Ladenburg. Wo wird die Römerstadt Gewerbeflächen erweitern? Auf Äckern im Aufeld westlich der Wiesenstraße, also unweit von einer Abfahrrampe der künftigen Neckarbrücke und Chemiebetrieben, aber auch einer Kita? Oder auf Äckern am bestehenden Industriegebiet Hundert Morgen nahe der Bahnlinie? Dazu fällt am Mittwochabend im Technischen Ausschuss (TA) zwar immer noch keine Entscheidung. Doch die Reaktionen auf das Ergebnis der vergleichenden Bewertung eines Karlsruher Planungsbüros verdeutlichen, dass sich der TA in Teilen nach wie vor schwer tut.
Dabei soll in möglichst naher Zukunft ein Beschluss für einen Bebauungsplan gefasst werden, um interessierten Unternehmen künftig insgesamt 20 000 Quadratmeter (zwei Hektar) in Aussicht zu stellen, was als „maßvolle Erweiterung“ gilt. Fakt ist laut jener Studie, die knapp 4000 Euro gekostet hat: Nach Prüfung von 20 Vergleichskriterien liegt das Aufeld mit 95 Punkten vorne, während Hundert Morgen nur auf 69 kommt. Fakt ist für Bürgermeister Stefan Schmutz ebenso: „Unternehmen fragen an, und wir können keine Flächen im Bestand anbieten.“ Hundert Morgen zu erschließen, sei nicht unmöglich, aber wegen ungeklärter Eigentumsverhältnisse wesentlich aufwändiger.
Landwirte erachten Böden im Aufeld als qualitativ hochwertiger
Bestätigt vom Gutachten sehen sich SPD und FDP in ihrer Einschätzung: „Wir priorisieren seit langer Zeit das Aufeld, weil wir Gewerbesteuereinnahmen brauchen“, sagt Stadträtin Angelika Gelle (SPD). „Auch wir wollen das Aufeld entwickeln, weil es zügig geht“, so Ernst Peters (FDP). Die CDU zeigt sich im Zwiespalt zwischen Wirtschaftsförderung einerseits und Nachbarschafts- sowie Bodenschutz andererseits: „Wir sind ein Freund davon, Gewerbe anzusiedeln“, sagt Stadtrat Louis Schuhmann. Doch erachte die örtliche Landwirtschaft – im Gegensatz zur Studie – die Böden im Aufeld als qualitativ hochwertiger als im Hundert Morgen. Die CDU hätte sich gewünscht, dass das ABB-Areal in den Vergleich miteinbezogen worden wäre. Schmutz erklärt, dass man dort jedoch von zehn bis 15 Jahren an Stadtentwicklung spreche, womit man anfragenden Unternehmen keine Planungssicherheit biete. Ansonsten gebe es nur noch potenzielle Erweiterungsflächen auf den Feldern im Altwasser südlich der Umgehungsstraße L597. Der Inhalt der Studie resultiere aus vorherigen Diskussionen im alten Gemeinderat.
Allein die von Christian Vögele (CDU) aufgeworfene Frage, was sich im Aufeld in der Nähe von zwei Kitas und Wohnbebauung an Gewerbe ansiedeln lasse, hält Schmutz für bedenkenswert: „Lärm ist eine kritische Variable, aber wir hätten es in der Hand, das über den Bebauungsplan zu steuern.“ Mit Blick auf die Böden würde Max Keller (Grüne) auf die „Expertise der Landwirtschaft Rücksicht nehmen“ wollen. Er frage sich, ob man die Entscheidung besser „künftigen Generationen überlassen“ sollte. Überraschend antwortet Schmutz, dass die Flächen im Aufeld planungsrechtlich vorbereitet werden, aber zunächst „unverändert bleiben“, um späteren Generationen dienlich zu sein. Thomas Lohmann (BfL) bedauert: „Wir haben keine gute Entscheidung, weil eine echte Alternative fehlt.“ Grünen-Rätin Jennifer Zimmermann findet: „Das Ergebnis liegt vor. Wir sollten uns jetzt entscheiden und uns nicht weiter im Kreis drehen.“
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