Vor 14 Jahren liest Christine Bignion aus Ladenburg in einer winzigen Anzeige im damaligen Regionalmagazin „Meier“ vom 2007 gegründeten Bogensportclub (BSC) Heidelberg. „Der damals gerade drei Jahre junge Verein hat für Schnupperkurse geworben, und da bin ich einfach mal hingegangen“, erinnert sich Bignion. Es war ein Volltreffer. „Ich bin infiziert worden“, sagt sie lachend. Heute ist Bignion nämlich nicht nur mehrfache Badische Landesmeisterin und Rekordinhaberin in zwei Verbänden, sondern seit 2016 auch BSC-Vorsitzende.
„Ich bin schon immer sportlich, wollte mal etwas Neues ausprobieren und schauen, was noch in mir steckt“, sagt die frühere Volleyballerin, Klettersportlerin, Squash-Spielerin und bis heute in Neckarau aktive Drachenbootpaddlerin. Sie wandert auch gerne. Doch so fasziniert wie vom Bogenschießen war die in Mannheim geborene Frau vorher noch nie.
„Das ist ein Sport, bei dem man stillhalten können und unheimlich konzentriert sein muss“, erklärt sie. Für einen extrovertierten Charakter, der sich gerne auspowere, sei das herausfordernd. „Da hatte ich etwas zu lernen“, verdeutlicht die Mutter von zwei erwachsenen Kindern den hinter ihr liegenden Entwicklungsprozess. Beruflich ist die 57-jährige Diplom-Grafikdesignerin im Marketingbereich tätig.
Noch etwas schätzt sie an ihrem Hobby, für das sie dreimal wöchentlich trainiert: „Ich mag das Vereinsleben, und der BSC ist wirklich eine tolle Truppe.“ Das jahrelange Bogenschießen hat Bignion verändert. Es wappnet sie gegen Alltagsstress. „Ich bin durch das Bogenschießen im Leben fokussierter geworden und in vielem sehr viel gelassener und souveräner als früher“, sagt sie.
Titelkämpfe im Köpfel
- Der Bogensportclub (BSC) Heidelberg richtet am Samstag, 27., und Sonntag, 28. Januar, Badische Landesmeisterschaften aus.
- Am Start sind 320 Teilnehmende aller Altersklassen.
- Die Wettkämpfe in der Heidelberg-Ziegelhausener Sporthalle Köpfel (Stiftweg 32) beginnen jeweils um 9.30 Uhr und enden zwischen 17.30 und 18 Uhr.
- Es gibt je zwei Durchgänge in den Disziplinen Blank- und Compoundbogen (Samstag) sowie olympischer Recurvebogen (Sonntag).
- Der Eintritt ist frei.
Inzwischen gibt sie längst selbst Schnupperkurse. „Da höre ich immer, wie die Leute staunen, dass Bogenschießen viel anstrengender ist, als sie dachten“, berichtet Bignion. „Boah, hab’ ich schwere Arme, mir tut alles weh“ – so heiße es oft nach den ersten Übungseinheiten. Nach zwei Stunden seien die meisten Anfänger auch geistig erschöpft. Für gute Bogenschützen seien eben sowohl Konzentrationsvermögen als auch Feinmotorik und Haltemuskulatur unerlässlich.
Millimeter entscheiden
„Es sind Millimeter in der Haltung, die über ein gutes oder schlechtes Ergebnis entscheiden, und das erfordert mehr als bei vielen anderen Sportarten ständige Wiederholung“, weiß Bignion. Einen halbwegs guten Schuss erreiche man schnell, aber jeder Ring mehr auf der Scheibe erfordere gesunde Schultern und Arme, einen festen Stand oder Sitz, s Körperspannung und vor allem „irre viel Training“. Essenziell sei auch das Mentale: „Zweifel an sich selbst ist der schlimmste Feind.“
Weil ihr die Sportart offensichtlich liegt, konnte Bignion 2018 einen 16 Jahre alten Rekord verbessern. Das alles setzt Fleiß und Selbstdisziplin voraus. Schreckt das Anfänger womöglich ab? Bignion räumt offen ein: „Zwar muss man nicht ausgesprochen sportlich oder ausdauernd sein, aber für viele ist es offenbar schwierig dranzubleiben und regelmäßig zu trainieren.“ Dennoch habe der Verein bis zum Ausbruch der Coronapandemie keine Nachwuchsprobleme gehabt. „Im Moment haben wir aber nur wenige Jugendliche“, bedauert die Vorsitzende. Dabei stehe die Sportart bei Olympia hoch in der Zuschauergunst. Auch Fantasyfilme, in denen Pfeil und Bogen eine Rolle spielten wie bei der bislang fünfteiligen Reihe „Tribute von Panem“, bescherten dem BSC stets viele Anfragen.
Auch im Freiluftgelände
„Es ist eine Sportart, die im Grunde jeder lernen kann – mit genügend Übung.“ Das steht für Bignion fest. Und die Kosten? „Sicher ist es teurer als Laufen gehen“, sagt sie. Man könne aber Bögen auch leihen. Die Grundausstattung wie Bogenständer, Köcher, Pfeile und Fingertabs müsse man zwar kaufen, halte aber auch lange. Einmal ausgerüstet, steht dem Spaß nichts mehr im Weg: In der Halle beträgt die Distanz, aus der geschossen wird, 18 Meter. Die Altersklassen unterscheiden sich durch die Größe der Auflage mit den bunten Ringen, auf die geschossen wird. Je größer diese ist, desto jünger sind die Schützen.
Neben der angemieteten Halle in Kirchheim verfügt der BSC über ein Freiluftgelände in Eppelheim, wo sich die Distanzen deutlich verlängern. So schießen Damen und Herren bis 50 Jahre aus 70 Meter Entfernung, während die älteren Masters 60, Senioren 40 Meter und Jugend kürzere Strecken zwischen sich und der Auflage haben. Eines betont Bignion zum Abschluss schmunzelnd: „Wir sind vegetarische Schützen und schießen nicht auf 3-D-Tierfiguren.“
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