht, zeigt sich, da auch der Botschafter Litauens, Ramūnas Misiulis, extra aus Berlin anreist. „Das Litauische Gymnasium in Hüttenfeld ist das einzige litauische Gymnasium im Ausland und hat damit natürlich eine große Tradition“, sagt der Diplomat im Gespräch. Tatsächlich wurde die Bildungsstätte bereits nach dem Zweiten Weltkrieg von Litauern gegründet. In einer Zeit also, in der das Land unfreiwillig in die „Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken“ eingegliedert war.

Bauliche Veränderung?

„Das Gymnasium galt während der gesamten sowjetischen Besatzungszeit als Zentrum des litauischen Widerstands“, hebt Botschafter Misiulis hervor. Weil Kultur und Sprache des baltischen Landes im Zentrum standen, ließen Litauer aus der ganzen Welt ihre Kinder in Hüttenfeld lernen. „Es geht nicht nur um eine Schule. Das Gymnasium ist ein wichtiges Symbol für unsere Staatlichkeit und für die Verbindung zu Deutschland“, sagt der Diplomat.

Zwar habe sich die Situation längst geändert, 1990 erlangte Litauen die Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Aber das bilingual ausgerichtete Gymnasium könnte in Zukunft erneut eine wichtige Rolle im europäischen Zusammenleben spielen. Man sehe Möglichkeiten, die Bildungsstätte, die im Schloß Rennhof sowie in angrenzenden Gebäuden untergebracht ist, einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Grundsätzlich gehört der Gebäudekomplex am Ortsausgang von Hüttenfeld der Litauischen Gemeinschaft in Deutschland, die hier entscheide, wie der Botschafter sagt.

Begegnungszentrum und Tagungsstätte

Justina Vaice leitet die Geschäftsstelle der Organisation und bestätigt, dass es entsprechende Gedankenspiele gibt. „Bisher sind wir noch am Anfang. Wir arbeiten derzeit an konkreten Plänen“, teilt sie auf Anfrage mit. Einige Mitglieder der Litauischen Gemeinschaft planten etwa, die Zahl der kulturellen Veranstaltungen im Schloss zu erhöhen. Andere suchten nach Möglichkeiten, „die notwendigen Reparaturen am Schloss durchzuführen“. Aber ja, man diskutiere die Idee, das Schloss oder einen Teil des Komplexes in ein „kulturelles litauisch-deutsches und europäisches Begegnungszentrum sowie in eine Tagungsstätte“ umzuwandeln, wie es in einem entsprechenden Papier heißt. Ziel sei es, Austausch und Zusammenarbeit von Bürgern in Europa zu fördern.

Das Gymnasium nutzt in dem 170 Jahre alten Schloss nur einige Bereiche für schulische Zwecke. „Zum Gebäudekomplex gehört auch die frühere Scheune des Anwesens“, wie Schulleiterin Rasa Weiß betont. Ihren Angaben zufolge kreisen die aktuellen Überlegungen um diesen Teil des Anwesens.

Bei der Lampertheimer Stadtverwaltung löst die Diskussion rund um das Anwesen ein positives Echo aus. „Ich freue mich zu hören, dass man dem Litauischen Gymnasium eine neue und weitreichende Aufgabe geben möchte“, heißt es von Bürgermeister Gottfried Störmer (parteilos), der Unterstützung zusichert. „In der Vergangenheit habe ich immer wieder darauf hingewiesen, dass wir an dieser Stelle einen aktiven und lebhaften europäischen Austausch haben, den wir im Rahmen unserer Möglichkeiten gerne unterstützen.“

Nationalfeiertag steht im Vordergrund

Wie die Stadt in wirtschaftlich schwierigen Zeiten den Litauern finanziell erheblich unter die Arme greifen kann, steht indes auf einem anderen Blatt. Denn bei der diskutierten Umgestaltung geht es natürlich auch um Geld. Ersten Berechnungen zufolge könnte das Unterfangen etwa 800 000 Euro kosten. Wie aus dem entsprechenden Papier zudem hervorgeht, läuft die Suche nach Finanzierungsquellen. Die Litauische Gemeinschaft finanziert ihr tägliches Geschäft durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Einkommen von Mieten sowie durch Teilsponsoring für verschiedene Projekte. „Für die Renovierung des 170 Jahre alten Schlosses, das unter Denkmalschutz steht, und des Nebengebäudes wird das aber nicht reichen“, heißt es in dem Papier.

An diesem Tag steht vor allem der Nationalfeiertag Litauens im Vordergrund. Doch es ist auch der zweite Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine. Auch das dürfte ein Gesprächsthema von Botschafter Ram?nas Misiulis sein.

Das Litauische Gymnasium bekommt einen jährlichen Landeszuschuss. Auch Litauen unterstützt die Bildungsstätte, die Schüler beider Länder bilingual unterrichtet.

Die Litauische Gemeinschaft wurde 1946 von Exil-Litauern gegründet, die während der sowjetischen Besatzung geflohen waren. Die Organisation vertritt 60 000 in Deutschland ansässige Litauer. 

Redaktion

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