Für diese Zeitreise in die Ära überwiegend rein mechanischer Arbeitshilfen im Haushalt ist kaum ein passenderer Platz vorstellbar als die Alte Kochschule in Ladenburg. In ihrem Vereinsheim, wo einst Schulmädchen das Zubereiten von Mahlzeiten geübt hatten, haben die Geschichts- und Brauchtumsfreunde vom Heimatbund viele um die 100 Jahre alte Schätze zusammengetragen. Die überaus sehenswerte Ausstellung trägt den Titel „Küche anno dazumal: Es schaltet und waltet die tüchtige Hausfrau“.
Dass der Untertitel aus heutiger Sicht provoziert, ist Absicht. „Doch in der Zeit, aus der die meisten Ausstellungsstücke stammen, hat allein die Frau den Haushalt geführt“, sagt die Heimatbund-Vorsitzende und Rechtsanwältin Carola Schuhmann vor rund 30 Eröffnungsgästen. Auch ausgestellte Fachpublikationen rund ums Essen und Trinken hätten sich um die vorletzte Jahrhundertwende herum und noch Jahrzehnte danach ausschließlich an Frauen und Mädchen gerichtet.
All die Geräte zum Backen, Kochen und Haltbarmachen von Obst und Gemüse zeigten einerseits auf, mit wie viel Zeitaufwand allein die Zubereitung einer Mahlzeit verbunden gewesen sei. Anderseits sei eine Entwicklung erkennbar, die recht fortschrittlich war, wenn man beispielsweise eine frühe Eismaschine aus dem 19. Jahrhundert betrachte, so Schuhmann.
Andererseits wird aber klar, was heute im Zeitalter der industriellen Fertigung von Nahrungsmitteln alles nicht mehr geleistet werden muss gegenüber früheren Jahrzehnten, „als noch reine Muskelkraft und nicht Strom die Geräte betrieben“, führt Schuhmann aus. So sei die Ausstellung ein Beitrag zur Kulturgeschichte und Entwicklung der Gesellschaft. Gerne führe der Heimatbund auch Schulklassen durch den Raum. Die Draußenschule habe sich bereits angemeldet. Bürgermeister Stefan Schmutz lobt den Aufwand und die Konzeption: „Der Heimatbund macht Geschichte erlebbar, und die Atmosphäre ist sehr heimelig.“ Jederzeit sei spürbar, dass „Küche anno dazumal Handarbeit war“.
Mit Wasserschiffchen
Auch in der Ausstellung steht der holzbefeuerte Herd im Mittelpunkt – komplett mit Wasserschiffchen und Waffeleisen. Die Ofenklappe steht offen: Plätzchen sind gerade fertig. Auch ein Petroleumherd von 1889 ist zu bestaunen. Im historischen Küchenschrank lagern dagegen frischgefüllte Musgläser von heute, die zugunsten der Sanierung der St. Sebastianskapelle verkauft werden. Gegenüber steht ein Küchentisch: Darauf Weckkessel, Saftpresse und Flaschen früherer Ladenburger Firmen wie Getränke Friedrich und „Krone“-Brauerei Beidinger. Zu sehen sind eine Puppenstubenküche um 1900, ein Backtisch, Back- und Auflaufformen, Irdenes und Emaille-Geschirr sowie allerlei Gerätschaften zum Mahlen, außerdem Butter- und Nudelmaschinen.
„Neue Langsamkeit“
„Da der Trend zur neuen Langsamkeit ungebrochen ist“, so Schmutz, „wird diese Ausstellung viele ansprechen, da bin ich mir sicher.“ Was Schmutz vor allem mitnimmt von seinem Rundgang, ist diese Erkenntnis: „Vieles, was heute selbstverständlich ist, gab’s damals auch schon – allerdings nur für Handbetrieb. Doch vor dem Hintergrund der brisanter werdenden Frage, was wir eigentlich ohne Strom machen, zeigt diese Ausstellung: Es geht teilweise auch ohne.“
Es ist nach „Aus Großmutters Wäscheschrank“ und „Ladenburger Mode um 1900“ die dritte Ausstellung dieser Art in der Alten Kochschule. Die Ausstellung in der Lustgartenstraße 4 (Nähe Wasserturm-Parkplätze) ist noch bis einschließlich Sonntag, 11. Dezember, jeweils samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr zu sehen.
Samstags und sonntags
Leihgeber der Exponate sind diesmal Margarete Isenmann-Koch (Edingen), Christel Chowanetz-Dillmann, Jörg Hölzle, Familie Maag, Elisabeth Molitor, Familien Dunda sowie Blänsdorf und Scholz (alle Ladenburg).
Das Küchen-Ausstellungsteam des Heimatbunds besteht aus Gabi Dunda, Brigitte Gutfleisch, Jörg Hölzle, Ursula Knopf und Hermann Mayer. Helfende Hände reichten ihnen Jochen Liebrich und Ulrich Erhardt.
Die Ausstellung in der Lustgartenstraße 4 (Nähe Wasserturm-Parkplätze) ist noch bis Sonntag, 11. Dezember, jeweils samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr zu sehen. pj
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