Lampertheim. Italien hat viele Gesichter: die Schönheit der Toskana, die Kunst der Renaissance, kulinarische Highlights, aber auch Intrigen und Dynastien, die sich bekämpfen. Das Italien der späten 1980er Jahre erlebt Jakob Blumberg, Protagonist in Helmut Orpels Roman „Die Kinder der Via Gluck“. Zur Lesung mit dem Mannheimer Autor, Dozenten und Journalisten begrüßte die Leiterin der Lampertheimer Stadtbücherei, Christine Kanold, 20 Besucher.
Bekannt wurde die namensgebende Straße aus Orpels Roman durch ein Lied von Adriano Celentano: „Il ragazzo della Via Gluck“ erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der an der Peripherie Mailands aufwächst und die ländliche Idylle seines Elternhauses gegen die raue Metropole eintauscht. Als reicher Mann kehrt er acht Jahre später zurück, doch das Paradies seiner Kindheit ist verschwunden.
Vom Überflieger zum Ausgebrannten
Auch Jakob Blumberg durchläuft eine sich zuspitzende Phase in der norditalienischen Großstadt. Den Anfang nimmt die Handlung jedoch in Frankfurt. Hier ist er ein „Überflieger“ der Kunstbranche. Beruflicher Erfolg zeigt sich in Statussymbolen: Der Porsche trägt Blumberg über die Alpen. In Osttirol folgt der Zusammenbruch: „Du sitzt nur untätig rum“, wirft ihm Freundin Christina vor, nachdem er den Job verliert.
Luxusreisen können nicht mehr bezahlt, Kredite nicht mehr bedient werden. Blumberg wird nicht mehr gebraucht, Christina findet sofort Ersatz. Anstoß zu einem Umdenken: „Er begann, die verlogene Gesellschaft der Young Urban Professionals zu hassen, der er bis zuletzt selbst angehört hatte“, formuliert Orpel, der weiß, wovon er schreibt.
1955 in Grünstadt geboren, studierte er spanische Literatur, Philosophie und Kunstgeschichte und war zunächst als Redakteur einer Kunstzeitschrift in Heidelberg tätig. Es folgten Stationen als Galerist, als Dozent für Fotografie- und Mediengeschichte an der Hochschule Mannheim, als Journalist in Lampertheim sowie im Kulturressort dieser Redaktion, außerdem als Chefredakteur der Kunstzeitschrift „Artprofil“. Aus diesem Fundus schöpft auch Orpels Erzählung, die er mehr als Gesellschaftsroman denn als Krimi versteht.
Kunstkritik und Kunsthandel bilden den Rahmen
Kunstkritik und Kunsthandel bilden somit den Rahmen, innerhalb dessen es Blumberg schließlich nach Mailand verschlägt. „Es war wieder so ein Augenblick, in dem das Leben dir einen Ball zuwirft“, liest man in Anspielung auf ein geflügeltes Wort von Buddha. Den Ball geworfen hat Vittorio Verazino, ein „Händler für Wein und Kunst“ mit gutem Gespür für die Irrungen und Wirrungen des Dolce Vita. Das Lager des Italieners befindet sich in der Via Gluck, wo Blumberg einer Vielzahl von Menschen begegnet – die ihn schließlich in den Strudel der Kunstfälschung reißen und der spannenden Geschichte zu weiterer Dramatik verhelfen.
Dies ist auch der Kontext von Orpels nächster Lesung: Am 6. April tritt der Autor im Kunstraum Port25, Hafenstraße 25, in Mannheim auf. Henry Keazor, Professor in Heidelberg für Neuere und Neueste Kunstgeschichte, lädt zu einem Wechselgespräch zum Thema Kunstfälschung ein.
„Die Kinder der Via Gluck“ wurde 2024 auf der Frankfurter Buchmesse im Podium Rheinland-Pfalz vorgestellt. Erhältlich ist das Werk im Buchhandel für 16,90 EUR. Der 200 Seiten starke Roman ist erschienen im Kontrast-Verlag, ISBN 978-3-86447-201-5.
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