Gleich die zweite Station seiner "Sommernachtstour" hat Dieter Thomas Kuhn (DTK) nach Ladenburg geführt. Zum dritten Mal seit 2009 gastiert er hier. Diesmal hat er in Neckarhausen die Fähre genommen. "Der Fährmann hat gesagt: Dass Du mir ja schön spielst heute Abend", erzählt DTK auf der Festwiese rund 6500 Zuhörern. Die sind am Ende tatsächlich selig. Stimmungsmäßiger Höhepunkt: Peter Maffays "Und es war Sommer", von Tausenden mitgesungen. Bei "Ti amo" als Zugabe stehen Frauen hinter der Bühne Schlange, um mit DTK Klammerblues zu tanzen.
50 Lenze zählt er inzwischen. Doch das hält die "singende Föhnwelle" nicht davon ab, in schrillen 70er-Jahre-Accessoires auf der Bühne zu stehen. Föhnfriseur, Brusthaartoupet, bunte, hautenge Anzüge und derlei mehr: In diesem Aufzug haben er und seine siebenköpfige Band "Kapelle" am vergangenen Samstag beim zweiten und letzten Konzert des diesjährigen Ladenburger Musikfestivals Schlager aus den 70ern zum Besten gegeben, die irgendwie immer noch fast jeder mitsingen kann. Und genau das macht offenbar einen Teil der ungebrochenen Faszination aus. Für Marion und Christian ist es schon das elfte DTK-Konzert. Das Ladenburger Ehepaar feiert es mit Marions Schwester Petra (fünfmal DTK) und Saki aus Schriesheim sowie Daniela (viermal DTK) aus Mannheim. Christian hat sich eigens für den Abend einen Oberlippenbart wachsen lassen und trägt ein Brusthaartoupet wie der "Meister der bunten Massen" DTK selbst, und zwar angeblich nach dem Vorbild von Ricky Shayne, der mit "Mamy Blue" 1971 einen Hit hatte.
Gekonnte Gratwanderung
"Fast jedes Jahr ein neues Outfit" - das ist für Marion, die ein geblümtes Minikleid über weißen Lackstiefeln trägt, Ehrensache. Da ertönt "Musik ist Trumpf". Die Auftaktmusik der legendären Samstagabend-Musikrevue im Fernsehen ist die Erkennungsmelodie eines jeden DTK-Konzerts. Es werden massenhaft Sonnenblumen geschwenkt. Auftritt DTK. Noch mehr Jubel. Und vom ersten Song an - "Sag' mir quando, sag' mir wann" - singt nahezu jeder ausgelassen mit, wird getanzt und gelacht. Was da geboten wird, ist eine gekonnte Gratwanderung zwischen Verneigung vor deutschsprachigem Pop und Parodie im Sinne einer stark übertreibenden Nachahmung.
Nach "Hey Amigo Charlie Brown", "Schön ist es auf der Welt zu sein", "Griechischer Wein" und "Am Tag, als Conny Kramer starb" tritt DTK kurz auf Bremse und stimmt solo mit Akustikgitarre Reinhard Meys "Über den Wolken" an. Die Fans lieben diesen wunderbaren Liedermachersong, und so erklingt der Refrain tausendfach. "Das war sehr geil", lobt DTK kurz das Publikum, bevor die "Kapelle" in Samba-Rockmanier temperamentvoll abhebt.
"Hier ist das Leben" heißt die aktuelle CD aus dem Jahr 2012. Es ist die elfte seit 1994, als er mit "Lieder meines Lebens" debütierte. 1998 gewann der Tübinger den wichtigsten deutschen Musikpreis "Echo". Nach einem missglückten Ausflug ins seriöse Fach feierte DTK mit einem Großteil seiner alten musikalischen Weggefährten 2004 ein Comeback. Dass seine Schlagerparade nach wie vor zieht, beweist auch die anschließend proppenvolle After-Show-Party mit "Tscho & Stefan" in "Fody's Fährhaus", zu der DTK auf der Bühne einlädt.
"Die Dieter-Party geht hier weiter. Das Konzert war einfach wieder legendär", berichtet Marion. "So ein Abend macht die Welt ein bisschen schöner", strahlt Dennis Gissel vom Veranstalter DeMi-Promotion. Mit dem zweiten Festivalabend ist er zufrieden, nachdem am Donnerstag nur rund 1500 Schlagersängerin Beatrice Egli und voXXclub sehen wollten (wir berichteten). "Insgesamt reicht es finanziell wohl nicht", erklärt Gissel. In der Region bestehe ein Überangebot. Ihm ist klar, dass er sich mit seiner eigenen Veranstaltung unter anderem mit Andreas Bourani ("Auf uns") schon am kommenden Wochenende in Weinheim selbst gehörig Konkurrenz macht. "Es ist uns aber wichtig, in Ladenburg mit einer der schönsten Open-Air-Location Flagge zu zeigen", erklärt Gissel. Die Lage sei "nicht besorgniserregend, aber im nächsten Jahr müssen jetzt wieder gleichstarke Zugnummern her".
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