Biblis. In Biblis stellt das Rheinhochwasser die Feuerwehren vor große Herausforderungen. „Wir haben seit 7 Uhr eine durchgehende Deichwache eingerichtet“, berichtet Gemeindebrandinspektor Christoph Neumann am Montagvormittag. Zusätzlich war die Mithilfe der Feuerwehrleute aus Biblis und der Region sowie von Werksfeuerwehren aus dem Umkreis gefragt. Sie stellen auf dem am Rhein gelegenen Kraftwerksgelände einen Teil ihrer Pumpen zur Verfügung, um Druckwasser abzupumpen. Dort drückt aus dem Untergrund Wasser auf die freie Fläche, auf der früher die beiden Kühltürme von Block A standen. Sie sind im vergangenen Jahr abgerissen worden.
„Dieser Bereich liegt tiefer als das restliche Kraftwerksgelände, das aufgeschüttet wurde“, erklärt RWE-Sprecher Alexander Scholl auf Nachfrage. Weder das Areal, auf dem der Rückbau des Atomkraftwerks läuft, noch die Flächen mit den Lagerhallen für Atommüll seien von dem Druckwasser betroffen. Das Wasser von der tiefer gelegenen Ebene laufe in den Objektschutzgraben oder auf die angrenzenden Felder und in das Grabensystem, das die Äcker entwässern soll.
Wasser zurück in den Rhein gepumpt
Um das Grabensystem nicht zusätzlich zu den bereits vorhandenen Wassermengen durch den Dauerregen zu belasten, werden Pumpen eingesetzt. „Damit können wir das an die Oberfläche getretene Druckwasser in den Rhein zurückleiten“, erklärt Scholl. Warum der ehemalige Standort der beiden abgerissenen Kühltürme unter Wasser steht, sei noch nicht geklärt. Die Suche nach der Ursache gehe weiter.
Mindestens bis Dienstag werden die Bibliser Feuerwehrleute 24 Stunden am Tag entlang der Deiche im Dienst sein. „Sie sind in Zwölf-Stunden-Schichten eingeteilt“, sagt der Gemeindebrandinspektor. So werde gewährleistet, dass regelmäßig jemand auf den Deichwegen unterwegs ist und überprüft, ob der Schutzwall hält. Zwischendurch geht’s zurück ins Feuerwehrgerätehaus. Unterstützt werden die Feuerwehrleute von der DLRG und dem Roten Kreuz. Die permanente Überwachung der Deiche könne erst dann gelockert werden, wenn der Rheinpegel 6,50 Meter unterschreite, sagt Christian Neumann.
„Die Zufahrtsstraßen zum Rhein in Nordheim sind gesperrt“, betont der Gemeindebrandinspektor. Er appelliert auch an die Bevölkerung, auf Spaziergänge in der Nähe der überschwemmten Gebiete zu verzichten. Wildtiere könnten ansonsten auf ihrer Flucht vor den Wassermassen gefährdet werden.
Auch an den Ufern Lampertheims wird die Hochwasserlage genau beobachtet. Wie Erster Stadtrat Marius Schmidt auf Anfrage sagt, hat das Regierungspräsidium Darmstadt eine 24-stündige Deichwacht angeordnet, die Mitarbeiter der Stadtverwaltung seien am Montagmorgen eingewiesen worden.
„Die Situation war zunächst angespannt, aber noch nicht kritisch“, fügt Schmidt hinzu. Personen seien glücklicherweise bisher nicht zu Schaden gekommen. Doch seien beispielsweise am Altrhein einige Bäume von den Wassermassen weggespült worden.
Auch die Flächen rund um die Rheinbrücke zwischen Lampertheim und Worms sind am Montag überflutet. Nach Angaben von Marius Schmidt stand auch eine Lampertheimer Gaststätte in der Nähe des Rheins im Wasser.
Der Rheinpegel liegt am Montagnachmittag bei Worms bei 6,71 Metern. Nach Prognosen der Hochwasservorhersagezentrale Rheinland-Pfalz soll der Pegel am frühen Dienstagmorgen den Höhepunkt mit etwa 7,4 Metern erreichen, danach sei zunächst mit einem Rückgang zu rechnen.
Feuerwehr rettet verirrtes Rehkitz
In Lampertheim wurden bereits am Wochenende Ufergebiete abgesperrt, damit sich Wildtiere dorthin zurückziehen können. Im Bereich Wehrzollhaus hatten Hofheimer Feuerwehrleute nach Angaben von Wehrführer Heiko Seib am Sonntag ein verirrtes Rehkitz gerettet. „Wir appellieren an die Menschen, die Absperrungen ernst zu nehmen und den gebotenen Abstand einzuhalten“, sagt Marius Schmidt als Dezernent für das Ordnungsamt.
Im Lampertheimer Stadtteil Rosengarten, seien die Keller einiger Anwohner unter Wasser gestanden. „Solche Fälle gibt es bei Hochwasser stets. Das ist sehr ärgerlich für die betroffenen Menschen. Andererseits haben wir zum Glück hier kein Land unter, so dass zumindest aktuell keine größere Gefahr besteht“, sagt Oliver Schmitt, Vorsitzender der Bürgerkammer Rosengarten. Gleichwohl, so Schmitt, wirkten sich extreme Wetterereignisse wie Starkregen oder auch länger anhaltende Trockenheit im Stadtteil aus. So habe es wenige Tage vor dem aktuellen Hochwasser Absenkungen am Stephansgraben nahe der B 47 gegeben. „Das könnte durchaus mit dem Einfluss extremer Wetterlagen zu tun haben“, mutmaßt Schmitt.
Landwirte von Überflutungen betroffen
Von den aktuellen Überflutungen sind auch die Landwirte betroffen. „Allein auf dem Biedensand ist aktuell eine Anbaufläche von 120 Hektar überschwemmt“, berichtet Willi Billau vom Starkenburger Kreisbauernverband. Auch in anderen Gebieten im Ried stehen demnach Felder unter Wasser. „Egal, ob es um Getreide geht oder etwa um Zuckerrüben, es ist jetzt schon klar, dass es Ausfälle geben wird.“ Zahlreiche Bauern müssten ihre Umsatzprognosen neu kalkulieren.
Die Arbeit der Lampertheimer Feuerwehr und der Wehren aus den Stadtteilen zieht sich am Montag bis in den Abend hin. Neben dem Einsatz in Biblis sind 70 Feuerwehrleute auch im Technischen Zentrum der Stadt wegen des Hochwassers beschäftigt. Dort füllen sie laut Erstem Stadtrat zusammen mit Mitarbeitern des Städtischen Bauhofs 5000 Sandsäcke, die andernorts in Südhessen am Rhein gebraucht werden.
Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) setzt nun vorerst eine Wetterberuhigung ein. Am Dienstag soll es tagsüber niederschlagsfrei bleiben.
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