Nostalgie

Hand am Drücker: Das steckt hinter einer beeindruckenden Flipper-Sammlung in Lampertheim

Joachim Fuchs pflegt seine Leidenschaft für die blinkenden Spielautomaten. Der Südhesse sammelt die Geräte nicht nur, er restauriert und vermietet sie auch. Nun präsentiert er sie in Lampertheim

Von 
Stephen Wolf
Lesedauer: 
Flippern bis zum Abwinken: Der Sammler Joachim Fuchs plant für den 6. April eine große Veranstaltung in Lampertheim. © Berno Nix

Lampertheim. Beim Flippern kommt es nicht nur auf schnelle Reaktion an, auch Körpereinsatz ist gefragt. Die Spieler stehen oftmals breitbeinig vor dem blinkenden Gerät und gehen zuweilen schwungvoll in die Knie, während sie mit ihren Händen die seitlichen Knöpfe drücken. Ein Bild, das heutzutage selten geworden ist. Flipperautomaten hatten in den 1970er und 1980er Jahren ihren festen Platz in Kneipen und Spielhallen.

Für Joachim Fuchs sind die oftmals brabbelnden und klackernden Spieltische auch im Computer-Zeitalter noch eine kleine Sensation. „Eigentlich war ich als Jugendlicher gar nicht so versessen auf das Spiel selbst“, erinnert er sich. Doch sei er stets von den Geräte fasziniert gewesen, sagt der Mann, der seit einigen Jahren Flipper sammelt.

Nachdem er sein bisheriges Domizil in seiner Heimatstadt Bensheim aufgeben musste, stehen seine etwa 80 restaurierten Exemplare in einem Anbau der früheren Gaststätte „Neckartal“ in Lampertheim.

Lange vor dem Siegeszug von Computer, Smartphones und Konsolen gehörte das Spiel mit der glänzenden Metallkugel schlicht zur Jugendkultur. Flipper-Automaten standen in Bahnhofskneipen, in den Foyers der Kleinstadtkinos oder auf Volksfesten. Während die zischenden und blinkenden Spielautomaten weitgehend von der Bildfläche verschwunden sind, gibt es noch einige Refugien für die „Pinball Machines“, wie die blinkenden Kästen in englischer Sprache genannt werden. Die Sammlung von Joachim Fuchs gehört dazu. Sie umfasst alte Spielgeräte, aber auch neuere Modelle, wie beispielsweise einen Batman-Flipper, der in der früheren Kegelhalle der ehemaligen Gaststätte vor sich hin zischt. Auch die berühmte Film-Hymne „Krieg der Sterne“ erklingt aus einem gleichnamigen Flipper zur Science-Fiction-Saga.

„Am liebsten würde ich ein Flipper-Museum eröffnen“

Fuchs war früher bei der Software-Schmiede SAP im baden-württembergischen Walldorf tätig, heute stehen die Flipper-Automaten im Zentrum seiner Arbeit. Der 55 Jahre alte Mann kauft, restauriert und vermietet Geräte. Eigentlich würde er seine Spielgeräte gerne auch einem größeren Publikum präsentieren. „Am liebsten würde ich ein Flipper-Museum eröffnen“, sagt der Sammler.

Info

  • Flipper waren im ausgehenden 20. Jahrhundert allgegenwärtig. Spieler warfen eine Mark ein und bekamen drei Spiele. Durch das Erreichen einer gewissen Punktzahl konnten sie sich zusätzliche Freispiele sichern.
  • Hersteller wie etwa die US-amerikanische Firma Bally produzierten Geräte, die beispielsweise Hollywood-Streifen thematisch aufgriffen. Sportteams, Rock-Bands oder Berühmtheiten schmückten die Spielgeräte ebenfalls.
  • Addams Family gilt mit geschätzten 20 000 Geräten als meistverkaufter Flipper aller Zeiten. Er stammt aus den 1990er Jahren.
  • In der Verfilmung der Rockoper Tommy der britischen Band The Who spielte Elton John den Pinball Wizard. 

Doch wie es momentan aussieht, bleibt das Lampertheimer Quartier vor allem ein „Provisorium“, wie der Südhesse sagt. Bis Ende 2018 ging es im Gasthaus „Neckartal“ betriebsam zu. Oftmals lockte Livemusik die Gäste in die Wirtschaft. Heute ist es hier still geworden, es gibt kein Lokal mehr. Nur die Spielgeräte von Joachim Fuchs stehen nun in dem Raum, in dem früher eine Kegelbahn untergebracht war. Doch wie lange noch? Geplant ist nämlich der Abriss des „Neckartals“. Moderne Büro- und Arbeitsräume, die auf Zeit gemietet werden können, sollen hier eines Tages entstehen. „Es ist unklar, wann es soweit sein wird. Zurzeit bin ich froh, dass ich hier meine Geräte aufbauen konnte“, sagt Fuchs.

Gleichzeitig besichtige er aber auch andere Säle in der Region. Gewiss ist im Moment nur, dass die Flipper-Automaten am 6. April bespielt werden sollen. Für 15 Euro können sich dann Fans aus der Stadt und aus dem Umland drei Stunden lang an klassischen und modernen Flippergeräten aus vier Jahrzehnten austoben. Wenn die Geräte an diesem Tag eingeschaltet sind, dann dürften metallische Stimmen, gespenstisches Fiepen und andere skurrile Töne durch die Luft schwirren. Doch was fasziniert die Menschen an den Geschicklichkeitsspielen mit ihren bizarren Aufmachungen?

„Es gibt noch recht viele Menschen, die mit Flipper-Automaten positive Erlebnisse verbinden“, sagt Axel Hillenbrand. Er arbeitet seit Jahren an einem Projekt, das auch Joachim Fuchs anstrebt. Hillenbrand ist Vereinsvorsitzender des Deutschen Flippermuseums in Neuwied. Tausende Besucher kamen in den vergangenen Jahren, um die Geräte in Augenschein zu nehmen, zu flippern und in Erinnerungen zu schwelgen. „Viele Besucher wollen beispielsweise ihren Kindern einen Eindruck der eigenen Jugendzeit vermitteln“, sagt Hillenbrand.

Immerhin hätten sich einst sogar Liebesbeziehungen rund um die Geräte angebahnt. „Manche Spieler haben ihre spätere Ehepartnerin beim Flippern kennengelernt.“ Tatsächlich seien es vor allem Männer, die an den Spiel-Dinosauriern stehen. Neben der Nostalgie sei indes auch das Spiel selbst reizvoll. „Im Grunde kann man mit Hilfe einer Metallkugel kleine Abenteuer erleben.“

Flipper: Zeitgeschichte und Pop-Kultur

Fuchs, dessen früher Job bei SAP zu einem Großteil auch darin bestand, Netzwerke und Kontakte zu knüpfen, nutzt sein Talent auch erfolgreich bei seiner Flipper-Mission. Wenn er etwa ein interessantes Angebot aufgespürt hat, reist er auch in die Niederlande, nach Belgien oder in die Schweiz, um das Gerät abzuholen. „Es ist erstaunlich, wie groß das Netzwerk der Liebhaber dieses Spielgeräts ist“, sagt Fuchs.

Doch kauft er nicht nur seltene Geräte, für Kunden restauriert er die Flipper auch. Dabei bringt er etwa die Elektronik oder die Mechanik auf Vordermann. Außerdem erneuert er die verblichene Lackierung mancher Spielgeräte. „Man könnte fast von einer Art Kulturgut sprechen“, sagt der Südhesse und blickt nachdenklich auf seine Sammlung.

Warum auch nicht? Die Geräte zeigen Zeitgeschichte ebenso wie Pop-Kultur. So reichen die Bilder auf den Kopfaufsätzen vom Konterfei des Comic-Helden Flash Gordon bis hin zum grimmigen „Terminator“ Arnold Schwarzenegger. Die berühmte Basketball-Truppe „Harlem Globetrotters“ ist auf einem der Spieltische ebenso abgebildet wie etwa die Rockband Led Zeppelin.

pinball-classics.de

Redaktion

Copyright © 2025 Südhessen Morgen

VG WORT Zählmarke