Vier Zwiebeltürmchen bekränzen das Bauwerk und geben dem Gebäude seine bekannte Silhouette, die jetzt sogar das neue Logo seiner Heimatgemeinde ziert. Es war die Tür zum Ilvesheimer Schloss, nach der wir suchten und die nun Schlossschul-Direktorin Stephanie Liebers für uns öffnet. Sie lädt uns damit ein, einen Blick auf das Schloss und seine wechselvolle Geschichte zu werfen.
Einst quasi auf den Trümmern der Erlenburg erbaut, strahlt der vor einigen Jahren frisch renovierte Bau heute eine große Harmonie aus. Barock gewandet mit eben jenen vier zwiebelgekrönten Ecktürmchen, blickt das schmucke Gebäude - dem im 18. Jahrhundert seitlich einstöckige Flügel angebaut wurden - vielleicht ein wenig verwundert auf das bunte Treiben um sich herum.
Denn statt adeligem Leben beherbergen die Räume nun schon seit 1868 eine Schule. Und diese Schule ist es, die dem Schloss bis heute seinen besonderen Platz in der Geschichte gewährt. Denn statt nach dem Tod des letzten Schlossherrn Freiherr Alfred von Hundheim dem Verfall preisgegeben zu werden übernahm der badische Staat Gut und Schloss. Was der badische Staat dann mit dem herrschaftlichen Gebäude anfing ist bemerkenswert. Nach Paris, Wien, Berlin, Dresden und Breslau wurde Ilvesheim Standort der sechsten europäischen Blindenschule. Die älteste staatliche Schule für Blinde im süddeutschen Raum fand in Ilvesheim eine dauerhafte Heimat. 25 Jungen und 13 Mädchen waren am 17. September 1886 in Freiburg aufgebrochen, vom Bahnhof in Ladenburg ging es zu Fuß nach Ilvesheim. Ein Umzug von einer blühenden Universitätsstadt in ein Schloss, das damals ohne zentrale Heizung, Beleuchtung und Wasserversorgung war und das auch sonst sicherlich vieles vermissen ließ.
Doch diese kargen Zeiten sind lange vorbei. Rings um das Schlossgebäude wuchsen Schul- und Wohnhäuser, Sport- und Werkstätten aus dem Boden. Direktorin Stephanie Liebers kümmert sich zusammen mit Lehrkräften, Erziehern und Hauspersonal heute um rund 150 Zöglinge in fünf Schulgängen sowie dem Kindergarten. Zusätzlich etwa 50 Kinder gehen im Rahmen der Inklusion an andere Schulen, werden aber dennoch von der Schloss-Schule betreut.
Und wo früher Körbe geflochten und Bürsten gebunden wurden, hat sich der Unterricht deutlich verändert, sind PC und elektronisch Braillezeilen eingezogen, die das Lernen und Leben erleichtern, genauso wie die Frühförderung und das Medienkompetenzzentrum. Ein wenig von der Atmosphäre früherer Tage findet sich übrigens noch im kleinen Museum der Schule, das im Schlossgebäude untergebracht ist. Ebenso wie zwei Klassenräume, das Medienkompetenzzentrum, die Verwaltung, ein Lehrerzimmer und auch Direktorin Liebers Büro.
Schmuckstück im Schloss sind übrigens im Obergeschoss die Fresken von Will Sohl, einem Heidelberger Maler, der die Wandmalereien in und nach dem Zweiten Weltkrieg anfertigte.
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