Serie Randsportarten - Eine Fahrt mit den "Römer Dragons" im Drachenboot auf dem Neckar / Abteilung des Fußballvereins 03 Ladenburg

Wenn Drachen in den Sonnenuntergang paddeln

Von 
Sarah Weik
Lesedauer: 

Im Drachenboot heißt es kräftig ziehen: Starke Männer pflügen sich durch das Wasser des Neckars.

© weik

Das Boot faucht. Erst tief und langsam, dann in kürzeren Abständen, immer schneller, bevor es mit rhythmischem Fauchen über den Neckar bei Ladenburg fliegt. An Bord: 17 "Römer Dragons", 17 römische Drachen, verschiedenen Geschlechts und verschiedenen Alters, verschiedener Größe und verschiedener Statur. Und wenn 16 Paddel gleichzeitig in den Neckar stechen und das Boot mit Kraft nach vorne drücken, hört es sich tatsächlich so an, als würde das Boot fauchen. Eine kleine Entschädigung dafür, dass das Drachenboot beim Training optisch recht wenig mit einem Drachen zu tun hat.

Seit zehn Jahren gibt es die Drachenbootabteilung innerhalb des Fußballvereins 1903 Ladenburg. Entstanden ist sie "aus einer Bierlaune heraus", wie Trainer Christian Gebler erzählt. Während des Grünprojekts fand in Ladenburg ein Drachenboot-Gaudi-Rennen statt. Damals noch veranstaltet von einem auswertigen Organisator. Doch auch die Ladenburger stellten spontan ein Team zusammen und hatten so viel Spaß beim Rennen, dass sie bei der Feier danach beschlossen: "So etwas fehlt in Ladenburg." Markus Walz und Thomas Henseler, die später auch die ersten Abteilungsleiter wurden, mussten den Vorsitzenden des FV, Thomas Thieme, auch gar nicht allzu lange überzeugen - und im Spätjahr 2005 stieg der Fußballverein in den Wassersport ein. Anfang 2006 flitzten dann bereits Smaug und Ladon über den Neckar.

"Nicht nur Spaß"

Bettina Sattel war damals das fünfte Mitglied der neuen Abteilung. "Ich fand einfach, dass das aussah, als könnte es Spaß machen." Und das machte es ihr auch offensichtlich - sie blieb bis heute dabei. "Das ist ein Sport, bei dem man sich so richtig auspowern kann und die Gemeinschaft ist schon etwas besonders." Doch die 48-Jährige stellt auch klar: "Das ist nicht nur Spaß - das mag vielleicht von außen so aussehen, als würden wir hier nur rumplanschen. Aber da steckt viel Kraft dahinter." Kraft, die das Rennteam vor allem im Winter aufbaut - und die jeder sofort spürt, der ihr Boot einmal fauchen hört.

Doch auch weniger ehrgeizige Sportler sind bei den Drachenbootfahrern willkommen. Wer einfach nur Spaß haben will, kann in den sogenannten "Prossecco-Dampfer" einsteigen. Und auch ein Jugendteam trainiert regelmäßig auf dem Neckar.

Heute allerdings ist auch die Rennmannschaft etwas gediegener unterwegs. Es ist bereits 19 Uhr, doch das Thermometer zeigt noch immer über 30 Grad an. Ins Schwitzen geraten die Sportler also auch ganz ohne zu paddeln. Dennoch: völlig schonen will sie Trainer Christian Gebler auch nicht. Er selbst ist seit sieben Jahren dabei. "Ich bin mal bei einem Fun-Event mitgefahren und dann hängengeblieben." Gebler paddelte sogar drei Jahre lang in der deutschen Nationalmannschaft und trainiert nun seit fünf Jahren das Rennteam.

Kommandos in Zahlen

"20/70, 20/80, 20/90", lauten die ersten Anweisungen. Also jeweils zwanzig Paddelschläge bei 70, 80 und 90 Prozent. Später trainieren die Bänke reihenweise ihre Paddelschläge. Den Rhythmus gibt Ulrich Herre vor, der hinten am Steuer steht. Bei Wettkämpfen sitzt meist eine Frau mit Trommel im Bug. "Die haben meist das bessere Rhythmusgefühl und die grelleren Stimmen", sagt Gebler und schmunzelt.

Viel mitbringen müsse man für den Sport nicht, sagt der Trainer. "Bei uns kann jeder anfangen, der Spaß am Wassersport hat." Denn Krafttraining spiele für die Rennmannschaft zwar durchaus eine Rolle, doch gerade auch zierlichere Frauen könnten viel mit Technik wettmachen. "Wichtig ist, dass die Kraft aus dem gesamten Oberkörper kommt und nicht nur aus dem Armen." Ebenfalls wichtig: "Normalerweise ist jeder hier entweder Links- oder Rechtspaddler - es ist selten, dass jemand auf beiden Seiten gleich stark ist". Entsprechend kompliziert ist es für ihn als Trainer ein Boot optimal zu besetzen, damit es perfekt ausbalanciert im Wasser liegt.

Am 25. Juli war es das auf jeden Fall. Beim 10. Heidelberger Drachenboot-Cup holten sich die "Römer Dragons" den baden-württembergischen Vizemeistertitel. Den Vereinsmitgliedern ist eben beides wichtig: der Sport und der Spaß. Und jeder einzelne von ihnen betont immer wieder, wie toll die Gemeinschaft im Verein ist und wie viel Spaß sie an ihrem Sport haben. Und wenn man mit 17 römischen Drachen an einem Sommerabend auf einem glitzernden Neckar mal langsamer, mal schneller dem Sonnenuntergang entgegenpaddelt, glaubt man ihnen sofort.

Infos rund ums Drachenboot

Das Drachenboot, ein besonders langes, offenes Paddelboot, kommt ursprünglich aus China und wird bei Veranstaltungen (mehr oder weniger) aufwändig bemalt und mit einem Drachenkopf und -schwanz verziert.

In dem 13 Meter langen Langboot sitzen maximal 20 Paddler, plus Steuermann und Trommler.

Startschuss für den modernen Drachenboot-Sport war das Hong Kong International Dragonboat Race 1976. Seitdem verbreitet sich der Sport immer weiter, in den 1990er Jahren wurden auch in Deutschland die ersten Vereine gegründet.

Die "Römer Dragons", die Drachenbootabteilung des Fußballvereins FV 03 Ladenburg, gibt es seit 2005. Ihre Heimat ist am Römerstadion in Ladenburg.

Auf dem nahen Neckar trainiert das Rennteam, die Jugendmannschaft "Dragon Teen Spirit" und das Fun-Team, der "Prossecco-Dampfer".

Immer am letzten Freitag des Monats findet ab 18.30 Uhr ein Schnuppertraining für Neugierige statt.

Weitere Infos unter: www.drachenboot-ladenburg.de

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen