Stadtentwicklung

Lampertheimer Katholiken wollen Kita-Bau nicht im Wege stehen

Die kommunalpolitischen Gremien in Lampertheim beraten nächste Woche über die künftige Entwicklung auf dem Gelände der katholischen Kirchengemeinde Mariä Verkündigung. Kirche, Pfarrhaus und Jugendheim sollen aufgegeben werden

Von 
Susanne Wassmuth-Gumbel
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Im Dezember 2020 wurde die Kirche Mariä Verkündigung (unser Bild ist aus dem vergangenen Jahr) geschlossen. Nun soll sie für eine neue Kita weichen. © Berno Nix

Ein schwarzer Schriftzug mit obszönem politisch-religiösem Inhalt, der am Wochenende an die Wand neben dem Hauptportal der katholischen Kirche Mariä Verkündigung gesprüht worden war, hatte Anfang der Woche in Lampertheim für Aufregung gesorgt (wir haben berichtet). Am Mittwochabend hat Pfarrer Christian Rauch mit einigen Freiwilligen zu Farbe, Pinsel und Farbrolle gegriffen und die Schmierereien übermalt.

Bewusst haben sie dunkelgraue Farbe gewählt, die sich vom hellen Untergrund der Kirchenfassade abhebt. Es gehe nicht darum, den alten Zustand wiederherzustellen und so zu tun, als wäre nichts gewesen, erklärt Rauch im Gespräch mit dieser Redaktion. Vielmehr solle zu sehen sein, dass hier etwas passiert ist. Zugleich könne jetzt ein Zeichen gesetzt und die Fläche mit einem Motiv, das für Frieden und Toleranz steht, gestaltet werden. Diese Idee kam Rauch, seinen Mitstreitern und der evangelischen Pfarrerin Kaja Kaiser, die aus Solidarität mit den katholischen Brüdern und Schwestern mitwirkte, während der Streichaktion. Vielleicht könnten Jugendliche ein Graffiti mit klarer Friedensbotschaft gestalten, so ein weiterer Gedanke. Zumal derzeit viele davon ausgingen, dass der Schriftzug auch von einem oder mehreren Jugendlichen angebracht worden sei.

Aufwendig und teuer, das Gelände instandzuhalten

Dass die Schmierereien nur ein weiteres Indiz dafür seien, dass das Gelände um die seit Weihnachten 2020 wegen baulicher Schäden stillgelegte Kirche zunehmend verwahrlost, konnte Rauch nicht bestätigen. Er räumt aber ein, dass es schwierig sei, Gebäude und Freiflächen instandzuhalten. Mit der Pflege der Grünanlagen, Heckenschnitt sowie Wege- und Winterdienst habe die Pfarrei einen Dienstleister beauftragt, nachdem der langjährige ehrenamtliche Hausmeister aus Altersgründen das Amt aufgegeben habe. Aber es koste die Kirchengemeinde eine fünfstellige Summe im Jahr, alles halbwegs in Schuss zu halten.

Roland Jerie (v.l.), Pfarrer Christian Rauch und Gabi Stein (verdeckt) haben mit weiteren Helfern die Schmierereien übermalt. © Berno Nix

Deswegen hat die Pfarrei ein Interesse daran, zeitnah zu klären, wie es mit dem Gelände weitergehen kann. Neben dem Kirchengebäude stehen auf dem großen Areal zwischen Alten- und Pflegeheim Mariä Verkündigung und Goetheschule an der Hagenstraße noch ein Kindergarten, das Pfarrhaus und das Jugendheim leer. Pfarrhaus und Jugendheim sollen abgerissen werden und Platz machen für einen Neubau des sanierungsbedürftigen Altenheim-Hochhauses (wir haben berichtet).

In zahlreichen Gesprächen sind Stadtverwaltung und Pfarrgemeinde übereingekommen, die Kirche niederzulegen und abzureißen, wie Rauch am Mittwoch bestätigte. Dann könnte die Stadt auf dieser Fläche eine neue Kindertagesstätte bauen, für die die katholische Kirche die Trägerschaft übernimmt. Überlegungen, eine Kita in die Kirche hinein zu bauen, gab es auch. Die wurden aber verworfen, da dafür das Dachgebälk saniert werden müsste. Weil das Dach einzustürzen drohte, war die Kirche Ende 2020 geschlossen worden. Außerdem würde der vorhandene Bau den Neubau einer Kita zu sehr einschränken und die Kosten in die Höhe treiben. Deswegen hat die Stadtverwaltung davon wieder Abstand genommen.

Dies geht aus einer Beschlussvorlage hervor, die in der nächsten Sitzung des Stadtentwicklungs- und Bauausschusses am Dienstag, 25. Juni, 19 Uhr, im Sitzungssaal des Stadthauses beraten wird. Demnach schlägt die Stadt vor, dass die Pfarrei das Kirchengebäude niederlegt und das Grundstück so vorbereitet, dass die Stadt darauf eine Kita errichten kann. Sprich: Die Kirche soll ihre Kirche abreißen. Die neue Kita würde dann die drei Gruppen der katholischen Kita an der Jakobstraße aufnehmen und um zwei Gruppen - auch für Krippenkinder - erweitert. Das Gelände der alten Kita könnte die Pfarrei an den Kreis Bergstraße abgeben, der gerne mehr Raum für die Goetheschule hätte.

Pfarrer Rauch findet die Vorstellung schön, dass in Zukunft in direkter Nähe zum alten und neuen Altenheim und dem neu gestalteten Alfred-Delp-Platz Kinder betreut werden. Auch wenn er natürlich am liebsten alle Gebäude erhalten würden. „Dafür fehlen uns aber Hunderte Gläubige“, sieht er die Notwendigkeit, dass sich die katholische Kirche auch in Lampertheim von Bauwerken trennen muss.

Der Entwidmung des Gotteshauses in Lampertheim steht nichts mehr im Wege

Grundsätzlich habe der Pfarrgemeinderat bereits einen Beschluss gefasst, die Kirche Mariä Verkündigung niederzulegen, so Rauch. Die Diözese habe ebenfalls schon geprüft, ob der Rückbau die Ultima Ratio wäre. Die Profanierung, also die Entweihung oder Entwidmung eines sakralen Raums, könne in einem entsprechenden Gottesdienst oder per Dekret des Bischofs erfolgen. „Wir werden dem Ganzen keine Steine mehr in den Weg legen und haben alle Vorgaben erfüllt, die wir als Gemeinde haben“, sagte Rauch. Nun sei es an den Stadtverordneten, über die weitere Entwicklung des Geländes zu entscheiden. Dies könnte in der nächsten Stadtverordnetenversammlung am 12. Juli geschehen.

Redaktion Susanne Wassmuth-Gumbel ist stellvertretende Teamleiterin des Südhessen Morgen.

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