Drei Monate lebt und arbeitet Anna Paola Bier inzwischen in der Inselgemeinde Ilvesheim. Ihr Domizil ist das evangelische Pfarrhaus, denn sie ist die neue Pfarrerin der Martin-Luther-Kirche. Gemeinsam mit ihrem Mann Tobias, der Physik studiert und in Logistik promoviert hat, fühlt sie sich gut angekommen und gut aufgenommen im neuen Heim, in der neuen Gemeinde. Vier Katzen, darunter ein Kater, machen das Zuhause komplett.
Dass ihr Weg in die Theologie führte, war lange Zeit nicht erkennbar. Das Elternhaus, zu dem auch eine jüngere Schwester gehört, war atheistisch geprägt, dennoch wurden die christlichen Werte vermittelt. Der Vater war Lehrer, man nutzte die langen Ferien für Urlaube in Griechenland, der Türkei und reiste dort mit Vorliebe auf den Spuren der armenischen und byzantinischen Kulturen. Anna Paola Bier spricht lächelnd über ihren Weg hin zum evangelischen Glauben. Das Bedürfnis, sich mehr und mehr der Theologie zu widmen, stellte sich erst während des Studiums ein. Zunächst hatte sie sich in eine ganz andere Richtung orientiert, studierte Biologie. Es stellte sich heraus, dass das nicht das Richtige für sie war. Sie brach ab, wechselte zu Chemie und Latein auf Lehramt.
An der Universität in Heidelberg traf sie auf angehende Theologen, ihr Interesse wuchs mehr und mehr und Theologie wurde zu ihrem Hauptfach. Je weiter das Studium fortschritt, desto mehr wuchs der Glaube. Anna Paola Bier, bis dahin konfessionslos, ließ sich taufen, evangelisch, denn, wie sie selbst sagt: „Ich sehe mich von der Theologie her in ganzer Richtung als Protestantin“.
Während des Studiums arbeitete Bier auch bei zwei großen Konzernen als Werksstudentin, bekam Einblicke in die freie Wirtschaft. Auch dieser Weg hätte ihr offen gestanden. Zwei Jahre lang lebte sie in Hessen, in Stockstadt am Rhein und engagierte sich in der dortigen evangelischen Kirchengemeinde, durfte viele der Aufgaben übernehmen und so Einblicke in das Leben eines Pfarrers nehmen. Ihre Entscheidung Pfarrerin zu werden, traf sie mit dem Herzen. Sie liebt ihre Arbeit und den Auftrag, den das Pfarrersein beinhaltet: Seelsorge in allen ihren Facetten und Bereichen. Ihre Vorliebe, so die sympathische 36-jährige Pfarrerin lächelnd: „Ist die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen“. Ergreifend fand sie die Einsegnung der Konfirmanden und die Jubelkonfirmationen. Sie genießt und freut sich auf diese besonderen Momente, in denen sie Gottes Anwesenheit in sich spüren kann.
An unnötige Änderungen in der Kirchengemeinde denkt Anna Paola Bier nicht, „bisher gab es viel Rennen und wenig Atem holen, der Start war durchweg positiv.“ Wichtig ist ihr, den Menschen zu zeigen, welchen Nutzen die Kirche für den Einzelnen haben kann, dass sie für junge Leute genau wie für die alten Menschen wichtig ist. Ihre Stärken sieht sie in ihrem strukturierten Arbeiten und in ihrer Fähigkeit gut zuhören zu können. Als Pfarrerin gilt es die volle Bandbreite des Lebens zu erleben von der Taufe zur Beerdigung oder anders formuliert von der Wiege bis zur Bahre. Die schönsten Momente im Leben ihrer Gemeinde stehen im nahen Wechsel zu den traurigsten, sie ist der Ansprechpartner für beides, das kostet Kraft.
Ausgleich auf dem Pferderücken
Diese, ebenso wie Ausgleich und Ruhe findet sie bei ihrem Fuchswallach Sacerdos, was übersetzt „der Priester“ bedeutet. Seit sieben Jahren bilden die beiden ein Team und gehen gemeinsam auch Dressur-Turniere an. „Entweder sind wir ganz vorne dabei oder ganz hinten, denn manchmal kann Sacerdos auch ein kleines Teufelchen sein“, verrät die Pfarrerin schmunzelnd. Welche Ziele hat Anna Paola Bier in der kommenden Zeit? „Ich will die Gemeinde noch besser kennenlernen, und freue mich auf neue Herausforderungen. Der Zukunft schaue ich mit freudigem Herzen entgegen.“
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