Tierheim

Für ein eigenes Tier fehlt vielen die Zeit - und das Geld

Landrat Christian Engelhardt informiert sich über die aktuelle Lage im Tierheim Lampertheim in den Böllenruthen - und wird gleich stürmisch begrüßt

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Dirk Timmermann
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Vorsitzende Annette Maring (l.), Tierheimleiterin Annekatrin Geyer (Mitte) und Hündin Rosalie empfangen Landrat Christian Engelhardt. © Dirk Timmermann

Lampertheim. Als Landrat Christian Engelhardt das Tierheim betritt, stürmt Mischling Rosalie auf ihn zu. Mit wedelndem Schwanz begrüßt die putzige Hündin den hohen Besuch. Der Abstecher in die Böllenruthen ist für den CDU-Politiker Teil seiner Weihnachtstour. „Soziale Themen stehen im Mittelpunkt“, erklärt Engelhardt mit Blick auf Inflation und Energie-Krise, die das Land derzeit beuteln.

Zuvor hatte der 50-jährige Rechtswissenschaftler die Helfer der Rimbacher Tafel besucht. Auch dort sind steigende Strom- und Gaskosten Thema. In Lindenfels war „Luise“ das Ziel. Die Sammelunterkunft im früheren Krankenhaus beherbergt Flüchtlinge aus der Ukraine, die teilweise auch Tiere mitbringen. So war der Bogen gespannt zur Arbeit von Annette Maring.

Die Vorsitzende des Tierschutzvereins Lampertheim kümmert sich derzeit um elf Hunde und acht Katzen. Unterstützt wird sie von Annekatrin Geyer, die das seit 1960 bestehende Tierheim leitet. „Von einer verstärkten Nachfrage können wir trotz Weihnachten nicht sprechen“, berichtet Maring. Dafür habe man andere Probleme: „Viele Menschen wissen einfach nicht, worauf sie sich einlassen“, beklagt die Tierschützerin. Vorschnell würden die Vierbeiner angeschafft und Wesentliches vergessen, wie etwa Tierarztkosten oder der wichtigste Faktor: Zeit!

Generell lasse die Bereitschaft zur Erziehung nach. So mancher der durchschnittlich drei bis vier Interessenten pro Tier glaube zwar, „alles zu wissen“, sei dann jedoch überfordert und im schlimmsten Fall „psychisch am Boden“.

„Tier muss zum Menschen passen“

Beratung könne schnell „Hardcore“ werden, weiß man im Tierheim, gefragt sei ein buchstäblich dickes Fell. Bei Selbstüberschätzung werde es schwierig: Dem Mann mit Rollator den Labrador auszureden, sei auch schon geschehen – ein extremes Beispiel. Vonnöten sei Fingerspitzengefühl. Dabei gilt eine Regel: „Das Tier muss zum Menschen passen.“ Dass die Katze den Halter erwählt, ist völlig normal. Ein weiterer Trend: Finanziell drückt so manches Herrchen der Schuh, die Bitten um Tiernahrung häufen sich. In einigen Fällen hat man zwar Futter verteilt, ansonsten gibt es die Tiertafel Mannheim.

Vermehrtes Interesse am Haustier brachte Corona mit sich. Doch nicht immer haben die guten Tipps der Tierschützerinnen gefruchtet: „Eine Familie schaffte sich zwei Hasen an. Abgeben wollten sie dann 26.“ Um Impfung und Chippung kümmern sich Halter selbst, in Härtefällen sind Ausnahmen möglich. 20 Plätze für Hunde sowie fünf Zwinger für Katzen hält das Tierheim in Lampertheim vor. Eine bis drei Katzen können in einem Gehege leben, „je nach Sympathie füreinander“, scherzt Maring. Kleintiere sind selten zu Gast, zu anspruchsvoll ist ihre Haltung.

Regelmäßige, wenn auch nur vorübergehende Bewohner sind Fundtiere aus der Region: 100 Fundkatzen und 20 Hunde sind allein dieses Jahr einquartiert worden. Zur Aufnahme entlaufener Tiere bestehen Verträge mit Bürstadt und Lampertheim, demnächst auch wieder mit Biblis.

Unterdessen steigen die Kosten, bei Energie um das Doppelte. Der höhere Mindestlohn schlägt auf die Lohnkosten durch, kostspieliger werden auch Spezialversicherungen und Tierarzt. Zwar gibt es fürs Tierheim Zuschüsse, doch reichen diese kaum aus, ebenso wenig die Mittel aus der Vereinskasse. Hinzu kommen Handwerksarbeiten, die stark ins Gewicht fallen. Mehrere Pumpen mussten ersetzt werden, eines der Geräte schlug mit 3000 Euro zu Buche. Dieselbe Summe war zur Erneuerung des Warmwasser-Boilers aufzubringen. Im Frühjahr sind neue Anschlüsse im Außenbereich geplant.

Anbindung ans Trinkwassernetz

Steigende Kosten sind dabei nicht das einzige Problem des Tierheims: „Die Bücher der Handwerker sind voll, Verzögerungen damit nicht auszuschließen“, sagt Geyer. Die größte Investition steht außerdem noch bevor: Das Tierheim wird künftig per Leitung versorgt – 30 000 Euro soll die Anbindung ans Trinkwassernetz kosten. Der alte Brunnen hat ausgedient. So wird man um großzügige Zuschüsse nicht herumkommen.

Landrat Engelhardt ermunterte die Betreiber, sich bei seiner Behörde um Vereinsförderung zu bewerben. Er selbst überreichte eine kleine private Zuwendung. Auch anderweitig wollen Maring und Geyer Fördermittel beantragen: bei der Hessischen Lottogesellschaft.

An Spenden aus der Bevölkerung mangelt es derweil nicht: „Gerade an Weihnachten ist die Bereitschaft groß“, würdigen die Frauen den Einsatz der Bürger. Und auch der Tierschutzbund wurde aktiv, 3000 Euro flossen als Zuschuss für die gestiegenen Energiekosten.

Neben der Bitte, die Anschaffung eines Tieres stets gut zu durchdenken, appelliert Maring: „Niemals sollte man online kaufen!“ Richtiger Ansprechpartner für Interessenten sei idealerweise ein Tierheim, unter Umständen ein Züchter des Vertrauens.

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