Ladenburg

Literatur in Ladenburg: Junger Geist belebt alte Stadt

In Ladenburg hat der Verein „vielerorts“ das Programm für die Lese-Spaziergänge „Flaneure & Flaneusen“ sowie die Literaturtage vom 29. Juni bis 2. Juli vorgestellt

Von 
Peter Jaschke
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Kristin Wolz (l.) und Carolin Callies sind Mitorganisatorinnen sowie Moderatorinnen bei den Lesespaziergängen sowie Autorinnen bei den Literaturtagen. © Peter Jaschke

Dass Ladenburg Literatur lebt, gilt spätestens seit 2017, dem Premierenjahr der Literaturtage „vielerorts“. Hat es doch gehörigen Charme, wie sich Lesungen und gesellige Abende an verschiedenen Stellen, die jeweils eine besondere Atmosphäre besitzen, mit jungem Geist den Zauber der alten Römerstadt zu eigen machen. Das will der Verein „vielerorts“ von Donnerstag, 29. Juni, bis Sonntag, 2. Juli, im sechsten Jahr des gleichnamigen Kulturfestivals mit einem prallvollen Programm erneut schaffen.

Noch vor den Literaturtagen, die wieder mit Schulveranstaltungen und erneut auch mit einer Lesung in Ilvesheim aufwarten, starten die „vielerorts“-Aktiven ihre 2020 aus der Taufe gehobene Reihe „Flaneure & Flaneusen“. Entstanden, um ein Corona-taugliches Konzept auf die Beine zu stellen, sind die Lesespaziergänge mit namhaften Schreibenden, denen über Funkkopfhörer gelauscht wird, nicht mehr aus dem Kulturprogramm wegzudenken (Tickets zu fünf Euro oder Anmeldung bei Buchhandlung am Rathaus). Los geht es am Donnerstag, 25. Mai, um 19 Uhr mit der jungen Berlinerin Helene Bukowski, die ihren Roman „Die Kriegerin“ mitbringt. „Darin beschäftigt sie sich mit Frauen in der Bundeswehr, was zurzeit ein heikles Thema ist, sich aber gut lesen lässt“, sagt Mitorganisatorin Kristin Wolz beim Pressegespräch in der Stadtbibliothek.

Deren Leiterin Petra Göhring gehört ebenso zum „vielerorts“-Team wie Lyrikerin Carolin Callies sowie Iris Brand, Anne Glombitza, Thomas Nestler, Karen Schrepp, Alexander Spangenberg, Janine Tornow-Gaisbauer und Rainer Ziegler.

Erstmals ein „PoeTisch“

„Wir haben viel Stoff, und da ist für jeden was dabei“, erklärt Callies als Sprecherin der ehrenamtlichen Gruppe, die seit dem vergangenen Jahr als eingetragener Verein firmiert.

Die Thementafel ist auch buchstäblich reich gedeckt, denn erstmals steht bei den Literaturtagen auf dem Marktplatz ein „PoeTisch“. Daran Platz zu nehmen und spontan Gedanken zu Papier zu bringen, dazu lädt die Landauer Poesiepädagogin Isabell Jung am 1. Juli Passanten ein. „Daraus wächst vielleicht etwas“, denkt Wolz schon etwas weiter, denn im kommenden Jahr 2024 ist die Stadt Ladenburg im Juni zwei Wochen lang Gastgeber der 41. baden-württembergischen Literaturtage. Dafür zeichne organisatorisch dann zwar die Stadtverwaltung verantwortlich, doch „unser Verein steht für den Inhalt“, macht Callies deutlich.

„Wir sind noch locker, stecken aber schon in den Vorbereitungen fürs kommende Jahr“, verrät Wolz. Das ist auch ein Grund dafür, dass das „vielerorts“-Programm 2023 etwas kleiner ausfällt als im vergangenen Jahr. Beispielsweise finden keine Konzerte statt. Weil Autorinnen und Autoren nach der Pandemie aufgestaute Veranstaltungen abarbeiten, haben Wunschkandidaten für Ladenburg abgesagt.

Schwierige Sponsorensuche

Es sei ebenso schwieriger gewesen als zuvor, Sponsoren zu finden, so die „vielerorts“-Frauen. Doch glücklicherweise gebe es nach wie vor treue Unterstützer aus der Welt der Wirtschaft und der Stiftungen sowie außerdem einen Zuschuss in Höhe von 12 000 Euro vom Literaturfonds des Bundesprogramms „Neustart Kultur“. Deshalb ist der Eintritt nach wie vor frei.

„Wir sind unterm Strich ganz froh, wie es gelaufen ist“, zieht Wolz zufrieden Bilanz der Vorbereitung. Denn es ist ja mitnichten so, dass sich keine Hochkaräter angesagt hätten: So eröffnet Jan Philipp Reemtsma die Literaturtage am Donnerstag, 29. Juni, um 19 Uhr im Reinhold-Schulz-Waldpark. Der Literatur- und Sozialwissenschaftler, Publizist und Mäzen aus Hamburg war 1996 Opfer einer Entführung und erst nach einer Zahlung von 30 Millionen Mark Lösegeld wieder freigelassen worden. In Ladenburg liest der Honorarprofessor aus seiner vielgelobten Biografie über den bedeutenden Dichter Christoph Martin Wieland, der die moderne deutsche Literatur begründet hatte. Überhaupt bilden diesmal historische Themen einen Schwerpunkt der Veranstaltung.

„Es gibt viele neue Lese-Orte zu entdecken“, freut sich Callies über das ungebrochene, nur Corona-bedingt zwischenzeitlich ausgebremste Interesse der Bevölkerung und Vereine, lauschige Plätze zur Verfügung zu stellen und so dem Namen der Literaturtage Ehre zu machen. Beispielsweise ist Nina Dulleck, die Illustratorin der „Schule der magischen Tiere“, mit der lustigen und interaktiven Lesung ihres Romans „Otis & Otilie“ zu Gast im Jugendzentrum „Kiste“. Zum Abschluss wollen Lyrikerin Callies und Romanautorin Wolz ihre jeweils jüngsten Werke (wir berichteten) im historischen Kettenheimer Hof vorstellen.

Freier Autor Peter Jaschke ist freier Mitarbeiter seit 1997 und macht überwiegend regionale Berichterstattung, nimmt aber auch Sport- und Kultur-Termine wahr.

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