Soziales

Neue Gebühren für Notunterkünfte in Ladenburg

Die Unterbringungskosten werden nun pro Person umgelegt. Ist dies eine unzumutbare Belastung für Integrationswillige oder notwendige Maßnahme der Stadt?

Von 
Peter Jaschke
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Das neue Rathaus in Ladenburg ist Sitz der Stadtverwaltung. Hier wurden die neuen Gebühren für kommunale Notunterkünfte festgelegt. © Hans-Jürgen Emmerich

Ladenburg. Seit dem 1. Juli gelten in Ladenburg neue Gebühren fürs Wohnen in kommunalen Notunterkünften – ein Trend, der sich auch in anderen deutschen Städten und Gemeinden beobachten lässt. Jene Wohnplätze sollen hilfebedürftige Menschen davor bewahren, obdachlos zu sein. Zuvor lag die Höhe des Nutzungsbeitrags in Ladenburg bei 10,85 Euro pro Quadratmeter im Monat. Jetzt wird eine personenbezogene Gebühr von 322,76 Euro pro Wohnplatz und Monat fällig. Für Beschäftigte mit Kindern bedeutet dies eine erhebliche Mehrbelastung.

Der Integrationshilfeverein Ladenburg Int.Akt wünscht sich – ebenso wie im Sommerinterview dieser Redaktion die Fraktionsvorsitzenden von Grünen und Bürger für Ladenburg (BfL) – eine erneute Diskussion des Themas im Gemeinderat.

Die Mehrheit der Fraktionssprecher verteidigt jedoch die Gebührenerhöhung, da sie zu einem kalkulierten jährlichen Ertrag von 1,1 Millionen Euro führen soll. Eine Sprecherin der Stadt erklärt auf Anfrage, dass sich dadurch das kommunale Defizit ab 2026 um 530.000 Euro reduzieren würde. Bereits in diesem Jahr erwartet die Verwaltung durch die Anpassung Mehreinnahmen von 250.000 Euro.

Neue Gebühr deckt alle tatsächlichen Ausgaben für die Unterbringung

Die Sprecherin räumt ein, dass der Anstieg der Gebühren hoch ist, betont jedoch die Notwendigkeit, rechtlich zustehende Erträge zu erheben. Die Gebühr decke alle tatsächlichen Ausgaben, die der Stadt für die Unterbringung entstehen, einschließlich sämtlicher Nebenkosten. Die Stadt weist darauf hin, dass Betroffene nicht verpflichtet sind, diese Unterkünfte zu nutzen, sondern auch am freien Wohnungsmarkt eine Wohnung anmieten können. Bei Bedürftigkeit nach dem Sozialgesetzbuch übernimmt der Sozialleistungsträger die Nutzungsentgelte.

Eine ehrenamtliche Helferin, die in Ladenburg geflüchtete Familien unterstützt, beschreibt die aktuelle Lage: „Bei allen Familien, die Bescheide erhalten haben, gibt es nur ein Thema: Wie sollen wir diese hohe Gebühr bezahlen? Wir möchten nicht mehr aufs Jobcenter angewiesen sein, wir arbeiten doch.“

Dieses Problem ist in vielen Kommunen ähnlich gelagert, da Städte versuchen, die Kosten für Flüchtlingsunterkünfte zu decken, um Ausgaben zu senken. Auch Ladenburg hat die Kosten durch das Unternehmen Allevo Kommunalberatung ermitteln lassen.

Geflüchtete, die arbeiten, müssen die Gebühr selbst tragen

Problematisch wird es für Geflüchtete, die bereits arbeiten: „Dann müssen sie die hohen Gebühren selbst tragen“, kritisiert der Flüchtlingsrat Niedersachsen, wo ähnliche Beschwerden laut wurden. Der Flüchtlingsrat merkt an, dass es Städte gibt, die von strikt kostendeckenden Gebühren absehen, indem sie soziale Staffelungen einführen oder bei bestimmten Gruppen auf Gebühren verzichten. Einige vermuten, dass hinter den Erhöhungen der Versuch steckt, die Kosten für die Unterbringung von zugewiesenen Personen vom Bund zurückzuholen, da zunächst die Sozialbehörden für die Unterkünfte aufkommen.

Die Stadtverwaltung in Ladenburg betont, dass sie „an verlässlichen Lösungen interessiert“ sei und Familien dabei unterstützen möchte, Sozialleistungen zu beantragen. Es gebe zudem eine Regelung für Härtefälle, in denen dann der Gemeinderat entscheide.

Grünen-Stadtrat Max Keller kritisiert von Anfang an, dass eine Familie mit drei Kindern auf 60 Quadratmetern statt wie bisher 651 nun über 1600 Euro zahlen soll. Er weist auf die dadurch fehlende Bleibeperspektive und die Gefährdung der Erfolge der Integrationsarbeit hin. Ratsmitglied Thomas Lohmann (BfL) teilt diese Bedenken inzwischen und unterstützt den Vorschlag von Int.Akt, für Kinder weniger Gebühren zu berechnen.

Die Bearbeitung von Widersprüchen ist kostenpflichtig

Laut der oben zitierten ehrenamtlichen Helferin haben einige Familien Widerspruch gegen die Gebührenhöhe eingelegt. Der Rhein-Neckar-Kreis prüft diese Widersprüche, allerdings ist die Antwort gebührenpflichtig. Aus Angst vor weiterer Verschuldung hat ein Teil den Widerspruch zurückgezogen, andere wollen es weiter versuchen.

Die Heidelberger Bundestagsabgeordnete Sahra Mirow und Landtagskandidat Justus Heine von der Partei Die Linke äußern Kritik an der „enormen Erhöhung der Gebühren“. In einer Zuschrift an diese Redaktion heißt es, die Einsparungen seien „Augenwischerei“, da die Gebühren meist vom Sozialamt übernommen und somit auf den Rhein-Neckar-Kreis abgewälzt würden. Gebühren, die weit über der Durchschnittsmiete lägen, könnten von den Ämtern nicht voll übernommen werden. Mirow und Heine warnen, dass die Betroffenen dann selbst zahlen und das Geld von ihrem geringen Einkommen abzweigen müssten, was letztendlich wieder die Gefahr der Obdachlosigkeit bergen würde.

Die Diskussion um die neuen Gebühren in Ladenburg zeigt die komplexe Balance zwischen kommunalen Haushaltszwängen und der sozialen Verantwortung gegenüber Bedürftigen. Mit der Anpassung will die Stadt mehr finanzielle Stabilität erreichen, während jedoch die Belastung für die Betroffenen erheblich ist. Ob alternative Modelle wie soziale Staffelungen oder Gebührenverzicht für bestimmte Gruppen in Betracht gezogen werden, bleibt bis nach der Sommerpause abzuwarten.

Freier Autor Peter Jaschke ist freier Mitarbeiter seit 1997 und macht überwiegend regionale Berichterstattung, nimmt aber auch Sport- und Kultur-Termine wahr.

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