Auszeichnung

Holocaust-Überlebende Ruth Steinfeld erhält Verdienstkreuz

Die frühere Ladenburgerin und Holocaust-Überlebende hat in Texas das Bundesverdienstkreuz überreicht bekommen. Ihre Memoiren sollen bald auf Deutsch erscheinen.

Von 
Peter Jaschke
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Bewegt nach der Zermonie am Sonntag in Houston: Ingrid Wagner (v. l.) und Ruth Steinfeld (92) mit dem Bundesverdienstkreuz. © Judy Mucasey

Ladenburg. Ingrid Wagner reiste kürzlich im Namen von Bürgermeister Stefan Schmutz aus Ladenburg nach Houston, Texas. Die Mitgründerin des Arbeitskreises Jüdische Ladenburger nahm an einer besonderen Zeremonie teil, die die Verbindung der Stadt zu früheren Mitbürgern und Holocaust-Überlebenden stärkt. Das war die Verleihung des Verdienstkreuzes 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an die 92-jährige Ruth Steinfeld. Die Zeitzeugin nahm die Auszeichnung auch im Namen ihrer verstorbenen Schwester Lea Weems entgegen. Die Ehrung würdigt das Engagement der geborenen Krell-Schwestern für die Aussöhnung nach dem nationalsozialistischen Völkermord an den europäischen Juden während des Zweiten Weltkriegs.

Deutschlands Generalkonsul Kai Hennig überreichte den Orden am Sonntag im Holocaust-Museum in Houston. Dieser Ort ist eng mit Ruth Steinfelds Lebenswerk verknüpft. Gemeinsam mit ihrer Schwester trieb sie die Errichtung des 1996 eröffneten Museums voran. Es ist ein Symbol für die Erinnerung an die Schrecken des Holocaust und dient als Mahnmal, um eine Wiederholung solcher Gräueltaten zu verhindern.

Schilderung der dramatischen Flucht aus dem Lager Gurs

Nach ihrer Rückkehr schilderte Ingrid Wagner ihre Eindrücke von der Zeremonie. „Der bewegendste Moment war, als Ruth mit beeindruckender Klarheit vor 220 mucksmäuschenstillen Zuhörern über ihr Leben sprach“, so Wagner. Steinfeld erzählte von ihrer dramatischen Flucht aus dem Lager Gurs, dem Abschied von ihrer Mutter und ihrer Rettung durch eine französische Widerstandsgruppe.

Diese Schilderungen hinterließen einen tiefen Eindruck bei Wagner. Ihre Verbindung zu beiden Schwestern reicht bis ins Jahr 1990 zurück, als der damalige Bürgermeister Reinhold Schulz frühere Mitbürger jüdischen Glaubens nach Ladenburg einlud. Aus dieser Begegnung entwickelte sich eine Freundschaft, die durch Besuche und gemeinsame Erlebnisse in Deutschland und den USA weiter wuchs. Erst vor zwei Jahren konnte Ruth Steinfeld die deutsche Staatsbürgerschaft wiedererlangen.

Stadt Ladenburg möchte Buch auf ihre Kosten übersetzen lassen

Die Auszeichnung von Ruth Steinfeld ist für den Arbeitskreis und die Stadt Ladenburg von großer Bedeutung. „Sie ist ein Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung ihrer Bemühungen um Versöhnung und das Erinnern an die Vergangenheit“, betont Wagner. Auch wenn diese Anerkennung spät kommt, sei sie ein wichtiger Schritt in der Aufarbeitung der Geschichte.

Ruth Steinfeld blickt auf ein erfülltes Leben in den USA zurück, wo sie als Friseurin selbstständig war, und ihre Familie auf 38 Mitglieder angewachsen ist. Ihre bewegende Lebensgeschichte wird in einem Buch festgehalten, das die Stadt Ladenburg auf ihre Kosten übersetzen lassen möchte, um es vor allem Schülern zugänglich zu machen. Darüber hinaus wird an einem Theaterstück gearbeitet, das die Geschichte der Schwestern Ruth und Lea für das Ladenburger „Festival unterm Himmelszelt“ 2026 aufbereitet.

Ingrid Wagners Teilnahme an der Zeremonie war nicht nur ein offizieller Akt der Stadt, sondern auch ein persönlicher Ausdruck der Freundschaft und des Respekts für das Lebenswerk der Schwestern. So bleiben die Geschichten der Überlebenden lebendig und werden an kommende Generationen weitergegeben.

Freier Autor Peter Jaschke ist freier Mitarbeiter seit 1997 und macht überwiegend regionale Berichterstattung, nimmt aber auch Sport- und Kultur-Termine wahr.

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