Neckar-Bergstraße

Erpressung, Vergeltung, Verfolgungsjagd - Prozessauftakt am Mannheimer Landgericht

Ihnen wird eine Reihe von Straftaten unter anderem in Ladenburg und Weinheim vorgeworfen. Deshalb müssen sich ein 24-Jähriger und einige Freunde jetzt vor Gericht verantworten

Von 
Dirk Timmermann
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Symbolbild. © Volker Hartmann

Erpressung von Bekannten, aus dem Ruder gelaufene Vergeltung und Straßenverkehrsgefährdung, die nur durch Glück ohne tödliche Folgen blieb: Die Taten, für die sich drei junge Erwachsene vor dem Landgericht Mannheim unter dem Vorsitz von Richter Joachim Bock seit Mittwoch verantworten müssen, sind nicht alltäglich. 45 Minuten dauerte die Verlesung der Anklageschrift. Das Trio ist geständig – die Verteidiger gaben entsprechende Erklärungen ab.

Mittelpunkt der vielen Vorwürfe ist ein 24-Jähriger, der bis zu seiner Inhaftierung ohne festen Wohnsitz war. Zusammen mit einem gesondert verfolgten Verdächtigen sowie einem damals 20-Jährigen aus Altrip habe man am 11. Juli 2021 dessen Bekannten in eine Falle gelockt: Dazu bestellte der mutmaßliche Rädelsführer, der nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war, den Geschädigten unter einem Vorwand zu einem Fußballplatz in Ladenburg. Zu dritt fuhr man auf einen Feldweg außerhalb des Stadtgebiets. Bei verschlossenen Türen wurde dem Opfer mit dessen Vergewaltigung gedroht, sollte er nicht 5000 Euro besorgen. Auch würden Molotow-Cocktails gegen sein Haus geworfen.

Eingeschüchtert habe sich der Geschädigte bereiterklärt, zu einem Geldautomaten mitzufahren, wo ihm 165 Euro abgenommen wurden. Weitere 1000 Euro musste er von seinen Eltern beschaffen. Beleidigungen und Schläge sollten die Ernsthaftigkeit der Forderung nach der vierstelligen Summe unterstreichen.

Drogenkonsum kostet 1500 Euro

Der 20-jährige Angeklagte will dabei aber selbst Opfer gewesen sein: Der 24-Jährige habe von ihm im Vorfeld 1000 Euro zu erpressen versucht. Weil er kein Geld hatte – sein Drogenkonsum verschlang nach eigenen Angaben bis zu 1500 Euro im Monat – habe er schließlich seinen Freund, den späteren Geschädigten, verraten.

Im zweiten Tatkomplex wirkt eine zur Tatzeit 17-Jährige mit. Mit dem 20-Jährigen, der ein guter Freund ist, sowie dem hafterfahrenen Anführer will die Altenpflegehelferin einen Racheplan geschmiedet haben. Wie Verteidigerin Selina Geiger ausführte, habe der Ex-Freund das Mädchen während der Beziehung geschlagen. Da er schon mehrfach freizügige Fotos ehemaliger Partnerinnen im Internet verkauft habe, befürchtete das Mädchen ein ähnliches Schicksal. Um ihn dazu zu bringen, die Bilder zu löschen und ihm einen „Denkzettel“ zu verpassen, lud man den Ex zum Essen ein – und fuhr mit ihm an einen abgelegenen Ort. Unvermittelt habe ihm der 24-Jährige mit dem Radschlüssel gedroht, die „Kniescheibe rauszuhauen“. Nach einer Reihe von Demütigungen nahm das Trio über das Amazon-Konto des Opfers Bestellungen im Wert von 1800 Euro vor. „Dieser Betrag entspricht dem Erlös aus dem Verkauf meiner Bilder“, vermutet die inzwischen 18-Jährige. Weitere 1000 Euro musste der Ex an einem Geldautomaten abheben, den mitgeführten E-Roller musste er zurücklassen.

Gegenstand einer weiteren Anklage sind Straßenverkehrsdelikte in ungewöhnlichem Ausmaß. Der 24-Jährige soll sich mit falschen Kennzeichen eine Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert haben. Körperlich unversehrt blieben die Beamten beim Festnahmeversuch nur, weil sie zur Seite sprangen. Weiterhin drängte der Mann den Vorwürfen zufolge eine Fahrzeugführerin, die mit ihrer zweijährigen Tochter unterwegs war, in den Gegenverkehr.

Darüber hinaus kam es zu Beleidigungen, Unfallfluchten sowie Fahrten durch Weinheim mit 137 und 155 Stundenkilometern. Die endgültige Festnahme ging mit Widerstand einher, beim Rammen des Polizeiautos entstand ein Schaden von 12000 Euro. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. 

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