Lampertheim. Weniger Krach auf der Landesstraße 3111 bei Hüttenfeld - das wünschen sich etliche Bürger aus dem Lampertheimer Stadtteil. Doch dafür werden sie einen langen Atem benötigen. Trotz des Verkehrslärms ist eine Abkürzung durch den Behördendschungel kaum möglich. Wie berichtet, klagen vor allem Anwohner der Hüttenfelder Waldstraße über die verkehrsbedingte Geräuschkulisse. Manche ihrer Häuser liegen einen Steinwurf von der 2023 teilweise neu gestalteten Landesstraße entfernt.
Stefanie Wegers, die hier gemeinsam mit Mutter Monika lebt, kritisiert, dass ein früheres Überholverbot nicht mehr gilt. Auch mit Blick auf die erlaubte Höchstgeschwindigkeit sei die Situation vor wenigen Monaten eine andere gewesen. In den Abendstunden bis zum frühen Morgen galt auf der Landesstraße Tempo 60, am Tag betrug die Höchstgeschwindigkeit 80 Stundenkilometer. Nun darf hier tagsüber und nachts stellenweise mit einer Höchstgeschwindigkeit von 70 Stundenkilometern gefahren werden.
Schutz vor Verkehrslärm
- Um Menschen vor der Belastung durch Verkehrslärm zu schützen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie die Behörde Hessen Mobil mitteilt. Steter Verkehrslärm erhöht einer Studie des Umweltbundesamts zufolge das Risiko für Depressionen und Angststörungen.
- Lärmvorsorge: Beim Neubau oder bei wesentlichen Änderungen an Straßen haben Anwohner einen Anspruch auf Lärmvorsorge. Nämlich dann, wenn bestimmte Werte überschritten werden, die in der „16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes“ festgesetzt sind. Das wäre der Fall, wenn der Lärmpegel durch die Änderung der Straße auf mindestens 70 Dezibel (dB) am Tag ansteigt oder mindestens auf 60 dB in der Nacht. Dezibel ist die Maßeinheit für Geräusche. Zehn Dezibel mehr stehen für die Verdoppelung des Lärms.
- Für Straßen besteht konkret die Möglichkeit der Lärmsanierung. Dies ist eine freiwillige Leistung des Bundes beziehungsweise des Landes. Es besteht kein Rechtsanspruch. Lärmsanierung erfolgt unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel sowie nach Dringlichkeit. Die ergibt sich aus der Höhe der überschrittenen Werte sowie der Zahl betroffener Menschen.
- Straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen können bei Verkehrslärm umgesetzt werden, wenn durch ihn die Gesundheit gefährdet ist. Dazu zählen etwa Geschwindigkeitsreduzierungen oder Lkw-Fahrverbote. Sie können zum Einsatz kommen, wenn die in den „Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm“ festgelegten Richtwerte überschritten werden. Es besteht aber keine Verpflichtung zur Anordnung solcher Schritte, dies liegt im Ermessen zuständiger Verkehrsbehörden. wol
„Der Lärm hat sich deutlich erhöht, das wirkt sich negativ auf die Nachtruhe aus“, kritisiert Wegers und fordert Hilfe. Dabei weiß sie zahlreiche Nachbarn hinter sich. „Hierzu gibt es dB-Grenzwerte, die höchstwahrscheinlich tagtäglich überschritten werden“, ist die Frau aus Hüttenfeld überzeugt. Dem Gesundheitsministerium zufolge kann anhaltender Verkehrslärm zu chronischen Stressreaktionen führen. Zudem erhöhe er das Risiko für Schlafstörungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Gas geben, hupen, überholen - die aus Sicht der Anwohner zu laxen Verkehrsregeln sorgen für Frust. So seien viele Verkehrsteilnehmer zu schnell unterwegs. Das wiederum erhöhe die Lärmbelastung und müsse ausgebremst werden, ist man sich einig. Daher regen die Hüttenfelder an, entweder einen weiteren Blitzautomaten in Richtung Viernheim aufzustellen oder aber die Position eines vorhandenen Geräts vor der Ortseinfahrt zu verändern.
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Anfragen dieser Redaktion zeigen aber, es wird schwierig die Verhältnisse zu ändern. Die Straßenverkehrsbehörde im Kreis Bergstraße sieht aktuell kaum eine Möglichkeit, die Situation zu entschärfen. So liege zurzeit beispielsweise keine Begründung für eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 50 Stundenkilometer oder Tempo 30 in der Nacht vor, wie es zahlreiche Anwohner gerne hätten. Auch für das von ihnen geforderte Überholverbot gebe es aktuell keine Rechtfertigung, wie der zuständige Dezernent Matthias Schimpf (Grüne) mitteilt.
„Es gibt genügend Begründungen. Gerne können wir dem Amt diese gesondert einreichen, damit es den Fall vor Ort zu Stoßzeiten bewertet und eine realistische Einsicht gewinnt“, kontert Stefanie Wegers.
Verkehrsbehörde im Kreis: Keine der Forderungen ist realistisch
Den Vorschlag, lauten Lastverkehr auf der L 3111 einzuschränken, bewertet Schimpf ebenfalls skeptisch: „Eine Landesstraße dient dem überörtlichen Verkehr. Um eine Verkehrsart auszuschließen, muss es eine sehr gute Begründung geben.“ Zudem handle es sich bei der L 3111 auch um eine Autobahnbedarfsumleitung. Daher wäre die Zustimmung des Regierungspräsidiums in Darmstadt notwendig. „Im Moment wird keine der Forderungen, die den Zuständigkeitsbereich der Straßenverkehrsbehörde betrifft, für realistisch angesehen“, heißt es.
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Und eine Ausweitung der Geschwindigkeitskontrolle, etwa mit Hilfe von Blitzern? „Für die Einhaltung der Geschwindigkeit sind die Ordnungsbehörden zuständig, hier hat der Kreis keine Handlungsmöglichkeit“, heißt es aus Heppenheim. Doch die Stadt Lampertheim ziert sich: „Wir als Stadtverwaltung sind hier nicht originär in der Zuständigkeit, sondern der Kreis.“ Der sei finanziell besser ausgestattet. „Bevor wir tätig werden dürfen, gilt es daher abzuwarten, welche Maßnahmen der Kreis ergreift beziehungsweise ergreifen kann“, teilt ein Sprecher mit. Möglicherweise, so die Denkweise, könnten vom Kreis beschlossene Änderungen schon so viel Abhilfe schaffen, „dass eine Verlegung oder Neuaufstellung eines Blitzers nicht notwendig ist“.
Zumal ein solcher Schritt für die Stadt mit Kosten verbunden sei. „Kosten, die im Übrigen nicht im Haushalt eingeplant sind.“ Immerhin: Sollte der Kreis zum Schluss kommen, dass er keine Änderungen vornehmen kann - also etwa ein Überholverbot oder ein Herabsetzen der Höchstgeschwindigkeit -, will Lampertheim prüfen, „wo und in welcher Form wir zur Lösung des Problems beitragen können“.
In der Waldstraße kursiert die Idee, man könne mit Hilfe von „Flüsterasphalt“ den Lärm reduzieren. Durch den hohen Anteil gröberer Gesteinskörner in diesem Asphalt entstehen Hohlräume, die den Schall der Rollgeräusche schlucken. Die Lautstärke der Motoren lässt sich nicht reduzieren. Zum Einsatz kommt so ein Belag meist auf Autobahnen oder Schnellstraßen, wie die Landesbehörde Hessen Mobil mitteilt. „Grundsätzlich kann die Stadt Lampertheim einen Antrag bei der Verkehrsbehörde zur Überprüfung möglicher straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen stellen“, heißt es. Sodann könne eine Betrachtung beziehungsweise eine Berechnung der Wirtschaftlichkeit für „Flüsterasphalt“ erfolgen.
Stefanie Wegers und ihre Mitstreiter aus der Waldstraße jedenfalls wollen nun Messungen der Verkehrsdichte und der Lärmbelästigung durchsetzen. „Der Zustand ist real und muss vor Ort zu Stoßzeiten begutachtet werden.“
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