Treppenstiege um Treppenstiege geht’s hinauf ins Dach. Trittstufen knarren. Überall liegt Staub und Taubendreck. Kleine Fenster im seitlich angebauten Turm lassen nur wenig Licht herein. Es ist also ziemlich dunkel beim Aufstieg – und ein bisschen anstrengend. Doch nicht für Steffen Seiferheld. Der seit 2021 für die Sanierung der Sebastianskapelle in Ladenburg verantwortliche Architekt aus Weinheim bewegt sich geradezu flink über jeden Balken und durch jede Nische. Das rund 1000 Jahre alte Gebäude scheint ihm so vertraut zu sein wie sein eigenes Wohnzimmer.
Mit der kleinen Gruppe samt Presseleuten oben angekommen, zeigt der seit Langem auf Denkmalgeschütztes spezialisierte Experte auf eine Konstruktion in der Mauerkrone und sagt: „Hier verläuft der Ringanker.“ Dessen Einbau ist es zu verdanken, dass keine Gebäudeteile mehr herabstürzen. Diese Gefahr ist nun ebenso gebannt wie jene, dass Außenmauern weiter auseinanderdriften. Schuld waren fehlerhafte Sanierungsarbeiten in den frühen 1960er-Jahren, wie man jetzt erst weiß: Seiferheld und Team hatten das Geheimnis gelüftet. Dies war schon bei der Eröffnung der Sonderausstellung zu St. Sebastian vor wenigen Monaten im Lobdengau-Museum geschildert worden. Das Ganze aber vor Ort anzusehen und Details aus erster Hand zu erfahren, ist ein exklusives Erlebnis für ehrenamtliche Stadtführer, stadthistorisch Aktive und Vorstandsmitglieder des Geschichtsvereins Heimatbunds.
Schließlich ist die inzwischen entweihte Kirche, die als einer der bedeutendsten historischen Sakralbauten im Südwesten gilt, seit 2006 für die Öffentlichkeit gesperrt. Aus Sicherheitsgründen. Dass ausgewählte Personen unter der fachmännischen Führung auch von Seiferhelds Geschäftspartner Michael Salinger die Baustelle betreten dürfen, hat zwei Gründe: Zum einen sollen die rund 20 Frauen und Männer, die Touristen durch die Römer- und Mittelalterstadt führen, Neues zum nahenden Abschluss der ersten Sanierungsphase wissen. Das Chorgewölbe ist gerettet, der Dachstuhl erneuert, die Sandsteinfassade saniert und der Glockenturm mit dem frisch vergoldeten Kreuz wieder eingeschiefert. Ist die Fassaden gestrichen, wird abgerüstet, um noch den Sandstein am Sockel zu überholen.
Spendenkonto wächst
„Die Führung ist sehr anschaulich, und das Erfahrene können wir auf Nachfrage bei Führungen einfließen lassen“, sagt Evelyn Bausch, die als Vizechefin im Heimatbund die Rundgänge mit Besuchern der Stadt organisiert. Zum anderen führt der Heimatbund treuhänderisch ein Spendenkonto. Zu den 20 000 Euro, die sich darauf befinden, kommen an diesem Spätnachmittag insgesamt 1800 Euro zum Erhalt der Wandmalereien aus dem Mittelalter hinzu. „Dieses besondere Kleinod verdient besondere Wertschätzung“, erklärt die Ladenburger SPD-Altstadträtin Ilse Schummer, warum sie als ehrenamtliche Konzertorganisatorin erneut eine Spende für St. Sebastian überreicht.
Diesmal übergab sie den Erlös vom Frühjahrskonzert des Schriesheimer Kammerorchesters in Höhe von 800 Euro. Für die älteren Musizierenden, so Schummer, seien Erinnerungen an stimmungsvolle Auftritte in der Kapelle motivierend gewesen. Sie selbst sieht es so: „Als Dank ans Leben und damit etwas von mir bleibt.“ Das kann Carola Schuhmann „zur Nachahmung nur empfehlen“. Die Heimatbund-Vorsitzende hat einen symbolischen Scheck im Wert von 1000 Euro mitgebracht, die bei der Feier des 70. Geburtstages ihres nur wenige Monate später verstorbenen Ehemannes Rainer Beedgen zusammengekommen waren.
Der Wandmalereien, für deren Fortbestand diese Spenden bestimmt sind, sollen sich Restauratoren gegen Ende des zweiten Sanierungsabschnitts annehmen. Für diese Phase im Hauptschiff, die auch den markanten Turm umfasst, zeichnet dann die Stadt Ladenburg verantwortlich, die das Gebäude zum symbolischen Preis von einem Euro von der römisch-katholischen Kirchengemeinde übernimmt. „Erst dann darf die Stadt Fördermittel beantragen“, weiß Seiferheld.
Die weitere Unterstützung des Landesdenkmalamtes vorausgesetzt, darf auch die Stadt auf Landes- und Bundesmittel sowie Zuwendungen der Stiftung Denkmalpflege Baden-Württemberg bauen. „Mit Eigentumsübergang sollten sofort Anträge gestellt werden“, empfiehlt Architekt Seiferheld. Er geht davon aus, Ende 2023 oder Anfang 2024 mit dem ersten Bauschnitt fertig zu sein. Wenn alles gut läuft, ist Ende 2024 damit zu rechnen, dass neue Mittel für das Projekt genehmigt sind. Nach der zweiten Sanierungsphase 2025 und 2026 könnte die Kapelle möglicherweise im Jahr 2027 wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/ladenburg_artikel,-ladenburg-ladenburg-steckt-viel-zeit-und-geld-in-die-sebastianskapelle-_arid,2089044.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/ladenburg.html