Lampertheim

Lampertheimer Stadtparlament will gegen Bürgermeister klagen

Weil sich Bürgermeister und Stadtverordnetenversammlung in Lampertheim uneins sind, wer über das Jagdrecht zu bestimmen hat, will das Parlament gegen einen Widerspruch des Bürgermeisters beim Verwaltungsgericht Klage einreichen.

Von 
Susanne Wassmuth-Gumbel
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Bürgermeister Gottfried Störmer (l.) und Stadtverordnetenvorsteher Franz Korb beim Empfang zu dessen 70. Geburtstag im Februar im Stadthaus. © Berno Nix

„Wir treffen uns dann vor Gericht.“ Mit diesen Worten verabschiedeten sich Lampertheims Stadtverordnetenvorsteher Franz Korb (CDU) und Bürgermeister Gottfried Störmer (parteilos) nach einer bemerkenswerten Stadtverordnetenversammlung am Freitagabend. Allerdings nicht ohne Augenzwinkern, denn „spinnefeind“ seien sie sich jetzt nicht, wie Korb gegenüber dieser Redaktion beteuerte. Auch wenn es sicher nicht alltäglich ist, dass ein Kommunalparlament beschließt, vor Gericht klären zu lassen, wer im Recht ist: der Bürgermeister oder die Stadtverordnetenversammlung.

Denn um genau diese Frage geht es – und damit auch ums Prinzip. Da ist der Gegenstand der ursprünglichen Debatte nur noch zweitrangig: die Frage, ob das Jagdrecht im Lampertheimer Stadtwald von Pachtjagd auf Regiejagd umgestellt werden soll. Genau das hatte der Magistrat beschlossen. Mit Ablauf der Pachtverträge zum 31. März 2024 sollte das Jagdrecht in den Eigenjagdbezirken Stadtwald West I und II nicht zur Neuverpachtung ausgeschrieben werden. Vielmehr sollte die Verwaltung die Bejagung eigenständig in Form der Regiejagd ausführen.

Dagegen gab es allerdings heftigen Widerspruch seitens der Jagdpächter und dann auch der Stadtverordneten, die sich als gewählte Volksvertreter von der Verwaltung nicht ernst genommen fühlten und einen Kompromiss vorschlugen, den sie im Oktober auch mehrheitlich beschlossen. Demnach sollte in einem Jagdbezirk auf Regiejagd umgestellt werden, im anderen der Pachtvertrag um drei Jahre verlängert werden. Außerdem sollte ein Magistratsbeschluss vom Oktober 1994 keine Anwendung finden (wir haben mehrfach berichtet).

Auch am Freitag betonten die Fraktionsvorsitzenden Jens Klingler (SPD), Stefan Nickel (Grüne), Alexander Scholl (CDU) und Gernot Diehlmann (FDP), dass die Zukunft des Waldes eine wichtige Angelegenheit sei, über die sehr wohl das Parlament zu beschließen habe. „Die Stadtverordnetenversammlung ist das oberste Organ der Gemeinde. Sie trifft die wichtigen Entscheidungen“, zitierte Nickel die Hessische Gemeindeordnung (HGO) und war sich mit den anderen Fraktionssprechern einig, dass nicht ignoriert werden dürfe, wenn das Parlament mehrheitlich anderer Meinung ist als der Bürgermeister.

Dass der Magistrat über das Jagdrecht im Stadtwald entscheiden kann, ohne die Stadtverordnetenversammlung beschließen zu lassen, begründet Bürgermeister Störmer damit, dass das Parlament in seiner Sitzung am 31. März 2023 der sogenannten Forsteinrichtung zugestimmt habe. In der steht, dass „die Wildbestände so zu regulieren sind, dass sich (zumindest) die Hauptbaumarten ohne Schutz verjüngen können. (...) Der Waldeigentümer muss dringend darauf hinwirken, dass die Wildbestände an die waldbaulichen Gegebenheiten angepasst sind.“ Störmer erinnerte auch daran, dass der AK Wald ein vom Parlament eingesetztes Gremium in die Beratungen einbezogen war.

Weil er durch den Beschluss vom Oktober 2023 geltendes Recht verletzt sieht, hatte Bürgermeister Gottfried Störmer Widerspruch dagegen eingelegt. Über diesen hatte das Parlament im Februar beraten, blieb aber bei seiner Entscheidung. Daraufhin hat der Bürgermeister den Beschluss formal beanstandet, was eine aufschiebende Wirkung hat. Ein „ganz normaler Vorgang“, wie Störmer am Freitag sagte.

Jetzt kann die Stadtverordnetenversammlung nur den Klageweg einschlagen, um ihren Beschluss doch noch durchzusetzen. Also wird das Verwaltungsgericht Darmstadt entscheiden, wer recht hat und über das Jagdrecht im Stadtwald bestimmen darf: die Verwaltung oder die Politik. Dass eine entsprechende Klage eingereicht wird, dem haben 24 Stadtverordnete am Freitag zugestimmt. Zwölf haben mit Nein gestimmt, sieben haben sich enthalten. Ob sich Korb und Störmer dann tatsächlich vor Gericht treffen oder die Angelegenheit nur in Anwesenheit der beauftragten Rechtsanwälte verhandelt wird, das ist noch offen.

Redaktion Susanne Wassmuth-Gumbel ist stellvertretende Teamleiterin des Südhessen Morgen.

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