Die Schiefertafel, die an der Wand des alten Häuschens lehnt, wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen. „Sommer 2017“ steht darauf geschrieben. Eine Palme und eine Sonne sind daneben gemalt. Um die Tafel herum ist das Gras schon etwas höher gewachsen, alte Holzlatten liegen auf dem Boden. Vor dem Haus steht eine ausrangierte Massageliege. Im Häuschen selbst zeugen nur noch ein paar Fliesen davon, dass hier einmal Feste gefeiert wurden. Zudem nutzte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) das Gebäude. Auf besagter Tafel waren die Dienstpläne eingezeichnet.
Im Sommer 2017 war das Freibad in Ilvesheim zum letzten Mal geöffnet. Danach wurde es für immer geschlossen. Seit Ende April dieses Jahres läuft der Abriss. Laut Verwaltung soll er Mitte Juli abgeschlossen sein. Die Gebäude an der Westseite sind bereits abgerissen. Das Toilettengebäude bleibt stehen, genauso wie das ehemalige Filterhäuschen. Sie könnten später noch genutzt werden. Doch das Häuschen der DLRG muss, wie alles andere, weichen. Die ehemaligen Umkleidekabinen sind schon seit einigen Tagen dem Erdboden gleich gemacht. Nun hat man auch von der „alla-hopp!“-Anlage freie Sicht auf das Baufeld.
Günstiger als zunächst gedacht
Als Bürgermeister Andreas Metz vor den Schutthaufen steht, wird er ein wenig traurig: „Da blutet einem schon das Herz, wenn man das sieht.“ Wie zahlreiche andere Ilvesheimer verbindet er mit dem alten Freibad Erinnerungen. Über seinen Abriss waren sich die Bürger zuletzt aber einig. Einstimmig gab der Gemeinderat im vergangenen Jahr den Abbruch in Auftrag. 125 000 Euro soll er etwa kosten, ursprünglich war man sogar von rund einer halben Million Euro ausgegangen. Ein Grund für die Vergünstigung ist, dass die Firma das Abbruchmaterial selbst weiterverwenden darf.
Und an Abfall gibt es einiges: Beton, Stahlbewehrungen, Fliesen, Rohre – mehrere Haufen liegen über das gesamte Gelände verteilt. „Fast alles kann wiederverwendet werden“, sagt Moritz Feldmeyer. Der Bauleiter beaufsichtigt die Arbeiten. Die Rohre aus Kunststoff werden eingeschmolzen und bekommen ein zweites Leben, genauso wie der Stahl, der zuvor sorgfältig vom Beton getrennt wird. Dieser wiederum wird in mehreren Schritten klein gemahlen und am Ende zum Teil im Straßenbau wiederverwendet.
Beim Abriss kam eine alte Bodenplatte zum Vorschein. Sie stammt noch aus den 1950er Jahren. Als das Bad 1979 zum letzten Mal saniert wurde, hat man die neuen Anlagen einfach darauf gebaut, anstatt die alte Platte aus dem Boden zu holen. „Das wird für zusätzliche Kosten sorgen“, sagt Bauamtsleiter Pascal Tholé. Die entsprechenden Nachträge sollen bald im Technischen Ausschuss des Gemeinderates besprochen werden. Für Bauleiter Feldmeyer ist so eine Bodenplatte allerdings nichts Ungewöhnliches: „Auf solche Dinge stößt man bei einem Abriss immer wieder“, sagt er.
Zukunft des Areals ungewiss
Noch sind im Becken, das früher unter dem Sprungturm stand, Fliesen zu erkennen. Auch sie werden bald weg sein. Übrig bleibt dann nur das, was jetzt schon zu sehen ist – ein großes Loch mit unterschiedlichen Tiefen. Schließlich gab es ein Nichtschwimmerbecken sowie ein kombiniertes Schwimmer- und Sprungbecken, jedes unterschiedlich tief. Noch geht es am Beckenrand mehrere Meter senkrecht in die Tiefe. Diese Abhänge sollen abgeflacht werden, damit sich niemand verletzt. Dafür wird die in der Grube verbliebene Erde so verteilt, dass am Ende eine überall gleich tiefe Senke – ohne steiles Gefälle – entsteht.
Wie es danach mit dem Gelände weitergeht, ist ungewiss. Eigentlich sollte das neue Kombibad auf dem Areal entstehen. Wegen der Corona-Pandemie ist das Vorhaben aber erst einmal verschoben (wir berichteten). Der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats hat sich am Donnerstagabend mit der Haushaltslage beschäftigt (Berichterstattung folgt). „Wir sollten uns eine Interimsnutzung des Geländes überlegen“, findet Bürgermeister Metz. Wie die aussehen kann, ist allerdings noch nicht klar.
Bauwerk der 1950er- und 1970er Jahre
- Das alte Freibad in Ilvesheim entstand in den 1950er Jahren. Das amerikanische Militär hatte an dieser Stelle eine Kiesgrube ausgehoben. In das entstehende Loch baute die Gemeinde das Bad
- Am 16. November 1950, so Bauamtsleiter Pascal Tholé, fiel die Entscheidung, das Vorhaben zu realisieren. Damaliger Preis: 55 420 D-Mark
- 1979 wurde die Freizeiteinrichtung grundlegend saniert. Aus diesem Jahr stammte die bis zuletzt genutzte Infrastruktur
- Der Sommer 2017 war der letzte des Bades, es wurde im Folgejahr nicht mehr geöffnet
- Die Technik hatte zu dieser Zeit bereits einige Mängel, wie zum Beispiel unzureichende Umwälzpumpen in den Becken
- Auf dem Gelände soll eigentlich das neue Kombibad entstehen. Der Hallenbereich soll 10,5 Millionen Euro, der Freibadteil 4,5 Millionen Euro kosten
- Wegen der Corona-Pandemie ist das Vorhaben verschoben.
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