Lampertheim. Der Hofheimer Carnevalverein (HCV) hat seine Ausnahmestellung in der hiesigen Fastnacht einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt und erklomm in seiner ersten von zwei restlos ausverkauften Prunksitzungen im Bürgerhaus die nächste Stufe im Narren-Olymp. Beeindruckend, zu welchen Höchstleistungen der immer weiter anwachsende Verein imstande ist, der sein Programm nach wie vor durchweg mit rund 150 Akteuren allesamt aus den eigenen Reihen gestaltet. Nicht nur, aber auch durch personelle Zugewinne aus den Reihen der Canisiushaus Fastnacht Hofheim (CFH) gelang eine weitere Qualitätssteigerung.
Der „Bau“ brodelte mehrmals bei der großen Sause, dem bunten Feuerwerk der guten Laune. Zahlreiche Raketen wurden gezündet, immer wieder erklang das dreifach donnernde Howwe Helau, und die Stimmung war von vornherein glänzend. In Galaform nach der Corona-Zwangspause wie gewohnt HCV-Sitzungspräsident Alexander Scholl, der das vierfarbbunte Narrenschiff höchst professionell durch den langen Abend steuerte und im zweiten Teil in Markus Scholl und dem mit Sonderapplaus bedachten Alexander Rank, dem ehemaligen CFH-Sitzungspräsidenten, glänzende Vertreter als Präsident im Elferrat hatte.
Auftakt mit den Jüngsten
Getreu der langen Tradition nach Mainzer Art gebührt der Auftakt den Tanzgruppen. Zunächst den Kleinsten, die Wichtel sorgten als Gute-Laune-Bärchen („Ich bin ein Pandabär“) für einen tollen Einstieg. Ein beeindruckendes Bild gaben auch die Flower Powers und die Piccolos, die kleine und mittlere Garde ab. Später unternahmen die Piccolos im Showtanz dann noch einen Ausflug in die Nintendo-Welt.
Howwemer Themen auf den Punkt brachte Katrin Scholl als Fra vum Protokoll. Verschobene Jubiläen, kreative Lösungen im Bürgerhaus („jetzt fehle, ich sags mol so, kostenlose Kondome uffem Männerklo“), Seitenhiebe nach Lamberde durch die Sanierungsposse um das Hallenbad, Verleihung des goldenen Schweißtuchs und nicht zuletzt die Kür des Ortsvorstehers als Mister Spargel („Da ist das Ding“), der pointierte Vortrag ließ keine Wünsche offen.
Alle mitwirkenden Gruppen im Überblick
Wichtel: Dana Heisser, Carla Schmidt, Maria Schmidt, Rosa Menzel, Leni Krämer, Julia Scholl, Hannah Binder, Helena Binder, Antonia Pajestka, Anna Dehler, Hannah Eberts, Elif Nas Bulut, Leilani Schäfer, Miriam Branitzki, Marie Fersing. Leitung: Katrin Scholl und Tina Menzel.
Flower Powers: Amélie Weirich, Marlena Keim, Hannah Thomas, Klara Metzler, Mila Emmanouilidou, Milou Semm, Amira Biedermann, Yasmin Grammatico, Stina Bayer, Paula Walter, Hannah Syma, Lea Herter, Eva Schlagentweith, Denise Hofmann, Nela Suslowicz, Emma Schader, Milla Rieger, Josephine Schreiber, Emily Knecht, Lilli Zeißner, Michelle Knecht und Zehra Altunok. Leitung: Isabell Sauer, Claudia Metzler und Viktoria Scholl.
Piccolos: Luisa Vock, Dzhenin Rystemova, Mia Kortyka, Viktoria Scholl, Aminah Memaj, Hannah Brandstätter, Sarah Gengnagel, Leann Zwick, Anna Becker, Lara Thomas, Sophia Nippert, Selina Bersch. Leitung Irina Tiefenbach.
Garde: Selina Freiler, Tina Schmidt, Kerstin Rieger, Romy Maskus, Lena Pachnicke, Nina Holzinger, Julia Seitz, Jana Frick, Miriam Gorniotzek, Jasmin Renkel, Carolin Kieser, Milla Rieger, Tina Keller, Franziska Breyer, Klara Antz, Tessa Wagner (Leitung), Annika Ohl (Leitung), Michelle Böhme, Sina Seib, Mareike Fritsch, Celine Witt, Carolin Ohl.
Wonneproppen: Rita Sittauer, Isabel Wegerle, Tina Menzel, Natascha Bittmann, Martina Vock, Katrin Scholl, Steffen Bickelhaupt, Irina Tiefenbach, Jürgen Hofmeister, Lukas Scholl, Peter Schneider, Isabell Sauer, Steffen Zwick, Franziska Breyer, Michael Wahlig, Claudia Metzler, Ivonne Firnkes, Carolin Kieser. Leitung Claudia Metzler und Irina Tiefenbach.
Happy Dance Company: Jutta Seelinger, Luisa Philipp, Tamara Günther, Silvia Veltmann, Isabel Rank, Sabine Böhner, Julia Weiß, Kathrin Thein, Alexandra Schmitt, Kerstin Brosi, Sandra Schmidt, Meike di Giovanni, Miko Engert und Gabriele Suchy (Leitung).
Pink Ladies: Tina Schmidt, Verena Juhasek, Karen Bittmann, Christina Wegerle, Sabine Wacker, Katrin Scholl, Tanja Keim, Isabell Sauer, Tanja Seib, Sabrina Frick, Sigrid Renkel, Tina Keller, Antje Hahl, Daniela Heyne, Claudia Metzler, Christian Wacker.
Trommelformation: Andreas Held, Michael Bohrer, Raphael Bohrer, Alex Rückert, Steffi Bär (Leitung), Niklas Wabro, Rudi Wiedemann, Matthias Ruh, Mandy Bär, Christopher Göttle, Jürgen Rückert, Fabian Weiß, Tim Stockmann, Marcel Bär, Jan Klein, Erik Minnder (Leitung) und Max Emig.
Knusperstangen: Alexander Scholl, Tobias Noldes, Thorsten Weber, Thomas Frick, Tim Wegerle, Marc Schumacher, Thorsten Günther, Sebastian Brosi, Christian Schader, Markus Herter, Markus Reis, Steffen Zwick, Markus Lösch, Eric Diesner, Markus Menzel, Marco Ehrhardt, Helmut Hassemer und Max Hossner. Leitung Tamara Günther und Irina Tiefenbach.
Technik: Markus Reis, Peter Schneider und das Technik-Team von Dawn Concepts Bühne: Peter Hebauer mit Unterstützung von Anne Firnkes, Maria Firnkes und Lars Wacker. Note Shaker’s: Klaus Debus und Elly Gröhl. fh
Als Aushängeschild des HCV gilt längst die Garde, die ebenso zweimal zu sehen war und zu cooler Musik Kreativität im Showtanz offenbarte. Martina Vock, ein Urgestein des HCV, hatte die erste Männerschönheitsfarm gegründet. Neben einem Spiegeleiermann und Würdenträger mit Wohlstandswampe war auch der Sitzungspräsident vor Ort, „nun seht emol wie der jetzt strahlt, alles hot de HCV bezahlt“. Nicht wegzudenken ist Markus Scholl, der als „Till vom HCV“ das Symbol der bunten Narrenschau verkörpert wie kein anderer. Mit dem Spiegel in der Hand reist er durch das ganze Land, gilt als kritisch, politisch, punktgenau – in dieser Qualität zweifelsohne ein Alleinstellungsmerkmal der Howwemer Fastnacht und des HCV. Viele Themen hatten sich beim Garanten für das Wort im ernsten Ton im freien und wie immer in Reimform dargebotenen Vortrag bei bewusstem Genderverzicht während Corona aufgestaut: „Wir Deutsche kaufen Klopapier im Affekt, der Franzose hat sich mit Rotwein und Kondome eingedeckt.“ Fehlbesetzungen in der Regierung („der schöne Robert, der einst Kinderbücher schrieb, für die deutsche Wirtschaft übrig blieb“), Doppelmoral als Paradedisziplin, die Demontage des eigenen Landes, gespaltene Republik („trotz allem Geschrei, die Impfung machte frei“), Konfliktlösung wie bei den Menschenaffen durch Geschlechtsverkehr („hat man mit Putin einen Konflikt, wird Annalena Baerbock hingeschickt“) – mit Ovationen würdigte das Publikum diese Klasseleistung.
Besser denn je die tänzerisch überzeugenden Wonneproppen bei ihrer unterhaltsamen Entdeckungsreise ins Disneyland. Als Haushaltsökonom trifft Volker Hildebrand den Nerv der Zeit, zeigt wie richtiges Sparen geht, „Licht aus und Kerze an, so spart daheim de schlaue Mann“. Unübertrefflich Hildebrands Wutrede zur Kruschelschubblad, ernennt die Mutter kurzerhand zur Sparqueen vun Howwe, wirbt im Werbeblock für den Einkauf vor Ort und erzählt vom Liebesleben auf Sparflamme – ein klasse Beitrag des HCV-Chefs. Ins Weltall schwebend die völlig schwerelos in einer atemberaubenden Tanzshow durchstartende Happy Dance Company mit aufwendiger Kostümierung.
Hit-Auswahl kommt an
Nach zweimal elf Minuten Pause brachte kein geringerer als Hit-Sänger Alexander Scholl den Saal aus dem Stehgreif auf Betriebstemperatur. Die treffliche Hit-Auswahl mit „Aloha hey“, reichlich Schlagern, „Wir sagen dankeschön, Howwemer Fastnacht“ oder „Layla“ hielt niemanden auf den Sitzen. Der Bitte „mach uns den Julio“ kam der Hit-Sänger allzu gerne nach. Ihr elfjähriges Bühnenjubiläum feierten die Pink Ladies mit einem perfekten „best of“ ihrer vorangegangenen Shows. Seinen eigenen Vortragsstil in Stand-up-Manier brachte Comedian Sebastian Neubecker als Urlauber nach Corona mit der Freundin („sogar die Beziehung war kontaktlos“) mit zum HCV. Nach dem Ablehnen der Schiffsreise als schwimmendes All-inklusiv-Gefängnis ging es mit der Freundin nach Dubai, dabei wurde er beim Check-Inn intensiver angefasst als in der eigenen Beziehung. Erfrischend und originell die Trommelformation der Freiwilligen Feuerwehr. Als Frau mit Veränderungen stieg in ihrer unnachahmlichen Art Heike Hildebrand in die Bütt – ein Glanzpunkt zu vorgerückter Stunde. Eine Wucht der Stress im Bus oder mit dem Sohn, der neue Hund Lucky Luke („der hot en Schuss, is ja ach vun Lamberde“), das Beruhigungslied für moin Volker, die grescht Raket vun Howwe, ein Fernseher im Mund oder die sexuellen Aktivitäten der Eltern.
Nicht zuletzt die Siegerehrung in Bäschdad bei de arme Mädscher, die koa Klamotte hen, „koaner hert uff mich“ wartet „Ich bins, die Heike“ auf Anrufe. Unaufhaltsam die durch das Spritzgebäck vom Canisiushaus verstärkten, auf 18 angewachsene HCV-Knusperstangen, die adrett ganz viel Power offenbarten und in die Welt des Rock’n’Roll entführten. Livegesang („Das alles sind wir“, „Für die Ewigkeit“) leitet zum Aufmarsch aller Mitwirkenden auf ein prächtiges Finale bei „Ole Fiesta hier am Rhein“ über. Dem neue Maßstäbe setzenden HCV ein dreifach donnerndes Howwe helau für diese Narrenschau. fh
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