Energie

Lampertheim will gegen Trasse klagen

Bei der Planung für die Ultranet-Leitung hat die Bundesnetzagentur vorerst entschieden. Allerdings nicht im Sinne Lampertheims. Die Stadt will nun das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig anrufen

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Stephen Wolf
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Diese Strommasten in der Nähe des Wohngebiets Guldenweg sollen für die Ultranet-Trasse genutzt werden. © Berno Nix

Lampertheim. Jetzt soll es schnell gehen. Der Netzbetreiber Amprion will die Arbeiten für das Zwischenstück der umstrittenen Ultranet-Trasse zwischen Biblis, Lampertheim und Mannheim-Wallstadt im Oktober starten. Dass der Zeitplan eingehalten wird, erscheint jedoch fraglich.

Zwar hat die Bundesnetzagentur mitgeteilt, dass Planfeststellung für die Trassenführung erteilt wird. Aber dagegen sträubt sich die Stadt Lampertheim und plant, vor das Bundesverwaltungsgericht zu ziehen. „Die Klage kommt, der Auftrag aus der Politik liegt vor“, sagt Bürgermeister Gottfried Störmer (parteilos).

Mögliche Alternativen aufgezeigt

Tatsächlich hatten die Stadtverordneten im Dezember einhellig für diesen Schritt gestimmt, falls die Leitung wie geplant ihren Weg über eine bestehende Trasse in Lampertheim nehmen soll und damit teilweise dicht an der Wohnbebauung verläuft. Weil Anwohner Gesundheitsschäden fürchten und der Siedlungsbau durch diese Variante stark eingeschränkt wäre, sei der Gang vor das höchste deutsche Verwaltungsgericht gerechtfertigt. „Es ist ja nicht so, als ob wir das Projekt insgesamt ablehnen“, stellt Störmer heraus.

Im Gegenteil, man erachte den Ausbau der Strom-Infrastruktur für entscheidend. Daher habe man dem Netzbetreiber und der zuständigen Bundesnetzagentur auch Alternativen präsentiert. Eine in Lampertheim diskutierte Erdverkabelung ist allerdings seit 2022 vom Tisch. Die Netzagentur, die beim Wirtschaftsministerium angesiedelt ist, argumentierte, diese Methode gewährleiste nicht die notwendige Stabilität im Stromnetz.

Folgen für Lampertheim

  • Sollte die Ultranet-Trasse wie geplant auch gebaut werden, könnten imGleisdreieck von einem 142 000 Quadratmeter großen Plangebiet lediglich noch 56 000 Quadratmeter bebaut werden.
  • „Im langen Gräbel“ in Hofheim könnte gerade die Hälfte der geplanten 96 000 Quadratmeter bebaut werden. 

Realistischer erschien bisher eine Verlagerung der fraglichen Masten um 30 bis 60 Meter. Obwohl die Stadt durch einen solchen Schritt den wichtigen Siedlungsbau wie ursprünglich geplant vorantreiben könnte, ist ein Kompromiss nicht zu erkennen. Störmer geht davon aus, dass der Netzbetreiber eine Neujustierung der Strommasten scheut, weil dies wiederum Verhandlungen mit Grundstücksbesitzern, mehr Bürokratie und höhere Kosten mit sich bringen würde. Aus Sicht des Rathauschefs wäre der Aufwand vertretbar, zumal das Ultranet-Projekt von großer Bedeutung ist.

Denn auf der anderen Seite hat auch der Gang vor das Bundesverwaltungsgericht einen Preis, den das Unternehmen Amprion und die Bundesnetzagentur scheuen sollten: Die juristische Auseinandersetzung kostet Zeit. So ist die Starkstromleitung, die über 340 Kilometer von Osterath in Nordrhein-Westfalen nach Philippsburg in Baden-Württemberg führen soll, ein wichtiger Baustein der Energiewende. Über sie soll der an der Küste produzierte Windstrom in den Süden Deutschlands geleitet werden. Obwohl es in einer Stellungnahme des Netzbetreibers heißt, das Land brauche mehr Tempo bei Genehmigungsverfahren, sieht es nun so aus, als verzögere sich der Ausbau.

Christoph Mayer von der Freiburger Anwaltskanzlei W2K, die Lampertheim in diesem Fall vertritt, geht davon aus, dass die Leipziger Richter frühestens im kommenden Frühjahr das Verfahren angehen können. Mit welcher konkreten Strategie die Juristen von W2K dann antreten, ist noch offen, da der konkrete Beschluss zur Planfeststellung noch nicht veröffentlicht ist.

Indes dürften die Einschränkungen für den Siedlungsbau in Lampertheim eine besondere Rolle spielen. Sie existieren faktisch, wenn die Trasse wie geplant kommt. Wie es mit der Gesundheitsgefahr aufgrund elektrischer und magnetischer Felder aussieht, ist weniger klar. Als widersprüchlich empfinden Stadtverwaltung und Politik in Lampertheim etwa, dass für Neubauten ein Abstand von 400 Metern zur Starkstromtrasse einzuhalten ist. Anders als für Bewohner von Bestandsbauten gelte hier ein besonderer Gesundheitsschutz.

Aus Sicht der Bundesnetzagentur hält die Leitung die Grenzwerte auch für Anwohner in Bestandsbauten „sicher“ ein. „Abstandsvorgaben für Neubauten, wie sie in der Raumordnung verwendet werden, gehen darüber hinaus“, argumentiert eine Sprecherin. Gleichwohl habe man räumliche Alternativen im Verfahren geprüft. „Vor dem Hintergrund aller relevanten Belange überwiegen die Vorteile der Nutzung der Bestandstrasse“, heißt es.

Netzbetreiber Amprion führt an, man sei verpflichtet, die Einhaltung der Grenzwerte in den Genehmigungsverfahren nachzuweisen. „Wir legen unsere Höchstspannungsleitungen so aus, dass der entsprechende Grenzwert auch im direkten Umfeld einer Leitung deutlich unterschritten wird.“ Man sei davon überzeugt, „dass der vorliegende Beschluss rechtssicher ist und Bestand hat, da wir umfassend geprüft und alle Belange in unsere Planungen einbezogen haben“.

Redaktion

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