Ladenburg. Service reduziert; ohne Vorankündigung die Kasse geschlossen; auf ältere Kundschaft wird keine Rücksicht genommen - so lauteten vor einigen Tagen die Vorwürfe einer Leserin gegenüber der Sparkasse Rhein Neckar Nord. Hintergrund: Die Sparkasse gestaltet, wie auch viele andere Banken in der Region, ihr Angebot immer digitaler. Dazu zählt, dass sich Kundinnen und Kunden zunehmend selbst bedienen müssen - in Ladenburg gibt es etwa von nun an kein Bargeld mehr am Schalter. In einem Leserbrief machte eine Leserin ihrem Ärger Luft. Aber was ist dran an diesen Vorwürfen?
Vorwurf 1: Service reduziert
In ihrem Leserbrief schreibt die Leserin, die Sparkasse habe in Ladenburg „ihren Service weiter reduziert“. Bargeld könne man in Zukunft nur noch am Automaten erhalten, größere Beträge müssten sogar eine Woche vorher angemeldet werden. Angaben einer Sparkassen-Sprecherin zufolge sei jedoch der Service nicht reduziert worden. „Wir haben keine Stellen im Service abgebaut“, sagt Kathrin Holstein von der Sparkasse auf Anfrage dieser Redaktion.
Die Beraterinnen und Berater seien nach wie vor an den Schaltern tätig. Für viele Kundinnen und Kunden habe sich sogar einiges verbessert. „Wir haben jetzt zum Beispiel doppelt so viele Geldautomaten als noch vor der Umstrukturierung - das hat zur Folge, dass Kundinnen und Kunden weniger an unsere Öffnungszeiten gebunden sind.“
Laut Tanja Strohmer, die die Umstellungen an mehreren Filialen betreut hat, hat sich das Service-Geschäft in den vergangenen Jahren drastisch geändert. „Das Kassengeschäft existiert praktisch nicht mehr“, sagt sie. „Die meisten zahlen bargeldlos oder nutzen Online-Banking.“ Zudem habe sich auch schon vor der Umstellung nur noch ein Bruchteil der Service-Anfragen um Bargeldabhebungen gedreht, sagt Holstein.
2018 berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, dass die Geldhäuser immer weniger Geld an der Kasse auszahlen. Dadurch hätten die Mitarbeitenden einen besseren Schutz vor Überfällen und mehr Zeit für die Beratung, erklärte damals eine Sprecherin der Sparkasse Bochum. Kathrin Holstein von der Sparkasse Rhein Neckar Nord bestätigt dieses Anliegen.
Vorwurf 2: Keine Vorankündigung
Die Leserin beschwert sich auch darüber, dass die Umstellung ohne Vorankündigung kam. Tatsächlich, sagt Strohmer, habe man die Kundinnen und Kunden vorab nicht darüber informiert. „Ich sehe auch keinen Grund, warum wir das hätten tun sollen“, erklärt sie. „Für die Kundinnen und Kunden ändert sich nicht wirklich etwas: Sie kommen nach wie vor zu uns, wollen Bargeld und bekommen Bargeld.“
Vorwurf 3: Im Stich gelassen
„Meine 89 Jahre alte Mutter kann einen Geldautomaten nicht mehr bedienen. Auf Nachfrage wurde mir mitgeteilt, dass ältere Menschen eine einmalige Einweisung erhalten und dann sehen müssen, wie sie zurechtkommen“, schreibt die erboste Leserin.
Die Sparkasse streitet ein solches Vorgehen vehement ab. „Wir sind Dienstleister“, so Strohmer. „Wenn der Kunde vor uns steht und sagt ,Ich möchte 100 Euro haben’ und man merkt ihm an, dass er das allein nicht hinbekommt - keiner unserer Kollegen würde den Kunden einfach so wegschicken.“ Das Personal würde mit zum Automaten gehen und das Geld abheben, sagt Strohmer. Man bräuchte auch keinen PIN-Code, wie man es normalerweise am Automaten braucht. „Der Berater kann das auch so verifizieren.“
Eine Ladenburgerin, die ihren Namen nicht in den Medien lesen möchte, hat in geselliger Seniorenrunde von der Umstellung gehört: „Man bekommt kein Geld mehr am Schalter der Sparkasse.“ Sie selbst, erklärt die 80-Jährige auf Anfrage dieser Redaktion, habe kein Problem damit, den Geldautomaten zu bedienen.
Doch stellvertretend für eine Bekannte, die sich zum Umgang mit dem Ausgabegerät nicht in der Lage fühlt, habe sie als Kundin in der Ladenburger Filiale nachgefragt und erfahren: „Das ist kein Problem.“ Für sie sei glaubwürdig versichert worden, dass Kundschaft, die dem Bankomaten misstraue, auf Wunsch in jedem Fall Hilfestellung vom Personal bekomme - selbst wenn einer oder einem die Identifikationsnummer (PIN) entfallen sei.
Vorwurf 4: Stadt vor Provinz
„Angesichts des sicher nicht billigen Neubaus in Mannheim ist es wahrscheinlich notwendig, in der Provinz jeden Cent einzusparen“, schreibt die Leserin. Laut Holstein sei bei der Umstellung aber keineswegs Geld eingespart worden. Man habe sogar „extrem investiert“. Allein die Anschaffung der Geldautomaten sei teuer. Außerdem kämen auch in der Unterhaltung immer wieder Kosten auf das Geldhaus zu.
Und tatsächlich sind Geldautomaten ein ständiger Kostenfaktor: Dem „Handelsblatt“ zufolge kostet ein Automat, der nur die Auszahlungsfunktion hat, bei der Anschaffung zwischen 10 000 und 20 000 Euro. Bei einer Beispielrechnung für die Kreissparkasse Düsseldorf hat das „Handelsblatt“ die jährlichen Kosten ermittelt. Demnach fallen pro Gerät im Jahr rund 13 000 Euro an. Dabei geht es um Abschreibungen, Einbruchsicherung, Alarmanlagen, Koppelung an das System, Wartungen oder auch die Bestückung.
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