Ilvesheim. Konzerte im Dunkeln haben schon einen ganz besonderen Reiz. Der Sehsinn kann nicht eingesetzt werden, dafür riecht, fühlt und hört man umso besser. Ein Märchenerzähler in der Dunkelheit hebt die Gefühle und Emotionen noch einmal auf ein ganz anderes Niveau. Daniela Osietzki hatte bereits vier Mal das Publikum mit ihrer Harfe in der Dunkelheit begeistert und auch Markus Finkler hatte bereits Erfahrung mit Auftritten in der Lichtlosigkeit gesammelt. Nun haben sie das Publikum bei der Reihe „Kultur im Dunkeln“ im Schwarzen Salon der Schloss-Schule Ilvesheim begeistert – mit dem Märchen „Kalif Storch“.
Gunter Bratzel, Leiter von „Kultur im Dunkeln“, begrüßte zu Beginn die Gäste und bedankte sich bei allen Beteiligten für die Hilfe beim Hereinführen der Besucher als auch beim Getränkeverkauf. Viele Besucher betraten den Saal bereits mit Schlafmasken, um das Erlebnis der vollkommenen Dunkelheit von Anfang an genießen zu können. Bevor Markus Finkler mit seiner Erzählung über Kalif Storch begann, stimmte Daniela Osietzki die Zuhörer mit sanfter Harfenmusik ein. „Kalif Storch“, das Märchen von Wilhelm Hauff fand vor langer Zeit im heutigen Bagdad statt. Der Märchenerzähler nahm sein Publikum von der ersten Minute an die Hand, indem er einen wundervollen Eindruck von der Stadt vermittelte. „Bagdad“, forderte er die Zuhörer auf, „Lassen Sie sich Bagdad auf der Zunge zergehen, sagen Sie einfach Bagdad und tauchen Sie ein in die magische Welt von prunkvollen Palästen, Kalifen und dem umtriebigen Leben auf Märkten und Basaren.“ Mit der sanften Harfenmusik im Hintergrund fühlte sich das Publikum tatsächlich in eine Welt aus 1001 Nacht versetzt.
Erzähler spannt einen wunderbaren Spannungsbogen
Mit seiner facettenreichen Stimme, die er mal laut, mal leise, aber immer gefühlsbetont einsetzte, hauchte Finkler jeder einzelnen Figur in der Geschichte einen persönlichen Charakter ein. Man freute sich mit dem Kalifen über seine Abenteuerlust, spürte die Bedenken des Großwesirs und konnte über den Tanz der Störche Frau Langbein und Herrn Klapperschnabel nur schmunzeln.
Auch wenn den meisten Gästen die Geschichte vom Kalif Storch bekannt war, verstand es der Erzähler doch meisterhaft, einen wunderbaren Spannungsbogen zu erzeugen. Was passiert mit dem Kalifen und dem Großwesir, die sich in Störche verwandelt haben? Sie haben gelacht und konnten sich nicht mehr an das Zauberwort erinnern, der Krämer, der eigentlich gar kein Krämer war und schließlich Lusa, die indische Prinzessin, die der böse Zauberer Kaschnur in eine Eule verwandelt hat. Ein klägliches Huuu Huhuhuuu tönte durch den dunklen Saal. So konnte sich jeder Besucher auf seine eigene Fantasiereise begeben.
Natürlich darf auch das Happy End nicht fehlen. Der Zauberer wurde überrumpelt, aus den beiden Störchen wurde wieder der Kalif und sein Großwesir und die traurige Eule verwandelte sich in ein wunderschönes Mädchen, das selbstverständlich den Kalifen heiratete. Das Märchen endete so wie alle Märchen enden: Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
Das Podium wurde wieder erleuchtet und Gunter Bratzel erklärte dem Publikum, dass es sich bei der heutigen Vorstellung tatsächlich um eine Premiere gehandelt habe. Mit viel Applaus wurden die beiden Künstler von der Bühne gelassen.
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