Lampertheim. Holz ist Jürgen Krämers Werkstoff: Ob er nun Türen montiert, Fenster ein- oder Einbauschränke aufbaut - der Schreiner hat bei seiner Arbeit eigentlich immer mit dem Naturmaterial zu tun. Holz ist aber auch seine Leidenschaft: Der Lampertheimer liebt Didgeridoos. Und weil er nun mal so gut mit Holz umgehen kann, baut er die Blasinstrumente auch gleich selbst.
Vor dreieinhalb Jahren fängt alles an: 2008 machen Jürgen Krämer und seine Frau Stephanie Ackermann mit einem befreundeten Paar eine Australien-Rundreise - in viereinhalb Wochen entdecken sie den Kontinent. Ein lange gehegter Traum, endlich verwirklicht? Die beiden lachen. "Eigentlich nicht", sagt Krämer. "Unsere Freunde haben gefragt, und wir haben spontan gesagt: Da kommen wir mit!"
Die Liebesgeschichte mit den Didgeridoos beginnt dann in Darwin. "Auf einem Markt habe ich so ein kleines gesehen, das ich auch im Flugzeug mitnehmen konnte", erzählt Krämer. "Das musste ich haben." Spielen kann er es da allerdings (noch) nicht. Zurück in Deutschland meldet seine Frau ihn und sich selbst bei einem Volkshochschul-Kurs im Didgeridoo-Spielen in Heilbronn an. "Da habe ich dann Feuer gefangen", sagt er.
Seitdem übt er nahezu täglich - so oft, dass Stephanie Ackermann zuweilen schon genervt ist. "Dabei liebe ich den Klang eigentlich: diese tiefen Töne, die man im Bauch spürt. Die gefallen selbst unserem Kater", sagt sie und lacht. "Aber wie bei jedem Instrument macht das Zuhören beim Üben nicht immer Spaß."
Auf die Idee, seine Instrumente selbst zu bauen, bringt ihn der Kursleiter. "Ich habe ja alle erforderlichen Maschinen in meiner Werkstatt - warum also nicht?" Krämer schneidet Dielenbretter zu zwei Didgeridoo-Hälften zu, hobelt sie, fräst sie aus, leimt sie zusammen, glättet und lackiert sie außen und ölt sie innen - immer dann, wenn er in der Werkstatt gerade etwas Luft hat, aber auch nach Feierabend. "Wenn man dann zum ersten Mal einen Ton aus dem selbstgebauten Instrument rausbringt - das ist begeisternd!"
Der Klang seiner Blasrohre unterscheidet sich nicht von dem, der sich mit den Instrumenten der Aborigines erzeugen lässt, sagt Krämer. Die Entstehungsart dafür umso mehr: Die Originale sind aus Eukalyptus-Ästen gemacht, die Termiten ausgehöhlt haben. Krämers Instrumente sehen daher akkurater und ebenmäßiger aus als die naturgewachsenen - irgendwie typisch deutsch. "Ich möchte keine Kopien anfertigen", sagt der 48-Jährige. "Meine Didgeridoos sind einzigartig."
Blasrohre zum Verkauf
Nun stehen sie in seinem Büro, fein säuberlich aufgereiht, in unterschiedlichen Größen, Formen und Farben: Manche reichen nur bis zur Brust, manche sind mannshoch. Einige sind bemalt mit Ornamenten und geometrischen Figuren, andere haben Einlagerungen. Es gibt Didgeridoos aus Eiche und welche aus Kirschbaum, Birke und Ahorn - die Variationen scheinen unendlich. "Ich hätte schon noch ein paar Ideen", sagt Jürgen Krämer. Seine Frau schaltet sich ein: "Wo sollen die denn alle hin?"
Für dieses Problem gibt es eine Lösung: "Ich würde die Didgeridoos auch verkaufen", sagt der Schreiner. Zwei Bekannte hätten schon zugeschlagen, einer habe vorher nur auf Bambus-Instrumenten gespielt und sei den scheppernden Klang leid gewesen. Auftragsarbeiten würde er auch übernehmen.
Billig ist der südhessische Blasrohr-Spaß aber nicht: Rund 240 Euro muss schon hinblättern, wer ein Instrument ohne Schnickschnack will. "Dafür ist es liebevolle Handarbeit aus hochwertigem Material", sagt Krämer. "Leider wissen das immer weniger Menschen zu schätzen." Seine sanfte Stimme klingt plötzlich fast ärgerlich. Früher habe er für seine Kunden oft Möbel oder Küchen komplett gebaut, erzählt er. "Heute rennen alle zu Ikea - und mit diesen Preisen kann ich natürlich nicht mithalten." Er werde dann oft nur mit der Montage von Möbeln beauftragt. Der Didgeridoo-Bau ist da eine willkommene Abwechslung: "Da kann ich mal wieder Massivholz individuell gestalten - und das war ja der eigentliche Grund, weshalb ich Schreiner geworden bin."
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