Kultur

Literaturtage in Ladenburg und Ilvesheim begeistern mit Bestseller-Autorin

Spannende Lesungen, interessante Diskussionen, fesselnde Geschichten: Die Ladenburger Literaturtage haben wieder einmal zahlreiche Menschen in ihren Bann gezogen. Auch eine Bestseller-Autorin war dabei.

Von 
Peter Jaschke
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Susanne Abel (Mitte) las im Ladenburger Waldpark aus ihrem Roman „Stay Away From Gretchen“ vor – rund 200 Menschen hörten zu. © Peter Jaschke

Ladenburg/Ilvesheim. Altbürgermeister Rainer Ziegler ist im Ruhestand schwer gefordert. Und das nicht nur als Mitorganisator und Co-Moderator der 5. Literaturtage in Ladenburg. Obendrein ist er auch als Chauffeur von Susanne Abel im Einsatz. Gerade ist die in Baden aufgewachsene Bestsellerautorin aus Köln mit Kollegin Brigitte Glaser in der Altstadt essen. Da klingelt Zieglers Handy. „Ja, Frau Abel?“ Die Rückfahrt ins Hotel steht an. Ziegler holt schon mal den Wagen.

„Das lenkt mich ab“, sagt er. Denn ihn plagt da noch doppeltes Lampenfieber, weil seine Moderationskollegin aus gesundheitlichen Gründen auszufallen droht. Auf „sein“ Gegenüber, den in Lörrach geborenen Journalisten Martin Schäuble, ist Ziegler bestens vorbereitet.

Magengrummeln vor Moderation

Dass er jedoch auch die 1982 in Heidelberg geborene Julia von Lucadou (Köln) interviewen müsste, wenn die Co-Moderatorin ausfallen sollte, bereitet Magengrummeln: Es geht im Roman „Tick Tack“ nämlich auch um das Thema soziale Medien. „Und das ist nicht so meine Sprache“, gesteht Ziegler ehrlich. Doch klappt alles wie geplant: Anne Glombitza ist wieder fit, und die Gespräche des literarischen Quartetts darüber, welcher Realität man noch trauen dürfe, sind ein Gewinn.

„Fantastisch: Das Publikum geht super mit, und der Zuspruch übertrifft unsere Erwartungen“, fasst Literaturtage-Sprecherin Carolin Callies die vier Tage zusammen. „Es ist richtig toll“, findet Jasmin Fakhani (Kleiderklatsch), die unter anderem mit „Snacktaschen“ verwöhnt, während Weingut Rosenhof und Café Brunetti jeweils ihre Spezialitäten anbieten. „Es ist ganz zauberhaft“, erklärt die in Moskau geborene und in Deutschland lebende Autorin Katerina Poladjan. „Ich finde es so schön still“, bemerkt die aus Berlin angereiste Lucy Fricke. Das sei wohltuend, weil sie auf ihrer Lesereise beim Publikum wegen vielfacher Krisen eine „unglaublich große Sehnsucht nach Hoffnung spüre, die ich aber nicht so verströmen kann“.

Hilft da der Blick aufs Große und Ganze? Der mehrfach ausgezeichnete Raoul Schrott gewährt ihn. An „Erste Erde Epos“ habe er „sieben Jahre geschrieben, damit Sie sieben Jahre lang lesen können“. Der 1964 in Tirol geborene Erfolgsschriftsteller verblüfft, als er naturwissenschaftlich fundiert ernsthaft, aber humorvoll, ausführt: „Wir stammen vom Meerestierstamm der Schwämme ab, was höchstens 400 Wissenschaftler wissen - und Sie jetzt.“ Eine Zuhörerin schwärmt: „Vom Urknall bis zum Ende der Welt und dass wir alle einmal zu Sternen werden: Das relativiert vieles und ist super unterhaltsam.“

„Singendes Niveau“

Einer der vielen Höhepunkte: der Talk übers Verdunsten der Dialektsprache. Als Literaturtage-Moderator feiert Mitsponsor Sebastian Callies Premiere. Umwerfend, wie betont nüchtern Sprachforscher Ralf Knöbl leidenschaftliche Fragen nach dem Ursprung der „Mudderschbrooch“ beantwortet.

Das toppt der dritte Mann noch: Der aus Ludwigshafen stammende Mundartliedermacher Gringo Mayer („Monnemer Dreck“) rockt die Literaturtage mit seinen Songs. Auch er hat gehaltvolle Antworten: „Das Leben steckt voller Mysterien, und das Songschreiben ist eines davon.“ Was sagt das Publikum? Es singt mit Mayer „Ahjoo“. Callies stellt fest: „Das Niveau sinkt gar nicht, es singt.“ Bürgermeister Stefan Schmutz bringt es so auf den Punkt: „Die große Freude über die Literaturtage ist in der ganzen Stadt spürbar, und die hervorragende Resonanz zeigt, wie groß der Wunsch nach Kultur erleben ist.“ Große Anerkennung gebühre dem vielköpfigen, ehrenamtlichen Organisationsteam und großzügigen Sponsoren.

Für Glanzlichter sorgt auch die von Ziegler betreute Susanne Abel: Vor 150 Zuhörenden liest sie zum Abschluss aus ihrem Spiegel-Bestseller „Stay Away From Gretchen.“ Die Romanfortsetzung begeistert zuvor in Ilvesheim mehr als 100 Zuhörende - auch zur Freude von Antje Geiter. „Ich freue mich, dass die Ladenburger Literaturtage nun schon zum vierten Mal Station bei uns in Ilvesheim machen“, sagt die Leiterin des Ideellen Bereichs der Heinrich-Vetter-Stiftung.

Im idyllischen Park hinter der Villa lauschten die Zuhörerinnen und Zuhörer interessiert, als Abel Ausschnitte aus einer bewegenden Familiengeschichte vortrug, die zum Teil in Heidelberg spielt und unter anderem vom Nationalsozialismus und dem Krieg handelt. (mit hat)

Freier Autor Peter Jaschke ist freier Mitarbeiter seit 1997 und macht überwiegend regionale Berichterstattung, nimmt aber auch Sport- und Kultur-Termine wahr.

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