Fast genau 35 Jahre ist es jetzt her, dass die städtische Musikschule in Ladenburg ihren Betrieb aufgenommen hat. Und ebenso lange ist Dietrich Edinger deren Leiter. In wenigen Tagen geht der Gründer in den Ruhestand. Seinem Nachfolger Helmut Baumer überlässt er ein wohlbestelltes Haus, das in dreieinhalb Jahrzehnten Höhen und Tiefen erlebt hat. Und das heute mehr denn je vor großen Herausforderungen steht.
Auch Ballett im Angebot
"Die private Konkurrenz wird immer größer", klagt Edinger im Gespräch mit dem "MM". Und das, obwohl die Stadt seit 2010 die Gebühren nicht mehr erhöht hat. Dabei ist die Vielfalt an der Einrichtung so groß wie sonst nirgendwo. "Wir haben alles außer Harfe und Leierkasten", fasst Edinger die Palette zusammen. Neben praktisch allen Instrumenten bietet die Musikschule auch Unterricht in Ballett an. "Da sind wir die einzige im Rhein-Neckar-Kreis", sagt der Leiter nicht ohne Stolz. Dass es das gibt, ist Jean Wallis zu verdanken, der ehemaligen Leiterin der Akademie des Tanzes in Mannheim. Sie kam eines Tages auf Edinger zu, und der zeigte sich offen für das gewagte Experiment. Sein Mut sollte sich auszahlen. Bis zu 200 Elevinnen zählten die Ballettklassen in Spitzenzeiten. Doch auch hier haben private Anbieter für einen deutlichen Rückgang gesorgt, wie Edinger bedauert. Auch Ausfälle durch die Verkürzung der Gymnasialzeit auf acht Jahre (G8) bereiten ihm Sorgen: "Die Musikschule ist mein Lebenswerk. Da steckt Herzblut drin."
Überhaupt ist die Musik sein Leben. Schon mit fünf Jahren lernte er Klavier, später ließ er sich bei Professor Kurt Bossler in Heidelberg zum Kirchenmusiker und beim badischen Sängerbund zum Chorleiter ausbilden. Im Alter von 18 Jahren leitete er bereits den evangelischen Kirchenchor In Heddesheim, 1973 übernahm er mit dem Liederkranz in Ladenburg seinen ersten Männerchor, den er 20 Jahre lang leitete. "Damals habe ich meine größten Konzerte in der Lobdengauhalle gehabt", erinnert er sich. 1500 Besucher erlebten unter anderem Größen wie Olivia Molina, Dorte Kollo und Erika Köth. Die bis heute legendären Altstadtmusikanten des MGV Liederkranz sind ebenso ein Kind von Edinger wie ein großer Kinderchor, der 1976 entstand und in Spitzenzeiten über 100 junge Sängerinnen und Sänger zählte. Auch Jeannette Friedrich, heute professionelle Sängerin und seit Kurzem Lehrerin an der Musikschule, fing hier mit dem Singen an.
Nach dem Bruch mit dem Liederkranz gründete Edinger mit den Männern den Konzertchor Lodengau und mit jungen Frauen das Vokalensemble Ladenburg. Beide haben sich als "Edinger-Chöre" längst einen Namen gemacht. Die siebenstimmigen Arrangements des Chorleiters sind dabei ebenso zum Markenzeichen geworden wie die Lockerheit und Freude beim Singen, die den Funken der Begeisterung auf das Publikum in meist ausverkauften Sälen überspringen lässt.
Auch wenn Edinger nun als Leiter der Musikschule in den Ruhestand geht und nach über 30 Jahren die ehrenamtliche Organisation des Altstadtfest-Musikprogramms an den Nagel hängt: Seine Chöre behält er, "solange es meine Gesundheit und Musikalität zulässt". Auch den ersten und bislang einzigen Chor einer Freiwilligen Feuerwehr, in dem sogar der Bürgermeister nach seiner Pfeife tanzt. Bildlich gesprochen, natürlich. Von ihm gegründet und mehr als drei Jahrzehnte ehrenamtlich geleitet, will er diese Formation auch weiterhin erhalten. Nicht zuletzt wegen der "tollen Kameradschaft", die hier herrscht, wie er betont.
Noch voller Tatendrang
Und was macht er sonst im Un-Ruhestand? "Zeit mit der großen Familie verbringen", sagt Edinger. Vier Kinder und zwei Enkelkinder warten auf den "Opa". Daneben will er Freundschaften in aller Welt pflegen, Touren unternehmen, verreisen. Auch die eine oder andere Konzertreise werde sicher dabeisein, gesteht er. "Ich bin noch immer voller Elan und Tatendrang." Und dann hat er ja auch noch sein eigenes kleines Studio im Keller. Nein, kein Tonstudio, sondern einen Fitnessraum. Neben der Musik wird sportliche Betätigung bei ihm großgeschrieben. Nur, dass sein Fahrrad künftig von der Hirschberge Allee nicht mehr in die Lustgartenstraße rollen wird. Die städtische Musikschule überlässt er ganz und gar seinem Nachfolger.
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