Workshop

Eltern und Kinder erlernen in Lampertheim den Orgelbau

Eine Orgel selbst zusammenbauen: Dieser Herausforderung haben sich in Lampertheim Eltern und Kinder gestellt. Drei Workshops fanden jetzt in Sankt Andreas statt.

Von 
Dirk Timmermann
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14 junge Teilnehmer bauen eine Orgel, angeleitet von Maria Karb (r.). © Dirk Timmermann

Lampertheim. „Wer von euch hat schon mal ein Haus gebaut?“ Als Maria Karb ihre jüngsten Teilnehmer fragt, spielt sie auf Lego und Duplo an. So mancher hat damit Erfahrung. Doch was die Kinder in der nächsten Stunde errichten, wird weit über Spielzeug hinausgehen. Gemeinsam entsteht eine Orgel. „Der Bausatz stammt von Gregor Knop aus Bensheim“, erklärt die Organistin der Sankt-Andreas-Gemeinde in Lampertheim. Neben dem Orgelbausatz des Regionalkantors hat das Bistum Mainz zwei weitere Bausatzorgeln beschafft. Die Funktionsweise des Instruments nicht nur theoretisch zu erlernen, sondern durch eigenes Tun zu „begreifen“ – darum geht es im Orgelbau-Workshop.

127 Teile müssen an den richtigen Platz, damit die Orgel klingt

Sechs Kurse finden in Lampertheim statt, an diesem Samstag drei nacheinander. Mit Sozialpädagogin Julia Metzner und Grundschul-Referendarin Julia Schmitt wirken zwei Assistentinnen mit. Verpackt ist die künftige Orgel in zwei großen Koffern. Die Teile sind nummeriert. 127 Elemente müssen verbaut werden. Was alles dazugehört, sorgt für große Kinderaugen: Seitenteile, Querstreben, Holzkeile, Tastendruckleiste, Tastenauffangleiste, zwei Blasebälge, Windlade, Windrohr, Gewichte, 24 Tasten und nicht zuletzt 48 Pfeifen, von denen die Hälfte offen und der Rest gedeckt ist.

127 Einzelteile enthält der Orgelbausatz von Regionalkantor Gregor Knop aus Bensheim. © Dirk Timmermann

Doch wie fängt man beim Orgelbau an? „Zunächst braucht ihr einen Fuß!“, instruiert Maria Karb. Genau wie beim Haus entscheide das Fundament. So schaffen die Kinder aus Seitenteilen und Querstreben ein Grundgerüst, zu dem die Blasebälge hinzukommen. Die Eltern packen mit an. „Der Windkanal ist notwendig, um die Orgel mit Luft zu befüttern“, erläutert Maria Karb.

Es folgen in weiteren Schritten die Tastatur sowie die Verbindung zum Pfeifenstock, bevor die Pfeifen montiert werden. Für diesen Job meldet sich Adrian, der mit Enthusiasmus dabei ist und dem Entstehen der Orgel entgegenfiebert. Dann gibt es die ersten Töne – wobei die Register unterschiedliche Klänge erzeugen. Schon ist die Arbeit erledigt! „Voll funktionsfähig, zwei Oktaven, zwei Pfeifensätze“, resümiert Maria Karb, „ein richtiges Instrument!“

Sozialpädagogin Julia Metzner (l.) begutachtet das „Fundament“. © Dirk Timmermann

„Wir wollen die Begeisterung für die Musik und die Technik der Orgel wecken“, unterstreicht die Kursleiterin. Und das scheint auch dringend geboten: Immer mehr Kirchen würden geschlossen, Orgeln ausgebaut, berichtet die Musikerin, die den Ephata-Gospelchor leitet. Umso schöner sei es, dass die UNESCO im Jahre 2017 den Orgelbau und die Orgelmusik in Deutschland zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erhoben hat. Rund 400 handwerkliche Orgelbaubetriebe mit etwa 2.800 Mitarbeitern, 180 Auszubildenden und 3.500 hauptamtlichen und zehntausenden ehrenamtlichen Organisten prägen hierzulande das Handwerk sowie die Kunst der Orgelmusik.

Einen Aufschwung erlebt das Instrument aktuell durch Anna Lapwood. Bei ihren jüngsten Konzerten im Kölner Dom lauschten 13.000 Besucher der 30-jährigen Britin. Die Idee zum Bausatz in Lampertheim stammt indes aus den Niederlanden. Die sogenannte „Doe-Orgel“ entstand im Jahr 2009 und geht auf Orgelbaumeister Wim Janssen zurück. Im Vergleich zum Original wurde der Bausatz vereinfacht: Andreas Schiegnitz aus Obrigheim entwickelte die Doe-Orgel weiter und realisierte den heutigen Standard. So lässt sich die Bausatzorgel von Kindern mit Unterstützung auf einfache Weise zusammensetzen.

Workshops kommen in Lampertheim gut an

Mit dem Orgelbau-Workshop in Lampertheim hat Sankt Andreas Neuland betreten. Eine echte Premiere sei das Event für Kinder und Erwachsene, wissen die Initiatoren. Um den Lerneffekt zu erhöhen, war die Teilnehmerzahl auf 15 begrenzt. Drei Kurse gab es allein im Lessing-Gymnasium (LGL): eine sechste und eine elfte Klasse, dazu der Musik-Leistungskurs. Die Nachfrage war beträchtlich, bestätigt Maria Karb. So fand ein Kurs dann doch mit 30 Teilnehmern statt, wenngleich ansonsten der Grundsatz gelte: „Je kleiner, umso intensiver!“

Auch in der Kirche in Lampertheim kommt das Bauen gut an: „Am besten fand ich den Blasebalg“, befindet der kleine Jarne, nachdem das Instrument steht. Was hat ihn am meisten beeindruckt? „Dass es so richtig schön Luft macht“, meint der Sechsjährige. Für Nicolas ist das Orgelspielen nach getaner Arbeit „am coolsten“. Der Zehnjährige hat den Workshop mit seinem Vater besucht. Doch nicht nur der Bau des „majestätischen Instruments“ ist Ziel der Veranstaltung. Nachdem man gespielt und gesungen hat, wird die Orgel wieder zerlegt. Jedes einzelne Teil muss zurück in den Koffer. Eine letzte Herausforderung, die jedoch schnell gemeistert ist.

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