Integration

Anglistin aus Damaskus in Lampertheim: „Deutschland hat mich umarmt!“

Die syrische Englisch-Lehrerin Sanaa Tibi kam vor drei Jahren mit ihren beiden Kindern nach Lampertheim, wo sie sich etwa beim Hilfsprojekt EMIL engagiert. Bald will sie unterrichten.

Von 
Dirk Timmermann
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Sanaa Tibi (39) kam mit ihren Kindern Qais und Lima (beide 11) aus Damaskus nach Lampertheim. © Dirk Timmermann

Lampertheim. „Deutschland hat mich umarmt!“ Wenn Sanaa Tibi über ihre neue Heimat spricht, schwingt Begeisterung mit. So hilfsbereit wie hierzulande seien die Menschen daheim nicht gewesen, erzählt die 39 Jahre alte Syrerin. „So viel Unterstützung, so viele nette Menschen“ hat die Englisch-Lehrerin aus Damaskus nach eigenem Bekunden bisher erleben dürfen.

Geflüchtet vor dem Bürgerkrieg war zunächst ihr Ehemann 2017. Im Rahmen des Familiennachzugs folgte sie fünf Jahre später mit ihren Zwillingen Qais und Lima. Die Ehe ging auseinander, als alleinerziehende Mutter sei der Anfang nicht einfach gewesen. Sprache und neue Gepflogenheiten waren die größten Hemmnisse. Zu den Unterstützern der ersten Stunde gehörten das Jobcenter „Neue Wege“, zwei engagierte Rathaus-Mitarbeiterinnen und allen voran die Helfer von „EMIL“. Das ehrenamtliche Projekt, das „einfach miteinander in Lampertheim“ zu verwirklichen sucht, entstand bereits 2014 (wir berichteten). Gemeinsam mit Jörg und Rita Lüling sowie mit Dieter Graef ist Frank Hurrle die treibende Kraft.

Sanaa Tibi engagiert sich ehrenamtlich

Ein Unterstützungsangebot für Bedürftige und Geflüchtete aufzubauen, war das erklärte Ziel des Klavierlehrers und seiner Mitstreiter. „Radrepairshop“, Elektrowerkstatt und eine Schneiderei sind die Eckpfeiler seines Projekts. Im Hilfeladen von „EMIL“ können zudem samstags von 10 bis 12 Uhr Babysachen, Spielzeug und Haushaltsgegenstände vorbeigebracht werden. Menschen mit geringem Einkommen können so günstig einkaufen. Mehrere Geflüchtete helfen bei „EMIL“ mit, darunter auch Sanaa Tibi, die möglichst bald als Lehrerin arbeiten möchte.

Im September beginnt sie ein Unterrichtspraktikum an der Goethe-Schule. Beim Spracherwerb griff sie auf „LernMobil“ zurück. Der Viernheimer Verein ist auf Integrationsangebote im Kreis Bergstraße spezialisiert. Menschen unterschiedlicher Herkunft sollen die Möglichkeit erhalten, ihre Potenziale zu entwickeln, um an der Gesellschaft teilzuhaben. Das Leitmotiv lautet „Integration durch Bildung“.

Die Lehrerin aus Syrien strebt die Einbürgerung an

Inzwischen beherrscht Tibi Deutsch auf C1-Niveau. Einen Vorteil im Vergleich zu anderen Geflüchteten hat die Syrerin für sich schnell erkannt: „In Deutschland spricht fast jeder englisch!“ So machte das Studium der englischen Literatur, das sie mit einem Bachelor an der Uni Damaskus abgeschlossen hat, den Einstieg um manches leichter. Mit der eigenen Wohnung hat es geklappt, Probleme bereitete die Fahrerlaubnis: Der syrische Führerschein reichte nicht aus. So hat Sanaa Tibi die theoretische Prüfung in Deutschland erfolgreich abgelegt.

„In drei Jahren werde ich viel gemacht haben“, kündigt sie selbstbewusst an. Als Lehrerin will sie sich etablieren, auch ihre Zwillinge sollen weiter gut Fuß fassen. „Deutschland ist wie meine Familie“, bekennt Sanaa Tibi. Wie bewertet die studierte Anglistin die Situation in ihrer alten Heimat? „Insgesamt schon besser“ sei die Lage nach dem Sturz von Diktator Assad. Doch brauche das arabische Land „viel Zeit, um sich zu entwickeln“, glaubt die Lampertheimerin, die regelmäßig Kontakt zu ihren Eltern in Syrien hält.

Sanaa Tibi kam mit ihren beiden Kindern Qais und Lima (beide sind elf Jahre alt) aus Damaskus nach Lampertheim. © Dirk Timmermann

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