Konzertreihe

Lampertheimer Orgelsommer endet mit Heike Ittmann

Stil-Brüche aus vier Jahrhunderten hat die Initiatorin Heike Ittmann zum Abschluss des Orgelsommers in der Domkirche in Lampertheim präsentiert.

Von 
Dirk Timmermann
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Kantorin Heike Ittmann beim Abschlusskonzert zum Lampertheimer Orgelsommer. © Berno Nix

Lampertheim. Orgelsommer in Lampertheim: Seit zwei Jahrzehnten ist das Format etabliert. An allen Sonntagen im August treten renommierte Organisten in der Domkirche auf. Zum Abschlusskonzert kamen erneut mehr als 100 Besucher. Traditionell setzte Heike Ittmann den Schlusspunkt, die als Kantorin und Organistin in Lampertheim wirkt.

„Stilbruch? – Neue Wege!“ hieß das Motto des 21. Orgelsommers. Die „Reise durch die Musikgeschichte“ führte das Publikum durch Stile aus vier Jahrhunderten. Mit dem Praeludium in e-Moll von Nicolaus Bruhns (1665-1697) machte ein Werk der Barockzeit den Anfang. Kennzeichnend für den Vertreter der norddeutschen Orgelschule sind originelle Kompositionen. „Er ging an die Grenzen seiner Möglichkeiten“, erklärte Heike Ittmann mit Blick auf den „Stylus phantasticus“, der in dem Orgelwerk mitschwingt. Dass es erhalten blieb, ist einem Großen geschuldet: Johann Sebastian Bach (1685-1750) entdeckte die Abschrift durch Zufall.

Bach-Werke im Spätbarock-Stil erklingen in Lampertheim

Bach im Spätbarock-Stil erklang sodann auf der Vleugels-Orgel: Praeludium und Fuge in e-Moll entstammen seiner „Leipziger Zeit“. Ein „echter Stilbruch“ folgte durch Johann Christoph Kellner (1736-1803). Sein Praeludium in C-Dur gehört zur frühen Klassik. „Wie einfach die Musik plötzlich klingt“, hätten sich die Menschen damals gedacht, erläuterte Heike Ittmann. Komplexe Strukturen seien durch Harmonien abgelöst worden. Selbst „witzige Stücke“ wie jenes von Kellner seien in der Folge entstanden.

Den nächsten „Bruch“ präsentierte die Kantorin am Beispiel von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847). Dieser habe wieder ernstere Stücke für die Orgel geschrieben. So sei das Instrument ins Bewusstsein zurückgekehrt. Doch wie erklären sich all diese Brüche? „Bei einigen Stilen wusste man irgendwann nicht mehr weiter“, berichtete Ittmann. Der Drang, immer Neues zu finden, habe den Wechsel vom Spätbarock zur Klassik gebracht, dann zur Romantik und schließlich sogar zur Zwölftonmusik.

Rund 100 Besucherinnen und Besucher verfolgten das Konzert in der Lampertheimer Domkirche. © Berno Nix

Dabei gab es auch äußere Einflüsse: „Vatikanische Konzile haben sich auf die Musik ausgewirkt!“ Allzu „Opernhaftes“ sei beispielsweise zurückgedrängt worden. Ein weiterer Faktor sei die Entwicklung der Instrumente. Heike Ittmann, die evangelische Kirchenmusik in Heidelberg studiert hat und zum Aufbaustudium nach Köln gegangen war, präsentierte ein ungewöhnliches Stück eines ihrer Lieblingskomponisten: Olivier Messiaen (1908-1992) erzählt in „L’Ascension“ die Himmelfahrt aus Sicht von Christus – so als habe er einen „Blick in den Himmel“ geworfen.

Heike Ittmann beim Pedal-Solo „Hommage à Frescobaldi“ gefordert

Auch Jean Langlais (1907-1991) war Teil des Programms: Ausschließlich ihre Füße seien beim Pedal-Solo „Hommage à Frescobaldi“ gefordert, scherzte die vielfach ausgezeichnete Organistin, die sich verletzt hatte. Passend zum Motto des Orgelsommers erklang auch das letzte Werk: „Spectrum I“ aus der Feder des 1959 geborenen estnischen Komponisten Erkki-Sven Tüür beginnt mit einem langen und tiefen Ton.

Den Abschluss der stilistischen Reise ließ ein Teil der Besucher bei einem Getränk auf dem Domvorplatz ausklingen. Unterstützt wurde das Format von cultur communal und dem Förderverein. Das Motto fürs nächste Jahr steht bereits fest: „Norden – Osten – Süden – Westen“ verspricht musikalische Vielfalt.

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