Kommunaler Haushalt

Lampertheimer Fraktionen können Sparwillen nicht erkennen

Das Ringen um den Haushalt 2024 beginnt in Lampertheim. Die Fraktionen und die Stadtverwaltung müssen herausarbeiten, wofür es künftig noch Geld gibt. Die Parteien sparen nicht mit Kritik am Bürgermeister

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Stephen Wolf
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Im Lampertheimer Gemeinderat geht`s ums Geld. (Symbolbild) © Jens Wolf/dpa

Lampertheim. Vor den Fraktionen im Stadtparlament liegen schwierige Wochen. Nachdem der erkrankte Bürgermeister Gottfried Störmer (parteilos) am Freitag seine Rede zum Haushaltsplan für 2024 nur schriftlich im Parlament einbringen konnte, sind nun die Parteien gefordert. Gemeinsam mit der Stadtverwaltung müssen sie nun austüfteln, wo konkret gespart werden kann.

Weil der Spielraum gering ist, sollen sämtliche Kosten zunächst aus dem Budget des 92 Millionen schweren Etats finanziert werden, wie der Bürgermeister vorschlägt. Laufen die Kosten aus dem Ruder, soll über einen Nachtragshaushalt beraten werden.

Haushalt in Lampertheim: SPD spricht von „Offenbarungseid“

„Die Haushaltssituation ist alarmierend, und die kommenden Wochen werden zeigen, welche Gestaltungsmöglichkeiten vorhanden sind“, heißt es von CDU-Fraktionschef Alexander Scholl dazu. Von einem „Offenbarungseid“ spricht gar Jens Klingler, Vorsitzender der SPD-Fraktion, mit Blick auf die Haushaltsrede.

In der Analyse, was zu der schwierigen Lage geführt hat, sind sich die Fraktionschefs auf den ersten Blick mit dem Bürgermeister einig. In seiner schriftlichen Einführung hieß es zwar, man könne grundsätzlich einen genehmigungsfähigen Etat für 2024 vorlegen. Aber das sei unter anderem nur möglich, weil es keinen Stellenzuwachs in der ohnehin knapp besetzten Stadtverwaltung gebe. Schon im laufenden Jahr habe man nur das Nötigste erledigt. „Wir werden im Jahr 2024 auch nur das Nötigste erledigen können.“

Auch bekomme die Stadt seit Jahren zusätzliche Aufgaben zugewiesen, die von Bund und Land nicht vollständig finanziert seien. Dazu gehöre etwa die Unterbringung Geflüchteter. Auch gestiegene Energiepreise oder die anstehende kommunale Wärmeplanung führten zu erhöhten Kosten. Die Finanzierung des Gemeinwesens wie bisher sei schlicht nicht länger möglich. Eine „Vollkasko-Mentalität“ nach dem Motto, die Stadt übernehme dies und das, gehe nicht mehr, betonte Störmer zudem.

Haushalt in Lampertheim: Wo kann die Kommune sparen? 

„Die finanzielle Ausstattung der Kommunen passt nicht zu den vorhandenen Pflichtaufgaben“, gibt auch Alexander Scholl dem Bürgermeister recht. Aber wo kann gespart werden? Mit Blick auf die freiwilligen Leistungen der Stadt sei der Anteil am Haushaltsvolumen zwar zu gering, als dass deren Streichung die Situation deutlich verbessern könnte. „Dennoch haben wir bereits in der letzten Haushaltsdebatte deutlich gemacht, dass wir bereit sind, freiwillige Aufgaben zukunftsfähig auszurichten und Zuständigkeiten zu überprüfen“, sagt Scholl.

Jens Klingler von der SPD weist darauf hin, dass es selbst bei der Haushaltsplanung im Kreis Bergstraße Probleme gibt. Kämmerer Matthias Schimpf (Grüne) hat angekündigt, dass der Haushalt 2024 erst bei der Kreistagssitzung am 11. Dezember eingebracht werden soll.

Wie bereits berichtet, sei eine Verabschiedung des Etats wohl erst im Februar möglich. Als Grund für die zeitliche Verschiebung nennt Schimpf zahlreiche Unwägbarkeiten. „Vieles ist im Fluss. So unberechenbar wie jetzt waren die Finanzen noch nie“, erläutert er im Interview (siehe Seite Kreis Bergstraße). Verantwortlich seien etwa die weltpolitische Lage, Tarifabschlüsse und Preissteigerungen.

Für Klingler ein Beleg dafür, dass die Aufgaben der Kommunen dringend hinterfragt werden müssten. „Ich frage mich, weshalb es hier nicht zu einem Aufschrei kommt.“ Auch Gernot Diehlmann (FDP) und Stefan Nickel (Grüne) haben wiederholt darauf hingewiesen, dass die Kommunen zahlreiche Aufgaben ohne ausreichende Finanzierung wahrnehmen. Einig sind sich die Parteien in ihrer Kritik an der Stadtverwaltung beziehungsweise am Bürgermeister, wenn es um die Schieflage des Haushalts geht.

Kreativität statt „Angstmacherei“

Stefan Nickel hält die Probleme teilweise für hausgemacht. Seit Jahren habe man die Personalpolitik mit Stellenmehrungen sowie hohen Standards in vielen Bereichen kritisiert. „In guten Zeiten werden Haushalte ruiniert“, heißt es vom Fraktionschef der Grünen. Nun gelte es, dem Personal- und Fachkräftemangel durch verstärkte interkommunale Zusammenarbeit und Digitalisierung zu begegnen.

In das gleiche Horn stößt Gernot Diehlmann. „Wenn ein Drittel der verfügbaren Mittel für Lohn- und Personalkosten und ein weiteres Drittel für Kreis- und Schulumlage aufgewendet werden müssen, bleibt für eigene gestalterische Politik nicht mehr viel übrig“, kritisiert der FDP-Fraktionschef und fordert eine Konzentration auf das Wesentliche. „Leider war in den vergangenen Jahren vonseiten der Verwaltung kein wirklicher Sparwille erkennbar.“ Man erwarte von der Verwaltung keine „Angstmacherei“, sondern kreative Ideen. Dies gelte nicht nur auf der Ausgaben-, sondern auch auf der Einnahmenseite, wo konjunkturbedingt ebenfalls nicht viel Spielraum zu erwarten sei.

Damit erschöpft sich die Einigkeit mit der SPD jedoch. Denn die Sozialdemokraten setzen andere Schwerpunkte. Etwa beim ursprünglich geplanten Bau der Kita Oberlache. Das Projekt wurde am Freitag im Parlament mit der Mehrheit von CDU, FDP und Grünen verschoben. Das kritisiert Klingler und wirft dem Bürgermeister außerdem eine „stillschweigende Billigung“ vor.

Wie berichtet, sollte ursprünglich in der Oberlache eine neue Kindertagesstätte gebaut werden, die Platz für zwei Krippen- und zwei Kitagruppen bieten würde. Während die Mehrheit im Parlament die Verschiebung wegen der schwierigen Haushaltslage befürwortete, plädierte die SPD für den baldigen Bau, da sonst Engpässe bei der Kinderbetreuung drohten.

Redaktion

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