Kriminalität

Angriff im Wald - Erinnerungen an Lampertheimer Bluttat werden wach

In Mannheim wurde eine Frau mit einem Messer bedroht. Der Fall im Käfertaler Wald erinnert an den gewaltsamen Tod einer Joggerin in Lampertheim vor einem halben Jahr. Gibt es einen Zusammenhang?

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Stephen Wolf
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Mitte September sucht ein Polizeitrupp nach Spuren, nachdem eine getötete Frau im Lampertheimer Wald entdeckt wurde. © Berno Nix

Mannheim/Lampertheim. Seit dem gewaltsamen Tod einer zweifachen Mutter im Lampertheimer Wald ist mehr als ein halbes Jahr vergangen. Die Leiche der 36 Jahre alten Frau war am 16. September mit mehreren Stichverletzungen auf einem Waldweg unweit der Grillhütte Heidetränke im Stadtteil Neuschloß entdeckt worden.

Die Ermittlungen gestalten sich schwierig. Der Fall ist eine Herausforderung für die Beamten der zuständigen Mordkommission. So gibt es bisher beispielsweise keinen Anhaltspunkt für eine Beziehungstat. Ein Motiv ist bislang nicht sichtbar geworden. Ist es also möglich, dass die Lehrerin zufällig ein Opfer tödlicher Gewalt wurde?

Die Auswertung hunderter DNA-Proben brachte bisher keine greifbaren Ergebnisse. Mehr als 1100 Männer waren von den Ermittlern dazu aufgefordert worden, freiwillige Speichelproben abzugeben. Nicht alle konnten zunächst erreicht werden, aber die bisher entnommenen Proben werden mit Spuren abgeglichen, die am Tatort und an persönlichen Gegenständen der Toten sichergestellt worden waren. Soweit bekannt, kam dabei noch nicht viel heraus.

Hundehalterin mit Messer bedroht

Aktuell erinnert ein Fall in Mannheim an die Bluttat in der südhessischen Nachbarstadt. So wurde am Sonntagmorgen eine 59 Jahre alte Frau im Käfertaler Wald von einem Unbekannten mit einem Messer bedroht. Nach Angaben der Polizei soll der schwarz gekleidete Mann zwischen 30 und 40 Jahre alt gewesen sein. Er sei der Hundehalterin auf einem Waldweg zwischen Autobahn und Weinheimer Weg bedrohlich nähergekommen. In der Hand habe er ein Messer gehalten, dessen Klinge etwa 25 Zentimeter lang war. Schließlich habe der Hund der Spaziergängerin den Unbekannten in den Arm gebissen, der sei dann in Richtung Karlstern geflüchtet.

Blaulicht

Frau wird in Mannheim mit Messer angegriffen

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Nina Höll
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Auch wenn die Frau nicht verletzt wurde, der Fall erinnert auf schmerzhafte Weise an den Fall in Lampertheim. Nicht nur wurde in beiden Fällen ein Messer beziehungsweise eine Stichwaffe verwendet, auch die geografische Nähe lädt zu Mutmaßungen ein: Der kürzeste Weg zu Fuß oder mit dem Rad zwischen beiden Tatorten beträgt nicht einmal zehn Kilometer.

Auch die ungewöhnliche Tatzeit am Vormittag fällt auf. Die tote Frau in Lampertheim wurde von Passanten am Vormittag entdeckt. Als nun in Mannheim ein Unbekannter plötzlich mit einem Messer vor einer Frau stand, war es nach Polizeiangaben 8.45 Uhr. Bisher sehen weder Ermittler in Südhessen noch Beamte in der Quadratestadt einen Zusammenhang. „Das kann sich im Laufe der Ermittlungen natürlich noch ändern“, sagt Philipp Kiefner, Sprecher der Mannheimer Polizei. Zwar stehe man auch überregional miteinander in Kontakt, dafür sorge schon eine regelmäßige Informationsauswertung, aber zurzeit gebe es schlicht keine Hinweise dafür, dass es einen Zusammenhang beider Taten gibt.

Weitere DNA-Proben im Lampertheimer Fall genommen

Mit Blick auf den Fall in Mannheim habe man noch keinen Tatverdächtigen ermittelt. Der gepflegt wirkende Glatzenträger soll zwischen 1,70 bis 1,80 Meter groß gewesen und von kompakter Statur gewesen sein. Es gibt erste Hinweise, denen die Polizei nachgeht. Wie der Sprecher sagt, hat sich eine Zeugin gemeldet, die schön öfter einen Mann im Käfertaler Wald bemerkt haben will, zu dem die Beschreibung passe. „Es ist nicht auszuschließen, dass es sich dabei um einen psychisch verwirrten Mann handelt“, sagt der Polizeisprecher. Wer greife schon eine Frau an, die mit einem ausgewachsenen Huskie unterwegs ist? Immerhin ein Hund, der am Ende für den Angreifer selbst gefährlich werden kann. „Und das war dann ja auch der Fall“, sagt Kiefner. Die Tat in Lampertheim hingegen wirke nicht wie die Tat eines Verwirrten.

Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch die Mordkommission, die den Lampertheimer Fall bearbeitet. Wie Robert Hartmann von der zuständigen Staatsanwaltschaft in Darmstadt dazu sagt, haben auch die südhessischen Ermittler den jüngsten Fall in Mannheim betrachtet. „Es gibt allerdings aktuell keinen dahingehenden Beweis, dass es sich in beiden Fällen um denselben Täter handelt“, fügt der Oberstaatsanwalt hinzu. Weitere Details nennt er nicht. Gleichwohl gebe es mit Blick auf die DNA-Proben in Lampertheim eine neue Entwicklung. So habe man jüngst auch Männern Speichelproben entnommen, die zunächst nicht zu erreichen waren. „Diese Proben werden jetzt ausgewertet“, heißt es von der Staatsanwaltschaft. „Wir können aktuell nicht ausschließen, dass auch zukünftig von weiteren Personen noch Proben entnommen und ausgewertet werden“, heißt es weiterhin.

Wenn Erinnerungen wieder wach werden

Für viele Menschen wäre die Aufklärung der Bluttat eine Erleichterung, sagt Carola Biehal, Ortsvorsteherin im Lampertheimer Stadtteil Neuschloß. „Die Tat ist im Stadtteil noch immer präsent, die Leute reden nach wie vor darüber“, fügt sie hinzu. Auch würden gerade Frauen noch immer den Wald meiden. „Vieles ist unklar, selbst ein mögliches Motiv ist schwer vorstellbar“, sagt die Lokalpolitikerin von der SPD. Ohne greifbares Motiv, so schlussfolgert sie, könnte die getötete Frau auch ein Zufallsopfer sein. „Das sorgt für Nervosität. Schließlich könne es dann jeden treffen.“

Lampertheims Bürgermeister Gottfried Störmer (parteilos) weiß aus eigener Erfahrung, dass solche Taten lange nachwirken. Wie der frühere Kriminalbeamte sagt, setzen sich die meisten Menschen nach und nach weniger mit einer solchen Tragödie auseinander. „Aber jedes Mal, wenn es einen bestimmten Impuls gibt, etwa ein vergleichbarer Fall bekannt wird, erinnern sich Menschen wieder an die Tat in der eigenen Umgebung.“ Auch eine bedrohliche Situation, wie sie sich vor einigen Tagen in der Nachbarstadt zugetragen hat, dürfte in Lampertheim schmerzhafte Erinnerungen wecken. Selbst wenn kein Zusammenhang erkennbar ist.

Lampertheim, nahe der Grillhuette "Heidetraenke" wurde die getötete Frau entdeckt. © Berno Nix

Redaktion

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