Lampertheim. Wenn auf dem Schillerplatz an Heiligabend am frühen Nachmittag weihnachtliche Weisen erklingen, beginnt auch für die meisten Lampertheimer Bürger endlich die sehnlichst erwartete besinnliche Zeit. Die vielen Vorbereitungen und Besorgungen haben ein Ende gefunden, der Alltag hat sich verabschiedet. Sorgen treten etwas in den Hintergrund.
Kurrendeblasen nennt sich der Auftritt der Musiker, dessen historische Wurzeln bis auf die Zeit von Martin Luther zurückgehen. Kurrende, was wörtlich übersetzt heißt „die Laufen müssen“, fand schnell Verbreitung in allen Landen. Ursprünglich waren es arme Kinder, die von Haus zu Haus zogen und sozusagen für etwas Brot sangen. Im Laufe der Zeit hat sich die Form des Auftritts natürlich verändert. In vielen Gegenden gehört das Kurrendeblasen zur Liturgie, aber auch die Posaunenchöre haben den Brauch übernommen und ziehen durch die Ortsteile, um die Weihnachtsbotschaft zu verbreiten. Seit über sechzig Jahren wird dieser Brauch in Lampertheim gepflegt, erinnert sich Gerhard Woyk vom KKMV, der schon immer dabei ist. Ehe man alle Stationen aufgesucht hat, ist es locker 17 Uhr.
Auch in diesem Jahr hatten sich viele Lampertheimer Bürger, darunter Bürgermeister Gottfried Störmer, erwartungsfroh auf dem Schillerplatz versammelt, um sich mit den wohlbekannten Weihnachtsliedern auf das Fest einstimmen zu lassen. Der Katholische Kirchenmusikverein sowie der Evangelische Posaunenchor hatten unter der Leitung von Markus Niebler neben dem großen Tannenbaum Aufstellung genommen. Die Zuhörer standen im Halbkreis davor, als die erste Weihnachtsweise erklang. Aber schon beim zweiten Lied forderte Markus Niebler zum Mitsingen auf. Die Melodie von „Alle Jahre wieder“ wurde gespielt, die Zuhörer sangen mit. Weitere Lieder erklangen, ehe Markus Niebler die Weihnachtsgrüße und Wünsche für ein friedvolles Fest und eine hoffentlich besinnliche Zeit aussprach. Auch das Lied „O du fröhliche“ wurde gemeinsam gesungen, ehe mit „Fröhliche Weihnacht überall“ das Kurrendeblasen zu Ende ging.
Musikalischer Zug durch die Stadtteile
Den Zuhörern hatten die Musik und das Singen sehr gefallen, für die Musiker begann anschließend die Tour durch die Stadtteile. Die Musiker teilten sich auf, während der KKMV unter anderem am Bonhoefferhaus und am Dominikushaus oder an der St. Andreas Kirche spielte, zog der Evangelische Posaunenchor zum Marienkrankenhaus und zur Blücherstraße.
Auch beim Wohnsitz des jeweiligen Bürgermeisters wird traditionell Station gemacht. Manchmal wurden die Bläser mit Glühwein empfangen. So versammelte sich bei der Familie Hornischer in der Blücherstraße die unmittelbare Nachbarschaft, um bei Glühwein oder einem alkoholfreien Getränk den Weihnachtsliedern zu lauschen. Wenn die Musik verklungen ist, weiß jeder, jetzt kann das Fest beginnen.
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