Lampertheim. Billigimporte und steigende Kosten setzen Spargelbauern unter Druck, viele ziehen sich aus der Branche zurück. Eine aktuelle Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zeigt außerdem, dass jeder vierte Deutsche keinen weißen Spargel mag, besonders junge Erwachsene stehen dem Edelgemüse kritisch gegenüber. Zwar schätzen noch immer viele Menschen den als König der Gemüsesorten angepriesenen Spargel. Beinahe 50 Prozent sagten im Mai sogar „sehr“, als sie danach gefragt wurden. Zusätzliche 23 Prozent antworten, sie mögen Spargel „etwas“. Aber die Studie lässt auch andere Schlüsse zu. Dass sie Spargel „gar nicht“ mögen, gaben immerhin 27 Prozent der jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren an. Hinzu kommen 15 Prozent aus dieser Altersklasse, die das Gemüse nach eigenen Angaben „eher nicht“ mögen. Macht zusammen 42 Prozent.
Grüner Spargel gewinnt an Bedeutung
Die spannende Frage lautet, wie wirken sich die Vorlieben jüngerer Menschen langfristig aus? Und wird sich beispielsweise Lampertheim auch in Zukunft noch Spargelstadt nennen können? Schwer zu sagen, heißt es vom hessischen Bauernverband. „Tatsächlich ist der Absatz in den vergangenen Jahren gesunken. Daher haben Landwirte insgesamt auch vermehrt Anbauflächen für Spargel stillgelegt“, bestätigt Esther Wernien, die beim Bauernverband Referentin für pflanzliche Erzeugung und Vermarktung ist. Das verknappe das Angebot, erhöhe die Preise und führe dazu, dass etwa die Gastronomie teilweise auf günstigeren Import-Spargel ausweicht.
Auch grüner Spargel gewinne an Bedeutung, da er günstiger und weniger arbeitsintensiv sei. Beim Geschäft mit dem Spargel habe sich innerhalb weniger Jahre ein bemerkenswerter Wandel vollzogen. So seien während der Corona-Zeit hochpreisige Lebensmittel wie das Stangengemüse gefragt gewesen, davon hätten Landwirte profitiert. Jedoch habe die Inflation seit 2022 die Umsätze einbrechen lassen. Möglich, dass es in diesem Jahr anders aussieht. Die Inflationsrate ist von 6,9 Prozent im Jahr 2022 auf 2,1 Prozent im Mai 2025 gesunken.
Landwirte müssen ihre Produkte unter Wert verkaufen
Landwirte monieren aber, Supermärkte würden Spargel zu Schnäppchenpreisen anbieten. Betrieben bleibe keine andere Wahl, als ihre Produkte unter Wert zu verkaufen. Der seit Januar geltende Mindestlohn von 12,82 Euro belaste die Landwirtschaft mit Blick auf die Saisonkräfte zudem. Gleichzeitig gibt es immer wieder Gewerkschaftskritik an den Arbeitsbedingungen für die Helfer. Auch die mögliche Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro sorgt für Unsicherheit.
Was bedeutet das für die südhessische Stadt, die sich seit Jahrzehnten mit dem Edelgemüse identifiziert? „Lampertheim bleibt dem Spargel treu“, ist Willi Billau überzeugt. Der Landwirt war viele Jahre Vorsitzender des Regionalbauernverbands Starkenburg. Er sieht langfristig keinen grundlegenden Wandel in den Konsumgewohnheiten. Sicher, verglichen mit den boomenden 1960er Jahren habe sich die Anbaufläche in der Gemarkung von etwa 300 Hektar auf knapp 200 Hektar verringert.
Spargel, auch ein Kulturgut
Und ja, der Höhepunkt des Spargelanbaus in der Stadt sei überschritten. „Dass sich aber die Gewohnheiten der Kunden in den kommenden Jahren grundlegend ändern, sehe ich nicht.“ Trotz der Billigimporte und hoher Kosten sei Spargelanbau lukrativ. Zudem würden viele Landwirte zusätzlich andere Gemüsesorten anbauen, um gegen Durststrecken gefeit zu sein.
Zumindest bei der Landbevölkerung, so Billau, stehe das Edelgemüse noch hoch im Kurs. Billau erinnert an die lange Historie, die Lampertheim als Stadt des Spargels vorweisen kann. Lange Zeit sei es üblich gewesen, dass hier auch Privatleute Spargel anbauen. „Das war ein schwieriges, aber lohnendes Geschäft. Zahlreiche Lampertheimer haben neben ihrer täglichen Arbeit, etwa in der Industrie, ihren Spargel verkauft.“ Auf diese Weise seien etliche Eigenheime in der Stadt finanziert worden.
Spargelverbrauch
- Laut dem Verein Netzwerk der Spargel- und Beerenverbände verspeiste vergangenes Jahr jeder Bundesbürger rund 1,2 Kilogramm frischen Spargel . Besonders hoch in der Verbrauchergunst stehen die heimisch angebauten Stangen. Mit knapp 200 Quadratkilometern nehme noch immer kein Gemüse eine größere Anbaufläche im Ertrag ein als der weiße Spargel, heißt es von den Verbänden.
- Die Spargelsaison dauert traditionell etwa zwölf Wochen. Sie beginnt mit dem Frühlingsanfang und geht - zumindest meistens im Handel – bis zum Johannistag am 24. Juni.
Das zeige sich auch, wenn in den kommenden Tagen das traditionelle Spargelfest in der Stadt gefeiert wird. Ursprünglich als Fest für Spargelbauern gedacht, zog die Veranstaltung seit den 1930er Jahren zunehmend Besucher aus der Region an. „Irgendwann wurde ein Volksfest daraus.“ Bei der Leidenschaft für das Edelgemüse gehe es eben nicht nur um Genuss und Esskultur, sondern auch um Tradition und Geschichte. Mit Blick auf die aktuelle Umfrage zum Spargel rät der Landwirt zur Gelassenheit. Auch wenn das Stangengemüse in „urbanen Zentren“ aktuell weniger angesagt sei, als früher, langfristig sei das nicht aussagekräftig. Und selbst wenn etwa grüner Spargel beliebter wird, Landwirte könnten gut auf Veränderungen reagieren. „Ich stelle fest, dass Landwirte in Lampertheim und in der Region mittlerweile auch grünen Spargel anbauen. Warum auch nicht?“
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