Gesellschaft

Flucht aus Iran: Dorna Beizavi wird Klassenbeste in Lampertheim

Dorna Beizavis Flucht aus dem Iran und ihr Erfolg als Medizinische Fachangestellte in Lampertheim berühren.

Von 
Rosi Israel
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Die Medizin-Pädagogin Ann-Kathrin Jandretzki (links) unterstützt Dorna Beizavi. © Rosi Israel

Lampertheim. Es ist eine sehr emotionale Geschichte, die schon beim Zuhören Gänsehaut erzeugt. Dorna Beizavi berichtet von ihrer beschwerlichen Flucht aus dem Iran, dem steinigen Weg in Deutschland und davon, wie glücklich sie heute ist. Sie ist endlich angekommen – als Medizinische Fachangestellte in der Hausarztpraxis Dr. Seelinger & Kollegen in Lampertheim und in ihrem Wohnort Bürstadt.

Die 29-Jährige hat allen Grund zum Jubeln: Kürzlich schloss sie ihre dreijährige Ausbildung mit der Note Zwei ab. Mehr noch, sie kann sich sogar Klassenbeste nennen. „Die sehr guten Leistungen machen mich stolz“, sagt Dorna Beizavi im Gespräch mit dieser Redaktion. Ihre aufreibenden Erlebnisse bis hin zum leistungsstarken Ergebnis fasst sie unter der Überschrift „Mein Weg zum Erfolg“ zusammen.

Mutige Flucht und Neuanfang in Deutschland

Mit Beharrlichkeit verfolgte die junge Frau das Ziel, nach Deutschland zu kommen – wo bereits ihre Eltern lebten –, sich zu integrieren und ein selbstbestimmtes Leben aufzubauen. „Im Iran gibt es keine Menschenrechte“, so Dorna Beizavi und fügt hinzu: „Andersdenkende werden verfolgt und Frauen diskriminiert.“ Auf der Flucht war sie ganz auf sich allein gestellt. „Das war sehr hart“, schildert Beizavi. Zunächst floh sie in das Nachbarland Türkei, wurde von dort aber umgehend wieder in den Iran abgeschoben. Später wagte sie erneut einen Ausbruch aus der Islamischen Republik am Persischen Golf. „2019 bin ich mit dem Flugzeug geflogen. Kaum in Frankfurt gelandet, habe ich mich als Flüchtling gemeldet. Ich wurde menschenwürdig behandelt“, erzählt Dorna Beizavi.

Sie berichtet auch von den zahlreichen Stationen, die es zu bewältigen galt: „Die Zeit als Geflüchtete war sehr hart. Migration ist nicht einfach und das Leben als Asylbewerberin bringt viele Schwierigkeiten mit sich. Für mich war alles neu: das Land, die Sprache, das System“, erklärt Beizavi.

Von der Erzieherin zur Arzthelferin

Zunächst kam sie in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen in Gießen unter, wurde dort registriert und erkennungsdienstlich behandelt. Anschließend verschlug es sie erst nach Büdingen, vier Monate darauf nach Mörlenbach: „Ich dachte, das ist das Ende der Welt. Ich war alleine und bekam psychische Probleme. Darum habe ich Hilfe bei der Ausländerbehörde gesucht.“ Sie lebte weiterhin im Odenwald und fuhr mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Mannheim zur Arbeit. „Ich habe ein Praktikum in einer Frauenarztpraxis gemacht und gemerkt, dass die Arbeit als Arzthelferin meine Welt ist. Es macht mir große Freude, anderen Menschen zu helfen, für sie da zu sein und ihnen ein Lächeln zu schenken“, berichtet die Geflüchtete.

Im Iran hatte sie bereits eine Ausbildung zur Erzieherin absolviert. Da ihre Deutschkenntnisse jedoch noch nicht ausreichend waren, entschied sie sich dagegen, diesen Weg weiterzuverfolgen. „Ich erhielt zunächst keine Aufenthaltsgenehmigung. Ich habe einen Online-Kurs gemacht und die Prüfung bestanden und mich dann bei der Agentur für Arbeit gemeldet.“ Marion Persson vom Diakonischen Werk unterstützte sie mit Beratungsgesprächen und bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen. Ihren Deutschkurs B2 meisterte Dorna Beizavi ebenfalls erfolgreich. „Schließlich habe ich mich bei der Hausarztpraxis Seelinger beworben“, sagt Beizavi.

Hoher Blutdruck? Dorna Beizavi übt das Messen an der Medizin-Pädagogin Ann-Kathrin Jandretzki (r.). © Rosi Israel

Nun hieß es, sich auf den Hosenboden zu setzen, um das Praktikum und die anschließende dreijährige Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten zu absolvieren. Während dieser Zeit lebte sie in der Lampertheimer Flüchtlingsunterkunft in der Florianstraße, was sich als sehr schwierig erwies. „Es waren viele Flüchtlinge verschiedener Nationalitäten auf engem Raum – wie sollte ich da in Ruhe lernen?“, erinnert sich Beizavi. Wieder sprang das Ehepaar Seelinger helfend ein und vermittelte Dorna Beizavi eine Wohnung in Bürstadt.

Ihr Glück wurde vollständig, als sie heiratete. Zudem lernte sie fleißig für die Führerscheinprüfung und engagierte sich in der Integrationskommission in Lampertheim. Nun schien alles gut zu werden. Doch während ihrer Ausbildung an der Karl-Kübel-Schule wurde ihr von einer Lehrkraft Steine in den Weg gelegt. „Ich habe viel geweint, aber ich habe nie aufgegeben. Ich habe jeden Tag gelernt – ich wollte zeigen, dass ich etwas kann und bereit bin, hart zu arbeiten“, berichtet die tapfere Frau.

Unterstützung und Dankbarkeit auf dem Ausbildungsweg

In der praktischen Phase, in der Hausarztpraxis, erfuhr sie viel Herzlichkeit. Das gesamte Personal stand ihr als Mentoren zur Seite und machte ihr Mut, weiterzumachen. Die Medizinpädagogin Ann-Kathrin Jandretzki vermittelte ihr das medizinische Fachwissen, um sie zur qualifizierten Fachkraft auszubilden. „In diesem Team fühle ich mich wirklich wohl, und ich möchte mich bei allen für ihr Vertrauen bedanken“, sagt die frisch gebackene Medizinische Fachangestellte.

Ihr Dank geht auch an ihre Eltern und ihren Mann, die an sie geglaubt und sie unterstützt haben. „In dieser Zeit habe ich gesehen, dass man mit Fleiß, Geduld und Unterstützung viel erreichen kann – auch wenn der Weg nicht einfach ist. Ich bin stolz, ein Teil dieser Gesellschaft zu sein, und hoffe, dass meine Geschichte anderen Menschen Mut macht.“

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