Ilvesheim - Bauarbeiten an neuer Einrichtung verzögern sich leicht / Schrittweise Eröffnung ab dem Herbst 2022 geplant

Ilvesheim: Start des Tageshospizes verzögert sich leicht

Von 
Torsten Gertkemper-Besse
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Ein aktuelles Bild der Baustelle: Das Tageshospiz ist zugleich ein Vorzeigeprojekt für das Bauunternehmen Diringer und Scheidel. Wie die Firma mitteilt, haben an der Errichtung des Gebäudes mehrere Auszubildende mitgearbeitet. So sollen sie die Gelegenheit bekommen, den Bau eines Hauses von Anfang bis Ende zu begleiten. © Torsten Gertkemper-Besse

Ilvesheim. Es ist wahrhaftig ein Pionierprojekt: Mit dem Ilvesheimer Tageshospiz entsteht derzeit die erste Einrichtung ihrer Art in Baden-Württemberg. Seit dem Spatenstich im Februar dieses Jahres (wir berichteten) schreiten die Arbeiten weiter voran. Der Rohbau steht kurz vor dem Abschluss. Mitte September könnte bereits das Dach aufgeschlagen werden. Man sei zufrieden mit dem Baufortschritt, berichtet der Projektbeauftragte Hartwig Trinkaus von der Heinrich-Vetter-Stiftung.

Nach seinen Angaben ist das Vorhaben „etwas außerhalb des ursprünglichen Zeitplans“. Zunächst war die Fertigstellung für den Sommer des kommenden Jahres vorgesehen. „Es wird eher Spätsommer oder Herbst 2022“, sagt Trinkaus. Die Kosten waren anfangs mit zwei Millionen Euro veranschlagt. Aktuell kalkuliere man mit 2,5 Millionen Euro, so der Projektbeauftragte. Grund dafür seien die allgemein kurzfristig gestiegenen Materialpreise und Lieferengpässe.

So wird das Tageshospiz in Ilvesheim aussehen: Es soll sich im Erdgeschoss befinden, oben sind Wohnungen geplant. © Förderverein Sankt Vincent Hospiz / Vetter-Stiftung

Doch was unterscheidet das Tageshospiz nun von stationären Einrichtungen? Grundsätzlich gilt: In einem Hospiz werden Menschen betreut, deren Erkrankung nicht mehr heilbar ist, und die voraussichtlich bald sterben werden. Im Regine-Kaufmann-Haus in Ilvesheim gibt es bereits ein stationäres Hospiz, wo die Gäste bis zu ihrem Tod dauerhaft wohnen. Die Besonderheit am Tageshospiz ist, dass die Betroffenen tagsüber in der Einrichtung sind und nachts zu Hause schlafen können.

Entlastung für Angehörige

„Zahlreiche Umfragen unter Betroffenen und Angehörigen haben ergeben, dass der Wunsch besteht, zumindest teilweise die gewohnte Umgebung um sich zu haben“, sagt Regina Hertlein, Vorsitzende des Caritasverbandes Mannheim. Mit dem Bau werde daher „eine Lücke geschlossen“. Gleichzeitig bedeute das eine Entlastung für die Angehörigen. Sie müssten sich nicht den ganzen Tag um den kranken Menschen kümmern.

Petra Waßmer, Pflegedienstleiterin im stationären Hospiz, hat ein Konzept für die neue Einrichtung erarbeitet. Dabei spielen unter anderem auch Musik- und Aromatherapie eine Rolle. Außerdem wird neues Fachpersonal eingestellt. Dieses müsse viel Flexibilität mitbringen. „An einem Tag sind alle Gäste da, an anderen Tagen nur wenige. Das kann sehr stark schwanken“, erklärt Waßmer. Der Vorteil für das Personal sei aber, dass es keinen Schichtdienst wie im stationären Hospiz gebe. Dort ist eine Pflege rund um die Uhr nötig, im Tageshospiz nicht.

Wichtige Informationen auf einen Blick

In einem Tageshospiz werden unheilbar kranke Menschen tagsüber betreut. Schlafen können sie zu Hause im vertrauten Umfeld.

Die Ilvesheimer Einrichtung mit acht Plätzen, die erste ihrer Art in Baden-Württemberg, wird von der Heinrich-Vetter-Stiftung gebaut.

Die Kosten liegen bei 2,5 Millionen Euro, die Fertigstellung ist für den Herbst 2022 vorgesehen.

Träger der Einrichtung ist der Caritasverband Mannheim, der die Räume von der Stiftung mietet.

Das Tageshospiz liegt im Erdgeschoss, in den Obergeschossen wird es barrierefreie Wohnungen geben.

Die Fläche für das Tageshospiz liegt bei rund 250 Quadratmetern. Hinzu kommen 40 Quadratmeter Terrasse.

Die Heinrich-Vetter-Stiftung hat das Mannheimer Unternehmen Diringer und Scheidel mit dem Bau beauftragt.

Tageshospize gibt es bisher nur wenige, so zum Beispiel in Neuruppin (Brandenburg), Wien (Österreich) oder Oslo (Norwegen). 

Mindestens genauso wichtig sei die Einbeziehung von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, sagt Waßmer. Aktuell sind 50 Menschen freiwillig für die Hospizhilfe tätig. „Das neue Tageshospiz soll ein Ort des Austauschs werden“, betont die Pflegedienstleisterin. Damit meint sie auch die Gespräche von Betroffenen und Angehörigen untereinander. „Man kann noch so gut ausgebildet sein: Wer selbst betroffen ist, berührt seinen Gesprächspartner auf einer anderen Ebene“, sagt sie.

Neben Waßmer und Hertlein sitzt auch Gabriele Andres, die die beiden stationären Caritas-Hospize in Ilvesheim und Mannheim leitet. Allen dreien geht es auch darum, noch mehr für den Hospizgedanken zu werben. „Fast jeder weiß, was ein Hospiz ist – doch die Angst davor ist groß“, sagt Andres. Das Bild, das es landläufig von einem Hospiz gebe, stimme nicht mit der Realität überein: „Hier wird auch viel gelacht, man ist nicht die ganze Zeit traurig.“ In den vergangenen 20 Jahren habe sich viel entwickelt, wenn man schaue, wo neue Hospize entstanden seien. Als Beispiele nennt sie Ludwigshafen, Wiesloch, Viernheim und Bensheim. Dennoch gebe es noch viel zu tun, um den Hospiz-Gedanken bekannter zu machen.

© Marcus Schwetasch

Förderverein unterstützt

Auch dem Ex-MVV-Chef Roland Hartung ist genau das seit Jahren ein großes Anliegen. Sein Einsatz als Vorsitzender des Hospiz-Fördervereins kommt während des Termins mehrmals zur Sprache. Das Engagement sei besonders in finanzieller Hinsicht wichtig. Die Krankenkassen, die 95 Prozent der anerkannten Kosten in Hospizen finanzierten, hätten in einem ersten Gespräch zwar signalisiert, dass sie hinter dem Tageshospiz-Konzept stünden und auch den Bedarf sähen, nur: Genaue Verhandlungen über Pflegesätze könne man erst führen, wenn man kurz vor dem Start stehe. „Da ist es gut, einen Förderverein hinter sich zu wissen, der mit seinem Einsatz das Risiko minimiert“, zeigt sich Hertlein dankbar. Der Verein kommt für die sogenannte Deckungslücke auf. Das sind die fünf Prozent, die zur Komplett-Finanzierung fehlen. Meistens ist es noch mehr, da nicht alle Kosten von den Krankenkassen anerkannt werden.

Die Verhandlungen über die Pflegesätze sind nicht das einzige, was beim Tageshospiz noch nicht in Stein gemeißelt ist. „Der Start wird schrittweise erfolgen“, erklärt Waßmer. Voraussichtlich werden zu Anfang noch nicht alle acht geplanten Plätze besetzt sein. Vorbilder für Tageshospize gibt es nur wenige, sagt Andres und fügt hinzu: „Wir sind auf diesem Gebiet wirklich Pioniere.“

Redaktion Redaktion Neckar-Bergstraße, zuständig für Ilvesheim und Friedrichsfeld

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