Ilvesheim. Haben die denn fast alle einen Knall? Dieser Eindruck drängt sich von Anfang an auf: Da wird gestritten, mit Worten verletzt und selbstbemitleidet, dass es nur so kracht. Das Publikum wird Zeuge eines erbitterten Konkurrenzkampfes, der letztlich aber nur Sehnsüchte kaschiert. Oder Geltungsdrang. Die Bühne in der Ilvesheimer Mehrzweckhalle ist nämlich der 16. Stock eines Bürohochhauses. Die offenkundig karrieresüchtigen Angestellten haben jeweils nur sich selbst und ihre Neurosen im Kopf. Oder Sex.
Wie am Ende nur einer von ihnen an die Spitze des neuen Entwicklungszentrums ihrer Firma im indischen Delhi gelangt: Darum geht es im Schauspiel „Push-up 1 bis 3“ von Roland Schimmelpfennig, welches die Theaterinitiative Ladenburg (TiL) nach der Premiere vor rund 60 Gästen am vergangenen Sonntagabend nun ab kommenden Samstag, 25. September, noch insgesamt neunmal in Ilvesheim und Ladenburg aufführt. Vor mehr als 40 Jahren unter dem Dach der Volkshochschule (VHS) in der Römerstadt gegründet, finden die ersten Aufführungen der Truppe erstmals in der TiL-Geschichte am heutigen Teilstandort der inzwischen fusionierten VHS auf der Neckarinsel statt.
Ursprünglich war einmal geplant, die Premiere unter freiem Himmel bei der Kulturwerkstatt Am Sägewerk in Ladenburg zu feiern. „Aber das wäre zu kühl gewesen, nicht nur für die Zuschauer“, sagt die neue TiL-Regisseurin Jeanette Rosen aus Weinheim angesichts der empfindlichen Herbstfrische nach Sonnenuntergang. „Push up“, der Titel des 2002 preisgekrönten Schimmelpfennig-Stücks, bedeutet ja so viel wie hart arbeiten. Ebenso fleißig hatten sich Rosen und das Ensemble bei den Proben rangehalten. Und das macht sich bezahlt: Denn es handelt sich um ein sogenanntes Kammerspiel, also ein Theaterstück ohne aufwendige Kulissen. Da müssen im Wesentlichen Tische und drei Stuhlpaare in schwarz, rot und gelb genügen. Und statt einer Handlung gibt es umso mehr Dialoge und Monologe voller psychosozialer Problematik, die Egoismus, Kälte und fehlende Moral in höheren Managerkreisen entlarven. „Normal“ wirkt allein das Wachpersonal, das mit Taschenlampe (Licht) und Trompete (Musik) mitunter starke Gegensignale setzt.
Weitere Aufführungen
Die TiL-Inszenierung des Theaterstücks „Push-up 1-3“ von Roland Schimmelpfennig wird zunächst weiterhin in der Ilvesheimer Mehrzweckhalle gegeben, und zwar am Samstag und Sonntag, 25. und 26. September, um 18.30 Uhr, sowie am Sonntagvormittag, 26. September, 11 Uhr (Abendkasse von 17 bis 17.30 Uhr, bei der Matinee von 10 bis 10.30 Uhr). Es werden Getränke ausgeschenkt.
Aufführungen im Ladenburger Kulturzentrum Pflastermühle (Wallstadter Straße 36-38): Samstage, 16. und 23. Oktober, sowie Donnerstag und Freitag, 21. und 22. Oktober, jeweils 20 Uhr, sowie Sonntage, 17. und 24. Oktober, jeweils um 18 Uhr.
Während der Vorstellungen herrscht Maskenpflicht. Impf-, Genesenen- oder Testnachweis nötig.
Karten: VHS Ladenburg-Ilvesheim online (www.vhs-ladenburg.de), per Mail mit Kontaktdaten jeder Person (anmeldung@vhs-ladenburg.de) oder telefonisch (06203-92 32 00).
Wie gut, dass Rosen die Darsteller, die großenteils wirklich voll aus sich herausgehen, intensiv an deren Ausdruck hatte arbeiten lassen. So sind Mimik und Gestik höchst sehenswert. Die emotionalen Ausfälle und vulgären Ausdrücke auf der Bühne wirken niemals peinlich. Kurz gesagt: Es ist glänzend, was Alexander Sauer, Bahattin Korkmaz, Nadine Adler, Susanne Beier, Heike Ernst, Rainer Buchinger, Matthias Langholz und Gwen Schick darbieten. Seltene Hänger sind bei der nach langer Spielpause besonders aufregenden Premiere normal und angesichts der umfangreichen Texte kein Wunder. Dank der aufmerksamen Souffleuse Saskia Schumacher fallen sie kaum ins Gewicht.
Ernst und herausfordernd
„Die Szenenübergänge klappen gut, und wir haben mit dieser Inszenierung unser eigenes Ding gemacht“, zeigt sich Regisseurin Rosen für den Anfang zufrieden. „Es gefällt uns sehr gut“, sagt Sarah Ottinger. Sie ist mit ihrer Mutter zu Gast. Beide gehören der Ilvesheimer Aurelia-Theatergruppe an. Die Mehrzweckhalle sei sozusagen ihr Haus. „Außerdem wollen wir die Künste unterstützen in dieser schweren Zeit“, erklärt Monika Ottinger, die seit 40 Jahren Mundarttheater macht. Das sei freilich „viel weniger ernst“ als das gezeigte TiL-Stück. Beiden Frauen habe es geholfen, die Inhaltsangabe auf dem ausliegenden Programmflyer zu lesen. „Es ist herausfordernd, aber ich finde es toll“, sagt Claudia Kotzan aus Ladenburg. Die Technik besorgte Christian Gaber (Heddesheim).
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