Kunst

Rätselhaftes Kunstwerk im Schlosspark von Neckarhausen

Die spektakuläre Aktion des Kettensägekünstlers Jochen Liebrich im Schlosspark von Neckarhausen lockt viele Besucher an. In Ladenburg begeistert ein Totempfahl im Vorgarten von Ehepaar Zimmer

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Jochen Liebrich in Aktion: Erst an diesem Mittwoch wird zum Abschluss verraten, was der Balanceakt geometrischer Körper auf dem Stammkopf der Linde im Schlosspark aussagt. © Peter Jaschke

Neckarhausen/Ladenburg. Seit sieben Jahren erst wohnt Jochen Liebrich mit seiner Frau in Ladenburg. Doch hat er als Kettensäge-Künstler in seiner neuen Heimat bereits viele liebenswerte Spuren hinterlassen. Vor allem seine Tierfiguren begeistern. Liebrich schafft diese überwiegend aus todgeweihten Bäumen gerne in der Natur - oder aus Hochstämmen, die aus anderen wichtigen Gründen gekappt werden müssen. So hat sich der aus dem Ruhrgebiet stammende Schnitzer auch in der Umgebung längst einen Namen gemacht.

Auf seinen Vorschlag haben ihn die Schlossparkfreunde Neckarhausen eingeladen, aus einem besonders prägnanten Baumstumpf ein Kunstwerk zu schnitzen. Es handelt sich dabei um eine Linde, deren Krone aufgrund einer Krankheit fallen musste.

Diesmal ist das Schauschnitzen spektakulär: In gut vier Metern Höhe auf einem Gerüst stehend, lässt Liebrich die scharfen Zähne an der rasend schnell rotierenden Kette seines motorgetriebenen Werkzeugs zupacken. Fachgerecht mit Vollgas. Die Späne stieben nur so. Kaum zu fassen, wie bei solcher Dynamik exakte Formen entstehen. Dabei ist ebenso Kraft wie Gefühl gefragt.

Der Totempfahl in Ladenburg begeistert Waldemar Zimmer. © Peter Jaschke

„Ich will etwas Spannendes schaffen, das den Platz bereichert“, sagt Liebrich. Dafür schlüpft der 60-Jährige an drei aufeinanderfolgenden Tagen am späten Vormittag bis gegen 15 Uhr in seine Schutzkluft. Am zweiten Nachmittag ist Liebrichs jüngste Skulptur, die am rechten Weg im Schlosspark dauerhaft zu besichtigen sein wird, schon weit gediehen. Die erste Überraschung: Es ist diesmal keine Tierfigur. Die zweite: Liebrich will partout noch nicht verraten, was es wird. Erst am Mittwochnachmittag werde er auch den vielen interessierten Kindern, die ihn schon besucht haben, sagen, was seine Kunst genau aussagen sollen. Am Dienstagnachmittag sind zu sehen: Eine Kugel - ist es am Ende unsere Erde? - balanciert am Rand eines Quaders, der wiederum auf einem Zylinder thront. Ein weiterer geometrischer Körper - möglicherweise eine Pyramide - soll dazu kommen. Wem das Thema empfindliches Gleichgewicht in den Sinn kommt, der liegt aber wohl nicht falsch.

„Toll, wie viele Leute zum Gucken kommen und wie viele sagen: Das gefällt mir, da will ich Mitglied werden“, freut sich Herbert Wehrle von den Schlossparkfreunden. Vor 61 Jahren gegründet, um zu verhindern, dass die innerörtliche Grünfläche bebaut wird, steht der Verein inzwischen bereit, auch finanziell bei der Pflege des heutigen Landschaftsschutzgebiets hilfreich zu sein. Das Objekt von Liebrich passe perfekt hinein: „Die Verbindung von Kunst und Natur sagt viel über den Schlosspark aus“, findet Wehrle. Obendrein befinde sich in Sichtnähe der Treffpunkt Eichenplatz, den die Schlossparkfreunde vergangenes Jahr rund um einen 160 Jahren alten Baumstumpf geschaffen hatten. Dessen Jahresringe markieren Ereignisse der Orts- und Weltgeschichte.

Wappentiere herausgearbeitet

Eine weitere Skulptur hat Liebrich kürzlich in Ladenburg geschaffen: Im Vorgarten von Gertrud und Waldemar Zimmer im Stahlbühlring 47 zieht ein Totempfahl Blicke auf sich. Aus dem Stamm eines Trompetenbaums, der nach Auskunft eines Baumpflegers wegen Pilzbefall nicht mehr zu retten war, hatte der Künstler nach Wünschen des Ehepaars aus dem Oststadt-Wohngebiet Weihergärten mehrere Wappentiere herausgeschnitzt und bemalt. Solche irrtümlich manchmal als Marterpfahl bezeichneten Skulpturen wurden bei indigenen Völkern Nordamerikas seit jeher zu Ehren von Verstorbenen und zur Erinnerung an Ereignisse errichtet. „Wir haben ab 1974 mehr als 20 Mal mit einer Schlafmatratze im Kombi Kanada und das Grenzgebiet in den USA bereist“, erzählt Waldemar Zimmer. Durch den freundschaftlichen Kontakt zu ortskundigen Deutschsprechenden habe man auch Nachfahren der Ureinwohner und deren Kultur kennengelernt. „Deren Symbolik hat uns von Anfang an gefallen“, sagt der Versicherungskaufmann und Betriebswirt. Während er bis zum beruflichen Ruhestand als Prokurist einer heute weltweit führenden Firma im Bereich Risikomanagement tätig war, arbeitete seine Frau als Krankenschwester und betrieb eine Naturheilkundepraxis im ersten Haus, das 1978 in den Weihergärten erbaut worden war.

Daran und an Ehepaar Zimmers Reisen erinnern „Ladenburger Möwe“ ebenso wie Wolf, Bär und Biber. Ein Mäuschen gab’s als Zugabe vom Künstler. „Es ist fantastisch und gefällt uns ausgezeichnet, wie Herr Liebrich es gestaltet hat“, sagt Jazzfreund Zimmer zufrieden lächelnd. Weitere tierische Holzfiguren zeigt Liebrichs schon zum zweiten Mal erneuerter Tier-Rate-Pfad in Ladenburg.

Lageplan unter www.heimatbund-ladenburg.de

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