Prozess

Jugendlicher aus Lampertheim als Lockvogel missbraucht

Drei Männer müssen sich derzeit wegen erpresserischem Menschenraubs und verschiedener Drogendelikte verantworten. Die Tat hatte im Januar in Lampertheim für Aufsehen gesorgt

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Dirk Timmermann
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Vor dem Landgericht Darmstadt wird gegen drei Männer verhandelt, die einen Jugendlichen aus Lampertheim bedroht haben sollen. © Dirk Timmermann

Lampertheim. Die Tat hatte in Lampertheim für Aufsehen gesorgt: Drei junge Männer sollen am 8. Januar einen zur Tatzeit 16-Jährigen unter Vorhalt einer Waffe in ein Auto gedrängt haben. Als „Lockvogel“ habe dieser dann einen Freund zur Europabrücke bestellen müssen. Unter Schlägen und Drohungen hätten die Angeklagten versucht, an Bargeld zu kommen. Dafür stehen sie jetzt vor dem Landgericht Darmstadt.

„Worum es hier geht, sind sehr schwerwiegende Straftaten!“ Marc Euler, Vorsitzender Richter der 2. Großen Jugendkammer, machte den Männern den Ernst der Lage klar. Grüße aus dem Publikum hinter der Glasfront waren ihnen trotzdem sicher – mancher Bekannte machte seine Aufwartung in Saal drei. Hauptanklagepunkt ist erpresserischer Menschenraub. Hinzu kommen diverse Betäubungsmittelstraftaten sowie ein Verstoß gegen das Waffengesetz.

Laut Staatsanwaltschaft hat sich das Geschehen wie folgt zugetragen: M., zur Tatzeit 25, sein gleichaltriger Kompagnon D. sowie T. (22) seien mit dem Auto von Mannheim nach Lampertheim gefahren. Zufällig hätten sie dort ihr späteres Opfer L. bemerkt, damals erst 16 und in der Nacht zu Fuß unterwegs.

Unter Vorhaltung einer Schusswaffe sei der Jugendliche zum Einsteigen aufgefordert worden. Sein Smartphone habe er abgeben müssen. Im Wagen sei er gezwungen worden, seinen Freund D. anzurufen – und ihn zum „Chillen“ an der Europabrücke einzuladen.

Freund sollte weiter mit Drogen handeln

Dort angekommen, soll dieser unter Drohungen in den Pkw gestiegen sein. Auch ihm hätten die jungen Männer das Handy abgenommen, ehe es zu einem Parkplatz nahe der Kleingartenanlage ging. Sechs Backpfeifen sollen die Anweisung des Trios verdeutlicht haben, D. müsse weiterhin Drogen verkaufen. Das habe D. jedoch abgelehnt, da Ermittlungen gegen ihn liefen. Um an Bargeld zu kommen, habe man die Fahrt zur Wohnadresse des Geschädigten fortgesetzt. Dort sei ihm, wie auch seinem Freund L., die Flucht gelungen: Über einen Nachbarn wurde ein Notruf abgesetzt, der im Gerichtssaal verlesen wurde.

Die Pflichtverteidiger haben die Vorwürfe teilweise eingeräumt. Jedoch sei die Motivlage anders als angeklagt: Den Männern sei es nicht darum gegangen, dass D. weiter Rauschgift verkaufe. Vielmehr habe dieser bei M., der 2015 aus Syrien nach Deutschland kam, Schulden in Höhe von 900 Euro angehäuft. Bestritten wird ferner der Einsatz der Pistole, die laut Staatsanwaltschaft auf dem Parkplatz der Alfred-Delp-Schule entsorgt worden sei. Als Indiz verwies der polizeiliche Sachbearbeiter auf eine im Fußraum des Pkw aufgefundene Gaskartusche.

Den Männern, die seit Anfang des Jahres in Untersuchungshaft sitzen, werden mehrere Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz zur Last gelegt. So hätten die Ermittler bei einer Durchsuchung der Wohnung des D. neben einem größeren Bargeldbetrag mehr als 500 Gramm Marihuana und 59 Gramm Haschisch entdeckt, außerdem 46 Gramm Kokain und 36 Gramm Amphetamin. Den ebenfalls angeklagten unerlaubten Besitz eines Butterfly-Messers hat T. zugegeben.

Der Prozess wird am Freitag, 27. September, fortgesetzt. Dann treten die Geschädigten D. und L. in den Zeugenstand. Das angeklagte Trio hat indes eine „Wiedergutmachungsleistung“ in Höhe von 2000 Euro in Aussicht gestellt. Angesetzt sind sechs Verhandlungstage. Mit einem Urteil ist spätestens am 18. November zu rechnen.

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