Gesundheitsforum - Wenn die Leiste schmerzt

Implantate verhüten den nächsten Bruch

Von 
Andrea Hartkorn
Lesedauer: 

Lampertheim. Beim 90. Lokalen Gesundheitsforum wurden die mittlerweile modernsten Therapiemöglichkeiten von Eingeweidebrüchen, sogenannten Hernien, beleuchtet. "Im Laufe seines Lebens ist jeder fünfte Mann davon betroffen. Jährlich werden etwa 200 000 Bruch-OPs durchgeführt", erklärte der Lampertheimer Facharzt und Unfallchirurg Dr. med. Günther Horneff. Anatomisch bedingt seien Frauen davon weniger betroffen.

Schmerzen in der Leiste, spür- und sichtbare Vorwölbung, auch beim Husten oder Pressen, sowie Hodenschmerzen und Stuhlunregelmäßigkeiten seien Hinweise auf eine Hernie. "Ein Eingeweidenbruch, der aus einer Bindegewebsschwäche resultiert, gehört möglichst rechtzeitig operiert", so Horneff. Während im Mittelalter die "Beutelschneider", mit zweifelhaften und lebensgefährlichen Methoden die Brüche behandelten, muss sich heutzutage niemand mehr solchen Torturen aussetzen.

So wurden 1890 die Ergebnisse der operativen Behandlung durch die bahnbrechende Arbeit des aus Padua stammenden Edoardo Bassini entscheidend verbessert. Dessen Prinzip bestand darin, mittels einer bestimmten Nahttechnik die Bruchpforte zu verschließen und vor allem die Leistenkanalhinterwand zu verstärken. "Allerdings war die hierbei entwickelte Methode nicht perfekt, denn die Wahrscheinlichkeit war groß, dass ein erneuter Bruch auftreten konnte", erklärte Horneff. Erst mit verträglichen Kunststoffnetzen, die als Implantat entwickelt wurden, gab es bessere Ergebnisse.

In diesem Zusammenhang würdigte Horneff die Leistungen und Verdienste des Allgemein- und Viszeralchirurgen Prof. Dr. med. Friedrich Kallinowski. Er wurde im Frühjahr dieses Jahres aus Hamburg-Harburg als Chefarzt ans Kreiskrankenhaus Heppenheim berufen und gilt als Kapazität im Bereich der Bruchversorgung. In seiner alten Wirkungsstätte Hamburg-Harburg wurden an der Technischen Uni Hamburg nach eigenen Angaben über 80 Implantatmaterialien getestet, die einen erneuten Bruch (Rezidiv) unwahrscheinlich machten. Nur zwei genügten den kritischen Anforderungen für eine optimale Hernienversorgung.

Husten und Übergewicht

"Wir hatten an Modellen untersucht, warum sich Rezidive entwickelten", so Kallinowski in Lampertheim. "Durch die Krafteinwirkung bei Hustenstößen oder Übergewicht kann das Implantat wandern und verrutschen", erklärte er. Die daraus resultierenden Erkenntnisse wurden verwendet, um ein Material zu entwickeln, dass Festigkeit gewährleistet. Beim "Lichtenstein-Verfahren" wird der Defekt in der Leistenregion mit einer einzelnen Nahttechnik, kombiniert mit der Implantation eines Kunststoffnetzes, behoben.

Anhand eines Videofilms wurde die Methode während einer OP dargestellt. "Mit dem Patienten werden die diversen Operationsverfahren, beispielsweise auch die minimal-invasive laparoskopische (Spiegelungs-)Technik, besprochen und auf ihn abgestimmt", erklärte der Referent. Das Wiederauftreten eines Bruches sollte prozentual unter der Zahl 1 liegen. Bisher erfüllten nur wenige Krankenhäuser diese Kriterien - das Kreiskrankenhaus erhielt diesbezüglich das Gütesiegel "Zertifiziertes Hernienzentrum".

Freie Autorin

Copyright © 2025 Südhessen Morgen