Diese Nachricht hat Natur- und Heimatfreunde erfreut, ja elektrisiert: Erstmals seit etwa 80 Jahren steigen im Neckar wieder Maifische auf, um zu laichen, also Eier abzulegen.
Bundesweit berichteten dieser Tage Zeitungen darüber, auch der "Mannheimer Morgen". Galt jener Wanderfisch doch im Neckar längst als ausgerottet. In der Fischtreppe des Stauwehrs bei Ladenburg war jetzt aber dieses Exemplar gefangen worden. Es durfte übrigens nach seiner zweifelsfreien Identifizierung weiterschwimmen.
Typisch für den Maifisch ist, im Gegensatz zur Finte, der dunkle Fleck im oberen Teil auf der Flanke hinter dem Kiemendeckel. Inzwischen haben Fachleute vor Ort vier weitere dieser heringsartigen Flossenträger gesichtet und hoffen, dass der einst massenhaft vorkommende Maifisch am Unteren Neckar wieder heimisch wird. "Der wurde hier früher tonnenweise gefangen: Das war der Fisch der kleinen Leute", weiß der aus Neckarhausen stammende Dieter Herold (Gorxheimer Tal).
Der ehrenamtliche Fischereiaufseher des Regierungspräsidiums Karlsruhe war bisher immer dabei, wenn in der vom Wasser- und Schifffahrtsamt erbauten Aufstiegshilfe zwischen Neckar und Kanal ein ungewöhnlicher Fisch auffiel. So hat man hier in den vergangenen Jahren schon Meerforelle, atlantischen Lachs, Schwarzmund-Grundel und Kesslers Grundel (wir berichteten) sowie erst in jüngster Zeit auch Fluss- sowie Meerneunauge bei der Laichwanderung beobachtet.
"Das ist was Seltenes"
Nun also ein Maifisch: "Als ich den am Grund der Kammer gesehen habe, wusste ich gleich: Das ist was Seltenes", erzählt Herold von dem großen Moment in der vergangenen Woche. "Immer, wenn Herr Herold dabei ist, gehen uns Maifische ins Netz", staunt der Biologe Andreas Ness am vergangenen Sonntag an der Fischtreppe erneut. Diesmal handelt es sich zwar um ein totes Tier, das nun aber eingefroren und gründlich untersucht werden kann. "Vermutlich ist dieser Maifisch nach dem Laichen aus Entkräftung verendet, ein natürlicher Vorgang", erklärt Wissenschaftler Ness.
Hinweis auf besseres Wasser
Dieter Arnold und der 13-jährige Leonard von der 2012 in Ilvesheim gegründeten "Biberbande" bestaunen das schätzungsweise 30 Zentimeter lange Schuppentier ebenfalls. Ness hat die beiden eingeladen, weil sich Kinderarzt Arnold in seiner Freizeit bei monatlichen Treffen bemüht, jeweils bis zu 15 Kinder mit der heimischen Flora und Fauna vertraut zu machen. Prompt findet man neben prächtigen Barben, Brachsen, kleinen Barschen und den selteneren Ukeleis in der Fischtreppe auch einen Weidenast mit Nagespuren eines Bibers, der ja ebenfalls für lange Zeit aus der Region verschwunden war und jetzt wieder heimisch ist. Dass auch der Maifisch wieder vorkommt, zeigt für Ness an, dass die Wasserqualität im Neckar wieder deutlich besser geworden ist. "Das ist ein super ermutigendes Zeichen für Gewässer-, Fischerei- und Naturschutz: Es lohnt sich also, Geld zu investieren in Gewässerreinhaltung und Durchgängigkeit für Fische", führt Ness aus. Er ist Mitinhaber des Heidelberger Fachbüros IUS, das im Auftrag des Energieversorgers EnBW derzeit den hiesigen Fischbestand untersucht und dabei den vermeintlich ausgestorbenen Maifisch entdeckt hat. Anlass für die Untersuchung ist die geplante Optimierung des Wasserkraftwerks, um regenerative Energie zu erzeugen.
Ziel ist es nun laut Ness ebenso, auch im Neckar annähernd die alte Artenzusammensetzung zu erreichen und in 20 bis 30 Jahren auch wieder einen Bestand an Maifischen zu haben, der genutzt werden kann. "Das ist nämlich ein fantastischer Speisefisch", sagt Ness.
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