Gemeinderat

Ilvesheim: Heftige Debatte über Pestizid-Verbot

Von 
Torsten Gertkemper-Besse
Lesedauer: 

Der Antrag der Grünen-Fraktion, in Ilvesheim den Einsatz von Pestiziden zu verbieten, hat im Gemeinderat für heftige Diskussionen gesorgt. Gut 45 Minuten debattierten die Räte, am Ende zogen die Grünen ihren Antrag zurück. Sie werden ihn umformulieren und noch einmal einreichen. Die Idee, nur ausgewählte Passagen zu ändern und den Antrag trotzdem zur Abstimmung zu stellen, wurde im Verlauf des Abends verworfen. Ziel ist es nun, sich mit Landwirten sowie weiteren Fachleuten zusammenzusetzen und über das Thema zu sprechen.

Die ursprünglichen Forderungen der Grünen bestanden aus drei Punkten, wobei besonders der erste auf Widerstand der anderen Fraktionen stieß. Er besagte, dass ab sofort auf allen kommunalen Flächen keine chemisch-synthetischen Pestizide, also Pflanzenschutzmittel, mehr eingesetzt werden. In Punkt zwei wurde gefordert, alle Unternehmen, die von der Gemeinde beauftragt werden, ebenfalls zu einem Pestizidverzicht zu verpflichten. Als drittes - so hieß es im Antrag - sollten die Bürger der Gemeinde besser über den Schutz von Insekten und Biodiversität informiert werden. Zur Begründung schrieben die Grünen, dass Pestizide vor allem die Artenvielfalt bei den Insekten gefährdeten.

Verwaltung äußert Skepsis

Bereits in der Vorlage zur Sitzung hatte die Verwaltung Bedenken angemeldet, ob ein sofortiges Verbot von Pestiziden in Ilvesheim umsetzbar wäre (wir berichteten, hier geht es zum Artikel). Sie verwies auch auf Landwirte, die Land von der Gemeinde pachten und durch ein Pestizid-Verbot in ihrer Existenz bedroht sein könnten. Nach Angaben der Verwaltung handelt es sich dabei um 50 Hektar Land, das entspricht einer Fläche von etwa 70 Fußballfeldern. Weitere Flächen, die von der Gemeinde verpachtet werden, werden von Vereinen oder als sogenannte Magerwiesen genutzt. Auf diesen ist kein Einsatz von Pestiziden erlaubt, sie werden lediglich zwei Mal jährlich von den Landwirten gemäht.

Grüne "irritiert" über Stellungnahme der Verwaltung

Sarah Nick-Thoma (Grüne) zeigte sich bei der Vorstellung des Antrags irritiert über die Stellungnahme der Verwaltung: „Wir hätten uns eine neutralere Haltung gewünscht.“ Bürgermeister Andreas Metz entgegnete, dass es wichtig sei, sich auf der Grundlage der Fakten zu unterhalten. Diese habe die Verwaltung lediglich ergänzt. Wie auch der Bürgermeister betonte Peter Riemensperger, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, dass die Verwaltung selbst bereits größtenteils auf Pestizide verzichte: „Außerdem gibt es viele offene Fragen, was zum Beispiel die Folgen für die Landwirtschaft und den Umgang mit Verstößen angeht.“

Kritik am politischen Stil

Riemensperger verband seinen Redebeitrag mit einer grundsätzlichen Kritik am Politikstil der Grünen. Dieser Antrag reihe sich ein in ein Vorgehen, das eine sofortige Umsetzung von Maßnahmen fordere, obwohl die Themen noch gar nicht diskutiert worden seien. Er verwies auf die Anträge zur E-Mobilität, zur Bibliothek und den Erlass der Kinderbetreuungsgebühren (wir berichteten).

„Wir begrüßen ausdrücklich das Ziel, die Artenvielfalt zu erhalten“, sagte Katharina Kohlbrenner (CDU). Ein Verbot halte man aber nicht für zielführend. Landwirte wären dann nicht mehr wettbewerbsfähig. Ein weiteres Problem sah sie im heute schon sehr komplexen Zuschnitt der von den Pächtern bewirtschafteten Felder: „Ein Verbot ist da kaum umsetzbar.“ Sie bot an, den zweiten Punkt, die Aufforderung an externe Dienstleister, auf Pestizide zu verzichten, beizubehalten, aber die anderen Aspekte zu modifizieren.

Scharfe Angriffe der SPD-Fraktion

Dass es für solch einen veränderten Antrag an diesem Abend keine Mehrheit geben würde, zeigte sich spätestens beim Wortbeitrag von Rolf Sauer (SPD). „Mit Entsetzen“ habe er den Antrag der Grünen zur Kenntnis genommen, sagte er. Bei ihrem Verweis auf die Folgen der Pestizide hätten sie recht. Allerdings sei ihr Antrag ohne jegliche Ortskenntnis geschrieben worden. Er entspreche fast wortgleich den Anträgen, die der BUND in anderen Städten und Gemeinden eingebracht habe. Diesen Punkt hatte auch Riemensperger kritisiert. Außerdem sei eine Zusammenarbeit mit Landwirten mit keinem Wort erwähnt worden, so Sauer.

„Wir sind uns doch einig, dass Ilvesheim beim Schutz der Pflanzen und Tiere vorne mit dabei ist“, sagte Grünen-Fraktionschef Michael Haug. Da sei es doch leicht, durch das Bekenntnis in eine Vorbildrolle zu schlüpfen. Dennoch zog er den Antrag wenig später, auch auf Drängen des Bürgermeisters, zurück.

Redaktion Redaktion Neckar-Bergstraße, zuständig für Ilvesheim und Friedrichsfeld

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen