Ladenburg. Beim Corona-bedingt erneut nur online möglichen Neujahrsempfang hat Ladenburgs Bürgermeister Stefan Schmutz Zuschauer an ihren heimischen Computerbildschirmen auf kommende Aufgaben eingestimmt. „Selten gab es eine Zeit mit einer so großen Zahl an Fragen und Herausforderungen, auf die wir gemeinsam Antworten finden müssen“, rief Schmutz in seiner elfminütigen Ansprache zu Bürgersinn und Teamgeist auf. Dementsprechend sah Stadtsoziologie-Professorin Annette Spellerberg (Kaiserslautern) als Gastrednerin „Wachsen als Chance in Ladenburg“ an.
Von der Ladenburger Eventtechnikfirma Fast Forward professionell in Szene gesetzt, führte Nicole Hoffmann, die persönliche Referentin von Schmutz, durchs rund 40-minütige Programm. Man darf der Regie und allen Mitwirkenden Lob zollen: Sich abwechselnde Reden und Hoffmanns Interviews saßen auf den Punkt genau. Obendrein erfolgte die Aufzeichnung im Domhofsaal nach Auskunft der Rathaussprecherin unter Einhaltung von Schutz- und Hygienemaßnahmen für sämtliche Beteiligten, die alle geimpft, genesen oder getestet waren. Die obligatorischen FFP2-Masken seien jeweils nur für Auftritte vor der Kamera abgesetzt worden.
Aus diesem Grund beschränkten sich die Wortbeiträge angenehm aufs Wesentliche. Trotz Dankeschöns, Blumengrüßen, Urkunden und Einkaufsgutscheinen jedoch etwas nüchtern wirkte die Ehrung derer, die sich im vergangenen Jahr in besonderer Weise im Gesundheitsbereich um andere Menschen gekümmert hatten (siehe Infobox). Da fehlte aber sicher auch einfach nur herzlicher Beifall von physisch anwesenden Gästen, was freilich erneut nicht zulässig war. Zur dennoch aufgeräumten Stimmung passte, für wie selbstverständlich die Geehrten ihr Engagement ansahen, was Johann Kose nur halb scherzhaft und bescheiden so in die Kamera sagte: „Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich geehrt werde.“
Auszeichnung von Impf- und Testhelfern
- Seit 2018 ehrt Bürgermeister Stefan Schmutz beim Neujahrsempfang Bürger, die sich – in jährlich wechselnden Gesellschaftsbereichen – durch herausragendes Engagement in der Stadt auszeichnen.
- Diesmal standen Menschen im Mittelpunkt, die sich 2021 in der Pandemie um den Gesundheitsbereich verdient gemacht haben.
- Gudrun Ruster vereinbarte zu Beginn der Impfungen nächtelang Termine für Ältere und übernahm Fahrdienste.
- Johann Kose fuhr viele Mitbürger zum Impfen und leistete so einen wertvollen Beitrag zur Bekämpfung der Krise.
- Andrea Schieder ist „Zusammenhalt in der Stadt wichtig“, weshalb auch sie Fahrdienste zu Impfzentren übernahm.
- DLRG-Gruppe Ladenburg-Neckarhausen, vertreten durch Jochen Knausenberger, Selina Bastian und Sophian Habel, setzte sich beim Aufbau der mobilen Impfaktion in der Lobgengauhalle ehrenamtlich ein.
- Susanne Strohbach regte frühzeitig Corona-Testungen im Anne-Frank-Kindergarten an und stemmte diese mit ihrem Mann in der Pilotphase.
- Tobias Strohbach stand der Stadt bei vielen Corona-Fragen hilfreich zur Verfügung und ermöglichte bereits früh Testungen für Bürger, an Schulen und Kindergärten.
Dafür stellte Schmutz aber klar: „Ich danke allen, die sich durch Ihr Verhalten seit Beginn der Pandemie auf vielfältige Weise solidarisch zeigen und sich in ihrem Beruf und ihrer Freizeit für das Wohl und die Gesundheit anderer einsetzen.“
Einen weiteren Schwerpunkt seiner Rede widmete Schmutz dem „Thema mit der größten Reichweite in die Zukunft“, nämlich dem Konzept zur Stadtentwicklung unter dem Motto „Ladenburg 2035“. Ziel sei es, „mit möglichst allen Bürgerinnen und Bürger“ zentrale Zukunftsfragen zu diskutieren. Als Beispiele nannte Schmutz die wachsende Bedeutung des Klimaschutzes, Anforderungen der Digitalisierung, aber auch die Stärkung von Wohn- und Lebensqualität.
Es gehe weiterhin darum, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, die Kinderbetreuungs- und Bildungslandschaft zu gestalten und insbesondere den sozialen Zusammenhalt zu stärken. „Antworten auf diese Fragen und die Verständigung auf Ziele können wir nur gemeinsam erarbeiten“, betonte Schmutz. Er lud alle ein, sich auch in diesem Jahr an weiteren Diskussionsrunden und Veranstaltungen zu beteiligen. Dieser Entwicklungsprozess in der Stadt stehe unter dem Vorzeichen einer schon in zwei oder drei Jahren von derzeit 12 100 auf 13 500 Menschen anwachsenden Stadt, was derzeit tatsächlich viele umtreibt, wie Schmutz sicher weiß.
Die nahezu zeitgleiche Entwicklung von vier Neubaugebieten mache sichtbar, dass die Pandemie den Bauboom kaum verlangsame: „Ob Martinshöfe, Hockenwiese, Am Matzgarten oder Nordstadt-Kurzgewann: Überall gibt es fast täglich neue Klingelschilder“, so Schmutz. Dass dies dazu führen könne, dass „Eingesessene ihre Heimat als gefährdet betrachten“, nannte Professorin Spellerberg eine bemerkenswerte Begleiterscheinung solcher Prozesse in Kleinstädten. Sogenannte „Wachstumsschmerzen“ träten auf, weil man beispielsweise mehr Verkehr habe und neue Kitas brauche.
„Damit verändert sich so ein Ort, und das schätzen einige Menschen nicht“, sagte die Stadtsoziologin. In ihrem Kurzvortrag trat sie dafür ein, „Wachstum als Chance“ zu begreifen, da ansonsten in Ladenburg bei einem hohen Durchschnittsalter von 47 Jahren Überalterung drohe. Besondere Bedeutung komme dabei Vereinen zu, die zur Stadtentwicklung beitragen, weil ihre Angebote wichtig seien, damit sich Zugezogene integrieren können. Spellerberg warb dafür, sich Zuziehenden gegenüber nicht abzuschotten. Ziel müsse es sein, „zusammenzuwachsen und allen die Möglichkeit zur Ortsbindung zu geben“.
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