Ehrenamt

In Lampertheim fehlen Helfer für Geflüchtete

Von Mai an kommen mehr Menschen aus Krisengebieten nach Lampertheim. Die Suche nach Ehrenamtlichen läuft bisher schleppend

Von 
Stephen Wolf
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Steht bald für Asylbewerber bereit: die Alte Forstschule, direkt neben dem Lampertheimer Forstamt. © Berno Nix

Lampertheim. In der Alten Forstschule wird gehämmert und gebohrt. Handwerker bringen zurzeit das Gebäude im Stadtteil Hüttenfeld auf Vordermann, weil hier von Mai an bis zu 60 geflüchtete Menschen Zuflucht finden sollen.

Die Zeit drängt auch anderswo. Die Stadt sucht noch dringend ehrenamtliche Helfer, die Neuankömmlinge etwa zu Behörden oder Ärzten begleiten. „Bis jetzt ist die Resonanz nicht groß“, sagt Karl-Heinz Berg (SPD). Deshalb hat der Ortsvorsteher von Hüttenfeld nun einen Aufruf gestartet.

320 Menschen bis Jahresende

„Bitte engagieren Sie sich, so dass wir auch diese Situation meistern werden, um die notwendige Flüchtlingshilfe auf hohem Niveau aufrecht zu erhalten“, heißt es darin. Sicher, es stünden Helfer bereit, die sich schon engagiert hatten, als 2015 und 2016 viele Kriegsflüchtlinge ins Land kamen. Doch die neue Herausforderung sei so groß, sagt Berg, dass weitere Unterstützung nötig sei.

In der Tat müssen in Lampertheim und anderen Städten nun dicke Bretter gebohrt werden. So weist der Kreis Bergstraße ankommende Menschen aus verschiedenen Ländern von Mai an direkt den Kommunen zu. Nach Lampertheim dürften bis zu 100 Personen im Quartal kommen, bis Jahresende insgesamt etwa 300 Menschen. Ähnlich viele Flüchtlinge leben bereits in der Stadt. Und auch der Kreis steht bei der Aufnahme von Geflüchteten unter Druck. Hunderte Menschen leben in Notunterkünften, ohne Chance, dass sich bald etwas ändert, begründet der zuständige Kreisbeigeordnete Matthias Schimpf (Grüne) die Direktzuweisung.

Wie Rose Kohr von der Stabstelle Ehrenamtskoordination in Lampertheim sagt, stehen aktuell etwa 30 Frauen und Männer zur Unterstützung der Geflüchteten bereit. Dabei handle es sich meist um Menschen im Ruhestand; doch auch Schüler und Studierende seien bereit anzupacken. Doch es würden weitere Helfer benötigt, um das aktuelle Kontingent zu entlasten. „Dabei geht es vor allem darum, Kontakte zu knüpfen und Hemmschwellen zu überwinden“, sagt Kohr.

Noch sorgt die hohe Zahl der zu erwartenden Flüchtlinge in Hüttenfeld eher für Unmut, sagt Ortsvorsteher Berg. Bisher sei außerdem unklar, woher die Neuankömmlinge stammen, wie viele von ihnen mit oder ohne Familie unterwegs sind und welche Altersgruppen vorherrschen. „Wir stochern zurzeit im Nebel, was für Unverständnis sorgt.“ Ginge es darum, Familien oder ältere Menschen zu unterstützen, egal ob aus Syrien, der Ukraine oder einem anderen Land, gebe es durchaus Hilfsbereitschaft. Doch gebe es eben auch Befürchtungen, unter den Geflüchteten seien viele junge Männer, die sich in der Forstschule langweilen und bei Ausflügen nach Hüttenfeld unangenehm auffallen könnten.

„Vorbehalte und Ungewissheit stehen einem größeren ehrenamtlichen Engagement zurzeit im Weg“, gibt der SPD-Mann zu bedenken.

Schwierige Prognose

Matthias Schimpf kann das nachvollziehen. „Es ist im Moment kaum abzuschätzen, wer kommt“, räumt der Kreisbeigeordnete ein. Immerhin, etwa acht Tage vor Ankunft der Menschen, wisse man ungefähr, wer komme und gebe die Information an die Kommune weiter. Mal handle es sich überwiegend um Kriegsflüchtlinge aus der Ukrainer, mal seien Menschen aus anderen Ländern in der Mehrheit. „Wir versuchen, eine Vorauswahl zu treffen und Menschen dort unterzubringen, wo es gut passt“, sagt Schimpf.

Auch sorge man etwa für einen Sicherheitsdienst. Flüchtlingsunterkünfte waren in der Vergangenheit deutschlandweit Ziele von Anschlägen. Zudem ist das Zusammenleben von Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen nicht immer spannungsfrei.

„Ich weiß, dass es Verunsicherung in der Gesellschaft gibt“, sagt Schimpf. Und ja, es kommen Stimmen auf, die Solidarität könnte bröckeln. Sowohl ihm als auch Landrat Christian Engelhardt (CDU) sei bewusst, dass die Arbeit der Kommunen an Grenzen komme, wenn sich der Zustrom nicht abschwächt. Das habe man an die Landes- und Bundespolitik weitergegeben. Aktuell müsse man so gut wie möglich mit der Situation umgehen. „Ich stehe für Gespräche in Kommunen bereit. Wir brauchen den offenen Austausch“, sagt Schimpf.

Auch die Stadt versucht, die Situation in Griff zu bekommen. Wie Erster Stadtrat und Sozialdezernent Marius Schmidt (SPD) sagt, werden Mietangebote geprüft. Um Unterkünfte vorhalten zu können, seien auch private Immobilien interessant. Noch gebe es keine konkreten Entscheidungen, sagt Schmidt. Ziel sei es, die Schließung von Bürgerhäusern und Sporthallen zu vermeiden. Notfalls müssten Wohncontainer neben der Forstschule aufgestellt werden. Reserviert seien die provisorischen Unterkünfte bereits.

Redaktion

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